Corona: Bauern befürchten sinkende Milch- und Fleischpreise

Landwirt Arne Knust aus Fitzen (Kreis Herzogtum Lauenburg) ist besorgt. 35 Milchkühe stehen bei ihm im Stall, dazu 100 Mastbullen plus Nachwuchs. Noch bekommt er mehr als 31 Cent pro Liter Milch. Doch seine Meierei in Gudow, die alle zwei Tage etwa 1500 Liter bei ihm abholt, habe ihn nun aufgefordert, vorsorglich über eine Drosselung der Milchproduktion nachzudenken. Der Preis für Milch könne drastisch fallen. Das Gleiche, ahnt Knust, gilt für Fleisch. Stark sinkender Butterpreis: „Großküchen, Restaurants und Hotels nehmen nichts mehr ab“, bestätigt Karsten Hoeck, Marktreferent der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Im April seien die Milchpreise noch stabil geblieben. „Aber in Kürze könnte es ein Problem werden.“ Der Butterpreis sei an der Milchbörse bereits von 3600 Euro pro Tonne auf 2600 Euro gefallen. „Rund 50 Prozent der Milch werden zu Butter und Milchpulver verarbeitet.“ Werde nun weniger Butter produziert, könne sich dies auf die Frischmilchpreise auswirken. „Keiner legt sich mehr Lagervorräte hin, alle fahren auf Sicht und rechnen vor allem mit dem, was sie nächste Woche verlaufen können.“ Falle der Preis unter 30 Cent pro Liter, was absehbar sei, werde es „schmerzhaft“. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Milchbörse mit fallenden Werten: „Der Börsenwert für Milch fällt“, stellt Kirsten Wosnitza vom Landesteam Schleswig-Holstein des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM) fest. Die niedrigsten Werte seien für den Spätsommer angekündigt, erst im Sommer 2021 sei mit einer Erholung des Preises zu rechnen. „Einzelne Molkereien haben bereits Preise von 28 bis 30 Cent pro Liter angekündigt.“ Je nachdem, welche Abnehmer eine Molkerei habe, könne dies aber sehr unterschiedlich sein. „Frische Milch verkauft sich ja nach wie vor gut. Nicht aber Massenprodukte, die zum Teil auch in den Export gehen.“ Reduktion der Milchmenge schwierig: So ist Frank Wetterich von der Gläsernen Molkerei in Dechow (Nordwestmecklenburg), die ihre Milch auch aus Schleswig-Holstein bezieht – für 47 bis 48 Cent pro Liter –, weiterhin zuversichtlich. Beliefert werde vorwiegend der Lebensmitteleinzelhandel, darunter viele Bio-Läden. „Wir sehen keinen Grund, an den Preisen etwas zu ändern.“ Mit einer Reduktion der Milchmenge durch Abgabe von Kühen an den Schlachter täten sich viele Landwirte aufgrund der ebenfalls fallenden Fleischpreise jedenfalls schwer, meint Karsten Hoeck. „Der Rindfleischabsatz läuft schlecht.“ Gerade die edlen Teile der Tiere seien von der Gastronomie abgenommen worden. „Der Einzelhandel verkauft überwiegend Hackfleisch“, Dessen Qualität könne dieser Tage folglich steigen. Der Fleischpreis aber nicht. Verkauf auf Wochenmärkten hilft: Nils Dreyer von der Vermarktungsgesellschaft Bioland Schleswig-Holstein gibt sich dagegen noch optimistisch. „Was an Fleisch nicht mehr an die Gastronomie geht, wird durch einen gesteigerten Verkauf auf den Wochenmärkten aufgefangen.“ Offenbar seien viele Verbraucher bereit, sich zu Hause etwas Besseres zu gönnen, da sie nicht mehr Essen gehen könnten und mehr Zeit zum Kochen hätten. „Von einer Krise kann man noch nicht sprechen“, lautet die Einschätzung von Klaus-Peter Dau, der zum Vorstand des Landesbauernverbandes gehört. Doch gerade wer auf regionalen Absatz gesetzt habe, habe nun möglicherweise zu kämpfen. Noch gälten die alten Preise, sagt Kirsten Wosnitza. Doch die neuen Verträge würden zu geänderten Bedingungen geschlossen. „Die Auswirkungen werden wir erst den kommenden Monaten wirklich spüren.“ Lesen sie auch: Bauern kämpfen mit der Trockenheit Lübecker Bauern-Hofläden verzeichnen regen Zulauf Schleswig-Holsteins Bauern sollen Gülle effizienter nutzen Von Marcus Stöcklin

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