Corona: Fahrschulen in SH drängen auf schnelle Öffnung

Die Fahrschule neben der Schule, Arbeit oder dem Studium zu bewältigen, ist nicht immer leicht. Da könnte man meinen, gerade für Schüler sei der Lockdown die perfekte Gelegenheit, sich mehr der Verkehrsschule zu widmen. Allerdings darf derzeit nur ein Bruchteil der angehenden Fahrer an den Theorieseminaren teilnehmen, um sich auf die Prüfung vorzubereiten. Das zieht für Fahrschulen viele Probleme nach sich. Seit dem 20. Februar dürfen sie unter Einschränkungen wieder öffnen. Demnach ist der praktische Fahrunterricht aber nur für „berufsbezogene Ausbildungen“ wieder erlaubt. Wer nicht zu den künftigen Berufskraftfahrenden zählt – oder bei wem der Führerschein nicht durch die Bundesagentur für Arbeit oder das Sozialamt gefördert wird –, der muss sich weiter in Geduld üben. Praktischer Fahrunterricht ist in Schleswig-Holstein seit Ende Februar nur für berufsbezogene Ausbildungen erlaubt. „Berufsbezogen“ sind vor allem die LKW- und Bus-Fahrerlaubnisklassen. Beim PKW-Führerschein muss eine eindeutige Berufsbezogenheit vorliegen. Was darunter zu verstehen ist, ist in der Begründung zur Corona-Bekämpfungs-Verordnung beispielhaft erklärt: „Zu den von der Verordnung erfassten Berufszweigen gehören beispielsweise ambulante Pflegedienste, Postboten, Kurierdienste, Lieferdienste, Autohäuser, Außendienste, Taxi- und Mietwagengewerbe, Schülerbeförderung (in Kleinbussen), Handwerker oder Dienstleister.“ Unter den Begriff „berufsbezogen“ fallen nach der Verordnung demnach nicht die Fälle, in denen die Fahrerlaubnis benötigt wird, um zur Ausbildungs- oder Arbeitsstätte zu gelangen. Darüber hinaus ist theoretischer Unterricht ist zurzeit nur online möglich. Eine Fahrstunde in der Woche: „90 Prozent dürfen bei mir nicht fahren“, sagt Torsten Krabel, Inhaber der gleichnamigen Fahrschule in Neustadt in Holstein. Er bietet deswegen seit dem 14. Dezember weder theoretischen noch praktischen Fahrunterricht an; aber auch, „weil ich das für unfair halte“. Nur weil ein Führerschein finanziell gefördert werde, heiße das nicht, dass die Fahrlehrlinge ihn auch beruflich benötigten oder dadurch an eine Arbeitsstelle kämen. In der McFahrschule in Reinfeld sieht der Betrieb ähnlich dezimiert aus: „In einer ganzen Woche hatte ich nur eine Fahrstunde. Da lohnt es sich nicht einmal, die Versicherung wieder aufzunehmen“, sagt Inhaberin Özlem Dagli. Online-Seminare für theoretischen Teil: Seit zwei Wochen können Fahrschulen unter bestimmten Voraussetzungen zumindest den theoretischen Fahrunterricht online als Seminar anbieten. Özlem Dagli hofft damit auf mehr Neuzugänge, „um die laufenden Kosten zu decken“, wie sie sagt. Anfangs konnte sie sich für diese Idee nicht begeistern. Denn schon jetzt stauen sich bei ihr die wartenden Fahrschüler, die noch mitten in der Praxisausbildung stecken. „Das wird noch schlimmer“, prophezeit Özlem Dagli, die derzeit versucht, einen weiteren Standort mit dem ersparten Geld der letzten Jahre aufzubauen. Problematisch sei an diesem Rückstau von Fahrlehrlingen aber auch, dass sie nicht in schnellerem Tempo abgearbeitet werden könnten. „Fahrlehrer dürfen maximal 11 mal 45 Minuten am Tag praktische Fahrstunden geben, mehr ist gesetzlich nicht erlaubt“, erklärt Özlem Dagli. Genug Zeit, um Fristen der Prüfungen einzuhalten: Auch der Fahrlehrerverband Schleswig-Holstein verzeichnet diesen Rückstau: Zum einen, weil die „personellen Ressourcen der Fahrschulen begrenzt sind“ und weil die Prüforganisationen „ voraussichtlich nicht ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stellen können “, teilt der Vorsitzende des Verbandes, Frank Walkenhorst mit. Die Prüfzeiten für Fahrschüler sind seit dem 1. Januar 2021 zusätzlich noch verlängert worden. Verpasste Fristen müssten die angehenden Fahrer aber nicht befürchten, beschwichtigt Peter Schmidtke, der als Teamleiter im Bereich Fahrerlaubnis für den Tüv Nord tätig ist. Für beide Fahrprüfungen – die theoretische und die praktische – hätten Fahrschüler mit sämtlichen Fristverlängerungen etwa zweieinhalb Jahre Zeit. „Und ansonsten würden sicherlich noch weitere Maßnahmen folgen“, sagt Schmidtke. Lesen Sie auch Corona-Pandemie: Ein Jahr in Isolation als Riskopatient in Hannover Günther: Inlandsreisen sollten Geimpften ermöglicht werden „Wenn die uns nicht im März öffnen lassen, sehe ich schwarz“: Der Fahrlehrerverband appelliert an die Geduld der Kunden. Für Fahrschulen wird es jedoch zunehmend schwerer, mit dem wenigen Betrieb, der läuft, kein Minus zu schreiben. Hinzu käme, dass die unterschiedlichen Verfügungen der Bundesländer dafür sorgen, dass Fahrschüler zu anderen Verkehrsschulen wechseln, weil sie ihre Ausbildung dort ohne Pause fortführen können. „Als Hamburg noch einen uneingeschränkten Betrieb für Fahrschulen ermöglicht hat, sind mir ein paar Schüler abgesprungen. Die sind dann nach Hamburg gegangen“, erzählt Özlem Dagli. Das Ersparte vom letzten Jahr neigt sich inzwischen auch bei der Inhaberin der Reinfelder McFahrschule dem Ende zu. „Ich habe vor dem zweiten Lockdown extra so gewirtschaftet, dass ich drei Monate durchkomme“, sagt sie. Diese Zeit ist aber nun vorbei und auch die Coronahilfen funktionierten nicht wie angedacht: „Ich habe schon einen Brief bekommen, in dem es um die Rückzahlung der ersten Hilfe geht. Haben wir nicht andere Probleme?“ Daglis Fazit ist deutlich: „Wenn die uns nicht im März öffnen lassen, sehe ich schwarz.“ Von Lisa-Marie Pohlmann