Corona-Fall sorgt für Aufregung in Henstedt-Ulzburg

Die Menschen hasten durch die Einkaufsstraße von Henstedt-Ulzburg. Einen Mundschutz trägt hier keiner. Auch nicht, seit am Freitagmorgen bekannt geworden ist, dass der erste Schleswig-Holsteiner, der mit dem neuartigen Virus infiziert wurde, aus der 30.000-Einwohner-Gemeinde im Kreis Segeberg kommt. Ich bin Rentnerin und bleib zuhause: Trotzdem bestimmt die Infektionsgefahr das Geschehen in Henstedt-Ulzburg. Eine ältere Dame kommt gerade aus der Apotheke im Ärztehaus. „Das wird noch eine Pandemie“, fürchtet sie, „ich bin Rentnerin und werde erstmal zu Hause bleiben.“ Desinfektionsmittel gebe es ja ohnehin nirgendwo mehr in der Gemeinde. „Das stimmt, wir haben weder Atemschutz noch Desinfektionsmittel, alles ausverkauft. Wir haben zwar bestellt, aber es ist unklar, wann wir neue Ware kriegen. Die Kunden können sich auf eine Liste eintragen“, sagt Apotheker Jannik Bösking, während seine Chefin Silvia Hoff gerade einen aufgeregten Bürger am Telefon beruhigt, der Angst hat, infiziert zu sein. „Waren Sie denn schon im Krankenhaus und ist da ein Test gemacht worden?“, fragt sie. Nicht panisch, aber sensibilisiert: „Alle reden darüber“, sagt Bösking, „trotzdem sind die meisten Menschen nicht panisch, aber sensibilisiert.“ Und was tut er selber, wo er doch den ganzen Tag mit Menschen mit Krankheitssymptomen in Kontakt ist? „Ich sorge dafür, dass mein Immunsystem gut funktioniert und verhalte mich so wie ich es auch unseren Kunden rate. Hygiene ernst nehmen und öfter die Hände waschen als sonst.“ Bürger sollen ruhig und besonnen bleiben: Darauf achtet auch Bürgermeister Sven Bauer (parteilos). „Ach, jetzt habe ich doch wieder die Hand gegeben, dabei sollten wir das jetzt lieber nicht tun“, sagt er und lächelt: „Ich mache das Händeschütteln automatisch, gar nicht so einfach, sich das abzugewöhnen.“ Es ist zwölf Uhr mittags, eigentlich macht das Rathaus gerade zu, aber für Bauer fängt die Arbeit jetzt erst richtig an. „Als mich heute morgen um neun Uhr der Landrat anrief und mir von dem Fall berichtete, wusste ich, welches Thema mein Wochenende bestimmt.“ Seine Bürger kann er aber beruhigen. „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Notwendigkeit irgendetwas zu schließen oder abzuriegeln“, betont er. Die Menschen sollten ruhig und besonnen bleiben, es gebe keinen erhöhten Grund zur Sorge. Malermeister Jörg Krüger, der im Rathaus gerade den Eingangsbereich streicht, hat er schon auf seiner Seite. „Es gibt viel mehr Tote durch die normale Grippe jedes Jahr“, sagt er, „ich bin ein bisschen vorsichtig, gebe nicht mehr gleich die Hand und damit ist auch gut.“ Desinfektionsmittel für die Bürgermeisterwahl: Auch die Bürgermeisterwahl am Sonntag wird wie geplant stattfinden. „Allerdings wollen wir den Wählern Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen, mit denen man sich die Hände reinigen kann. Es wird nur eine Kunst noch etwas zu organisieren, denn wir haben nichts gebunkert“, sagt der Bürgermeister. Das wird nicht leicht, denn nicht nur in den Apotheken, auch in den Supermärkten und Drogerieketten sind Handdesinfektionsmittel ausverkauft. Bei einigen Discountern haben sich einige Menschen sogar auf eine längere Zeit zu Hause eingerichtet – Regale mit lang haltbaren Konserven und Dosensuppen sind wie leer gefegt. Sabine Pätzel (61), die gerade vom Einkaufen kommt, kann das nicht nachvollziehen. „Das ist doch total übertrieben, für gesunde Menschen besteht doch auch keine Lebensgefahr“, sagt sie. Ein weiterer Verdachtsfall in der Klinik: Genug Desinfektionsmittel gibt es noch in der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg. Dort begrüßt gleich an der Eingangstür ein Zettel die Patienten. „Wenn Sie an grippeähnlichen Symptomen leiden, betätigen Sie bitte die Klingel. Bitte warten Sie vor dem Gebäude, bis Sie vom Klinikpersonal abgeholt werden.“ Eine Frau, die direkt zur Information durchgeht, bekommt erstmal einen Mundschutz und wird zurückgeschickt. Kurz darauf kommt dann eine Krankenschwester, ebenfalls mit Atemmaske und spricht mit der Patientin. Sie kann jedoch wieder gehen. Wie die meisten. Nur ein Verdachtsfall: „Einen Abstrich ist nur dann sinnvoll, wenn ein Verdachtsfall vorliegt“, sagt der Leitende Oberarzt Dr. Olaf Mindermann. Da sei zum Beispiel der Fall, wenn jemand vor Kurzem in China oder Italien gewesen sei und dann Grippesympthome aufweise. „Dass sie Schnupfen haben und vorher beim Italiener essen waren, reicht da nicht.“ Bisher seien aber nur wenige Menschen gekommen. „Und darunter war nur ein Verdachtsfall, bei dem wir einen Abstrich genommen haben. Das Ergebnis steht aber noch aus.“ Und falls sich die Lage doch noch verschärft, ist das Krankenhaus vorbereitet. Mindermann: „Wir haben gestern unseren Stand an Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln geprüft. 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