Corona: Schleswig-Holsteiner zufrieden mit Gesundheitsversorgung

„Das Corona-Virus hat unsere Gesellschaft aufgerüttelt und den Wert unseres Gesundheitswesens wieder in den Fokus gerückt“, stellt der AOK-Nordwest-Vorstandsvorsitzende Tom Ackermann fest. „Die Menschen reagieren viel sensibler auf Themen der Gesundheitspolitik und Gesundheitsversorgung.“ Doch wie zufrieden sind die Menschen in Schleswig-Holstein mit den Gesundheitseinrichtungen? Eine neue von der AOK Nordwest beauftragte Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstitutes Forsa hat ergeben: Zum größten Teil vertrauen die Bürgerinnen und Bürger des nördlichsten Bundeslandes den medizinischen Einrichtungen und sind mit der Arbeit von Medizin- und Pflegepersonal zufrieden. Forsa-Studie: 400 Schleswig-Holsteiner befragt: Die Umfrage fand im unmittelbaren Kontext der zweiten Corona-Welle vom 11. bis zum 20. November statt und richtete sich an 400 Befragte im Alter von mindestens 18 Jahren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie beantworteten Fragen dazu, wie wichtig ihnen Themen rund um Gesundheit sind und wie zufrieden sie mit hausärztlicher und krankenhäuslicher Versorgung sind. Außerdem erkundigte sich Forsa nach aufgetretenen Problemen im Zusammenhang mit Behandlung, Beratung und Pflege sowie der Haltung zu Versorgungs-Modellen wie digitalen Sprechstunden. Dreiviertel der Befragten mit Gesundheitsversorgung zufrieden: Im Großen und Ganzen zeichnet die Forsa-Umfrage ein positives Bild: Dreiviertel der befragten Landes-Bürger waren insgesamt zufrieden mit der Gesundheitsversorgung in der ersten Hochphase der Corona-Pandemie. Diese Tendenz ist in allen Altersgruppen gleichermaßen erkennbar, wobei mit 83 Prozent ein größerer Anteil der männlichen Befragten angab, er sei mit der Versorgung sehr zufrieden, während es bei den Frauen nur 74 Prozent waren. Unterscheidet man die einzelnen Gesundheitseinrichtungen, so zeigt sich, dass vor allem die Apotheken ein besonders großes Vertrauen in der Bevölkerung genießen. 94 Prozent der Befragten gaben an, sie seien mit den Apotheken sehr zufrieden, gefolgt von den Hausärzten mit 82 Prozent, den Krankenhäusern mit 72 Prozent und den Fachärzten mit 59 Prozent. Die Umfrageergebnisse des Vorjahres haben sich damit kaum geändert. Ebenfalls in etwa gleich geblieben ist die Bedeutung, die die Bürgerinnen und Bürger den Ärzten und Krankenhäusern im Vergleich zu anderen Infrastruktur-Einrichtungen beimessen: Hausarzt-Praxen werden mit 95 Prozent als Teil der wichtigsten Einrichtungen gewertet, gefolgt von Schulen mit 90 Prozent, Einkaufsmöglichkeiten mit 87 Prozent und Krankenhäusern mit 83 Prozent. Videosprechstunden werden attraktiver: Die repräsentative Studie hat ergeben, dass es den Befragten bei der Bewertung von ärztlicher und krankenhäuslicher Leistung in erster Linie um nachweislich gute Qualität geht (95 Prozent beziehungsweise 98 Prozent). Eine geringe Entfernung zur eigenen Wohnung wird mit 51 Prozent bei Krankenhäusern und 66 Prozent bei Ärzten als vergleichsweise weniger wichtig erachtet. Damit deckt sich auch die gestiegene Bereitschaft gegenüber Videosprechstunden: Waren es 2019 noch 55 Prozent der Befragten, so können sich mittlerweile 63 Prozent vorstellen, ein solches Angebot in Anspruch zu nehmen. Diese Bereitschaft wuchs auch bei den über 60-Jährigen von 44 Prozent (2019) auf 59 Prozent (2020). Tatsächlich wahrgenommen haben es jedoch nur zwei Prozent der Befragten. Die AOK kann hier allerdings einen deutlichen Zuwachs verzeichnen: Im ersten Quartal 2020 nahmen 771 Versicherte eine Videosprechstunde wahr, während es im zweiten Quartal des vergangenen Jahres bereits 4098 waren. Studienteilnehmer berichten von Problemen: Trotz der überdurchschnittlich positiven Befunde berichteten die Teilnehmer auch von Problemen mit dem Gesundheitssystem vor Ort: 56 Prozent hatten die Verschiebung von krankenhäuslichen Behandlungen erfahren und 47 Prozent berichteten von einem überforderten Gesundheitsamt. 41 Prozent gaben an, sie würden durch das Wegbrechen von Hilfestrukturen und Dienstleistungen einen Mehraufwand in der Pflege Angehöriger haben, und 37 Prozent beklagten die Schließung von Einrichtungen der Tagespflege. Die Situationen in den Arztpraxen war hingegen nur selten Grund zu Unmut: 24 Prozent berichteten von überfüllten Praxen, nur neun Prozent von einer geschlossenen Arztpraxis. Ungeachtet dieser Probleme waren die Befragten in der überwiegenden Mehrheit auch mit der Notfallversorgung zufrieden. 78 Prozent hatten das Gefühl einer guten Notfallbetreuung, womit die Schleswig-Holsteiner leicht über dem Bundesdurchschnitt von 74 Prozent liegen. Föderales Krisenmanagement polarisiert: Gespalten waren die Teilnehmer der Studie allerdings in Bezug auf die dezentrale Organisation des Krisenmanagements: 47 Prozent der Befragten waren davon überzeugt, dass sich das föderale Krisenmanagement während der Corona-Krise bewährt habe, während ebenfalls 47 Prozent das Gegenteil angaben und eine bundeseinheitlich zentrale Regelung bevorzugen würden. Die Einstellung der Schleswig-Holsteiner entspricht hier dem Bundestrend. AOK-Chef betont Reformbedarf: Der AOK-Nordwest-Chef Tom Ackermann resümiert, dass die medizinische Versorgung „bislang zwar gut funktioniert habe“, sie künftig aber noch viel stärker „sektorübergreifend organisiert und flexibel koordiniert“ werden müsse. Er warnt davor, dass „wir nach der Pandemie zum alten Auslastungsgrad mit unnötigen Doppel- und Mehrfachuntersuchungen, unwirtschaftlichen Strukturen, zu viel Krankenhausbetten und Defiziten in der Notdienst- und Notfallversorgung zurückkehren werden“. Vor diesem Hintergrund begrüßt Ackermann ausdrücklich die „Kehrtwende für eine bedarfsgerechete Klinikplanung“ mit dem ersten Landeskrankenhausgesetz (LKHG), in dem „erstmals auch Qualitätsaspekte als fester Bestandteil für die Krankenhausplanung berücksichtigt werden“. 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