Corona-Warn-App: Viele Menschen wegen alter Smartphones ausgeschlossen

„Vor allem aus den ländlichen Bereichen des Landes kommen viele Beschwerden“, berichtet Peter Schildwächter, Vorsitzender des Landesseniorenrates Schleswig-Holstein, der die 660 000 Senioren im Land vertritt. Viele Senioren würden ältere Handys nutzen, auf denen die neue Corona-Warn-App des Robert-Koch-Instituts, die das Nachverfolgen von Infektionen erleichtern soll, gar nicht laufe. Denn die Anwendung funktioniert erst ab dem Betriebssystem iOS 13.5, das wiederum nur auf neueren Apple-Geräten (ab iPhone 6s) zu installieren ist. Geräte anderer Marken verlangen mindestens die Android-Version 6.0. Sozialverband spricht von einem „fatalen Signal“: Ein neues Smartphone könnten sich aber viele Senioren nicht leisten. „Sie sparen dann am ehesten bei so einer Technik, die sie ohnehin nicht beherrschen“, sagt Schildwächter. Von einem „fatalen Signal“ an Menschen mit geringem Einkommen spricht Christian Schultz vom Sozialverband Schleswig-Holstein. „Es hat uns schon verwundert, dass aus technischen Gründen so viele Menschen ausgeschlossen werden“, sagt er. Schließlich könne die App ihre volle Kraft nur entfalten, wenn möglichst viele mitmachten. Grünen-Chef kritisiert Einschränkungen der App: Zuvor hatte schon Grünen-Chef Robert Habeck Einschränkungen der Corona-Warn-App kritisiert. „Es ist wirklich ein Problem, dass die App nur auf neueren Smartphones läuft. Dadurch lässt sie ausgerechnet Ältere oder Menschen mit wenig Geld außen vor“, sagte er. „Auch sie müssen erfahren können, ob sie mit Infizierten Kontakt hatten. Die Bundesregierung muss jetzt alles dafür tun, dass möglichst alle Menschen die App nutzen können.“ Auch Ex-SPD-Chef Franz Müntefering mahnte die Einschränkung an. „Dringenden Besserungsbedarf gibt es in Bezug auf ältere Geräte, auf denen die App nicht funktioniert. Davon sind Senioren besonders betroffen“, sagte der 80-Jährige, der auch Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen ist. App funktioniert auf 10 bis 20 Prozent der Smartphones nicht: Experten schätzen, dass zwischen zehn und 20 Prozent aller im Einsatz befindlichen Smartphones in Deutschland nicht die Mindestvoraussetzungen für die App erfüllen. Die Bundesregierung will sich bei Apple und Google darum bemühen, dass die Mindestvoraussetzungen heruntergeschraubt werden. Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) begrüßte das. „Davon unabhängig sollte jeder einzelne Mensch mitmachen, bei dem die App funktioniert“, betonte er. Dadurch könnten auch andere Menschen geschützt werden, selbst wenn sie kein Handy haben oder die App bei ihnen nicht funktioniert. Beispielsweise könnte man Kontakt zu den Großeltern oder Personen der Risikogruppe vermeiden, wenn man selbst weiß, dass man mit Corona-Infizierten in Verbindung gewesen ist. „Jeder der mitmacht, trägt auch für die Gemeinschaft und damit gerade auch für ältere Menschen einen Teil zum besseren Schutz bei.“ Landesseniorenrat rät zu gebrauchten Geräten: Die Corona-App, die am Dienstag freigeschaltet worden war, kann erkennen, ob sich Handynutzer über einen längeren Zeitraum näher als zwei Meter gekommen sind. Dafür wird allerdings die Bluetooth Low Energy (BLE)-Technologie benötigt, die bei älteren Geräten nicht implementiert ist. Der Landesseniorenrat empfiehlt älteren Menschen, sich gebrauchte, jedoch neuere Smartphones zu beschaffen, auf denen die Warn-App funktioniert. Zudem sind zu allen Themen rund um das Coronavirus Schulungen im ganzen Land geplant – zunächst bei den Seniorenbeiräten, die dann weiter informieren und schulen können. 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