Fall El Samadoni: Anwalt attackiert die Staatsanwaltschaft

El Samadoni soll als Polizeibeauftragte Inhalte eines vertraulichen Gesprächs mit der Chefin der Polizeischule Eutin, Maren Freyher, an den Ex-Polizeigewerkschafter Thomas Nommensen weitergereicht haben – zumindest legte die Staatsanwaltschaft ein Chat-Zitat Nommensens so aus, das den Ermittlern bei der Durchsuchung seines Handys in einer ganz anderen Sache in die Hände gefallen war. Sie legten das Zitat sofort Freyher vor, die Strafanzeige erstattete und bei CDU-Landtagspräsident Klaus Schlie Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Samadoni einreichte. Kurz darauf wurden die Vorwürfe an Medien durchgestochen und öffentlich gemacht. Strate: Vorwürfe sind durch Chatverlauf nicht belegt: Die Vorwürfe würden sich nach dem Aktenstudium allerdings „als nichts“ entpuppen, urteilt Strate nun. Ihm zufolge soll aus dem gesamten Chatverlauf Nommensens an keiner Stelle hervorgehen, dass El Samadoni ihm von dem Gespräch berichtet habe – Freyher andererseits habe zugegeben, dass sie auch mit mehreren anderen Personen über dieses Gespräch gesprochen habe. Dennoch soll sie in ihrer Dienstaufsichtsbeschwerde behauptet haben, dass nur Samadoni selber Nommensen die Info gegeben haben könne, sagt Strate. „Für Frau El Samadoni war der gegen sie erhobene Vorwurf nicht nachvollziehbar. Sie ist sich sicher, zu keinem Zeitpunkt Inhalte aus vertraulichen Gesprächen mit Polizeibeamten an Dritte weitergegeben zu haben“, sagt Strate. Doch damit nicht genug. Die Staatsanwaltschaft habe ihm zunächst auch die Akteneinsicht verwehrt. Am 13. Mai bereits hatte Strate sie beantragt. Langes Warten auf Akteneinsicht: Am 3. Juni habe ihm der dort zuständige Dezernent mitgeteilt, sie könne wegen einer möglichen Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht gewährt werden. Erst am 16. Juli seien Strate die Akten ausgehändigt worden. Und nun offenbare die Lektüre, dass eine Gefährdung des Untersuchungszwecks „nie ernsthaft befürchtet wurde“, sagt Strate. Offenbar hätten die Ermittler nur „ungestört durch anwaltliche Intervention“ weiter die Chatverläufe durchsuchen und ihre Behauptungen am 9. Juli in einem Bericht an Schlie dokumentieren wollen. Man habe Samadoni auf Teufel komm raus etwas anhängen wollen, sagt Strate. Bei einer früheren Akteneinsicht und Anhörung seiner Mandantin hätte er das aufgrund der offenkundig falschen Vorwürfe sofort stoppen können, sagt Strate. Damit wäre eine weitere Rufschädigung vermieden worden. Stattdessen habe die Staatsanwaltschaft Kiel voll auf die „ungehinderte Kolportage dieser falschen Verdachtslagen an den Landtagspräsidenten“ gesetzt. „Nur diese wäre bei frühzeitiger Akteneinsicht und Gewährung rechtlichen Gehörs gefährdet gewesen“, sagt Strate. „Gezielte Suche nach Zufallsfunden“: Die von der Staatsanwaltschaft gegen Samiah El Samadoni „veranstaltete gezielte Suche nach Zufallsfunden, die nichts mit dem ursprünglichen Ermittlungszweck zu tun haben“, sei am Ende nicht nur widerrechtlich gewesen, sondern sie sei auch klar verfassungswidrig, sagt Strate. Die Ermittler hätten einen fadenscheinigen Vorwurf zum Anlass genommen, die gesamte Kommunikation von Samadoni und Nommensen ohne jede zeitliche Eingrenzung und thematische Beschränkung herauszufischen und zu dokumentieren. Nach höchstrichterlicher Rechtssprechung sei das gar nicht zulässig. „Das Ganze ist eine regelrecht böswillige Inszenierung“, sagt Strate. Erinnerungen an Fall Marit Hansen: Der Fall erinnert an die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kiel gegen die Datenschutzbeauftragte Marit Hansen – ein gerade gefeuerter Mitarbeiter hatte sie des Betrugs bezichtigt. Fast vier Jahre hatten sie gedauert. Dann wurden sie ergebnislos eingestellt. Ende Juni zerriss das Oberlandesgericht Schleswig die Ermittlungen – Hansen hatte gegen die Ermittler geklagt. Die Staatsanwälte hätten viel zu lange ermittelt, dabei habe es nie auch nur ansatzweise so etwas wie einen konkreten Tatverdacht gegeben. Landtagsabgeordnete wie der Grünen-Innenpolitiker Burkhard Peters sprechen bereits von einer „Politisierung der Strafverfolgung“ in Schleswig-Holstein. Auch SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner beklagt eine unheilvolle Nähe der CDU-Staatskanzlei zur Justiz. Die FDP warnte bereits vor einem Rückfall in die Barschel-Zeit. Von Wolfram Hammer