Graf Kerssenbrock strebt in den Bundestag

Vor zwei Wochen hatte Graf Kerssenbrock seine Kandidatur im Kieler Wahlkreis 5 angekündigt. „Ich habe mich von Friedrich Merz überzeugen lassen, meinen Hut in den Ring zu werfen“, berichtet der 66-Jährige in seinem Bewerbungsschreiben an die CDU. Mit dem kantigen Anwärter auf den CDU-Bundesvorsitz verbindet Kerssenbrock eine langjährige Freundschaft. „Da besteht ein sehr enger und persönlicher Kontakt.“ Auch sei er ihm politisch sehr nah. „Ich schätze seine Entschlusskraft, seinen Überblick und seine außenpolitische Erfahrung“, sagt Kerssenbrock, der in Kiel als Fachanwalt für Verwaltungsrecht tätig ist. Er gilt als Vertreter des konservativen Flügels. Als Schwerpunktthemen nennt er Wirtschafts- und Finanzpolitik, aber auch Justiz und die Energie- und Umweltpolitik. Parteifreunde beschreiben ihn als „unabhängigen Geist“. Drei Bewerber konkurrieren: Insgesamt gibt es drei Bewerber. Neben Kerssenbrock treten auch die Wirtschaftsingenieurin Juliane Müller-Weigel (30) und der frühere Bundestagsabgeordnete Thomas Stritzl (62) an. Dieser hatte 2017 den Einzug in den Bundestag verpasst. Die Kandidaten haben sich in fünf Vorstellungsveranstaltungen präsentiert. Am Sonnabend, 29. August, soll auf einer Mitgliederversammlung die Entscheidung fallen, wer zur Bundestagswahl im Herbst 2021 antritt. „Es ist ein offenes Rennen“, betont Kiels CDU-Kreisvorsitzender Tobias von der Heide. Aufgewachsen in Tralau: „Das wird spannend werden“, meint Kerssenbrock. Er hält sich für erfahren genug, um jetzt noch in den Bundestag zu ziehen. „Ich habe alle Parteigremien von innen gesehen.“ Der Jurist, der in Tralau bei Bad Oldesloe (Kreis Stormarn) aufgewachsen ist, gehört schon seit 50 Jahren der CDU an. In den 80er Jahren saß er zunächst im Kreistag von Stormarn. Von 1983 bis 1988 war er Mitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtags. In der Barschel-Affäre übernahm er schnell die Rolle des Aufklärers. Das machte den damals jungen Juristen bundesweit bekannt – in den eigenen Reihen allerdings auch unbeliebt. Die Rolle als „Saubermann“, der gegen den eigenen Ministerpräsidenten ermittelte, beendet seine Polit-Karriere. Bei der vorgezogenen Landtagswahl im Jahr 1988 war er auf der Landesliste der CDU nicht abgesichert. Im Jahr 2000 gelang ihm dann noch einmal der Einzug in den Landtag, damals auf Bitte von CDU-Spitzenkandidat Volker Rühe. 2005 – von der Partei auf Listenplatz 38 gesetzt – schafft er es nicht wieder ins Parlament. Kerssenbrock ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Lesen Sie auch Wahlanfechtung: Kaldewey setzt auf Graf Kerssenbrock Schlagabtausch um den SSW vor Gericht Oldesloe: Stormarner CDU votiert für Merz Von Julia Paulat