Hamburg: Protest per Bus-Korso

Aufgerufen zur der Aktion hat der Hamburger Bus-Logistiker Hanse Mondial. Er rechnet in Hamburg mit mehr als 100 Reisebussen. Die Bus-Unternehmer sollen ab 10 Uhr durch ihre Präsenz auf den Straßen um die Binnenalster auf die vielfach existenzbedrohende Situation kleiner und mittelständischer Busunternehmer hinweisen. Um fünf vor zwölf ist ein fünfminütiges Hupkonzert geplant. Durch das Verbot von touristischen Reisen aufgrund der Corona-Pandemie sei die gesamte Reisebranche sehr stark getroffen, finde aber bisher wenig Gehör bei der Politik und in der Öffentlichkeit. Fixkosten laufen weiter: Petra Niemeyer kann das nur bestätigen. „Von Hundert auf Null“ sei das Geschäft eingebrochen, erzählt sie. Im Omnibus-Familienbetrieb aus Meddewade (Kreis Stormarn), den ihr Mann Sönke führt, ist sie im Büro derzeit fast ausschließlich mit Stornierungen befasst. „Und die Fixkosten laufen weiter.“ Die vier Mitarbeiter sind in Kurzarbeit geschickt, die Busse abgemeldet („weshalb wir auch nicht in Hamburg dabei sein werden“). Aber etwa die Ratenzahlungen für die Finanzierung ihres Fuhrparks laufen weiter. „Besonders bitter“ sei, so Niemeyer, dass „jetzt schon Seniorengruppen, die sonst jeden Monat Ausflüge unternommen haben, für das komplette Jahr storniert haben.“ Vor allem Ältere seien „total verunsichert“, aber auch Sportvereine sprängen derzeit ab. Und ein Lichtstreif am Horizont sei derzeit nicht erkennbar. Storno-Rechnungen für Klassenreisen: Das Geschäft mit den Schulen fehlt ebenfalls, in Hamburg sind Klassenreisen bis zum Herbst untersagt, in Schleswig-Holstein darf bis zum Jahresende nicht mehr gebucht werden. Nun hat Niemeyer begonnen, Storno-Rechnungen zu verschicken. „Das machen wir nicht gern, es sind oft langjährige Kunden“, betont sie. Aber es sei ihr geraten worden. „Es heißt, das sei nötig, weil eventuell das Land solche Storno-Rechnungen bei Klassenreisen übernimmt.“ „Land lässt Schulen im Regen stehen“: Davon ist Dr. Joachim Schack allerdings noch nicht überzeugt. Der Geschäftsführer des Omnibus Verband Nord weiß, dass die Hamburger Behörde ihre Schulen anweist, entsprechende Storno-Rechnungen nicht zu bezahlen. Dass die AGB für Mietbusleistungen die Rückforderung von 70 Prozent an Stornokosten ermöglichen, hatte der OVN-Vorsitzende Klaus Schmidt erst unlängst nochmals betont, „und wir hätten es für selbstverständlich gehalten, dass das Land die Schulen nicht damit im Regen stehen lässt“. Die meisten anderen Bundesländer hätten längst entsprechende Zusagen an die Schulen gemacht, so Schmidt. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Bundesverband fordert Senkung der Mehrwertsteuer und Soforthilfen: Schon Ende April hatte der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) für seine fast 3000 privaten Busunternehmen eine Perspektive gefordert, wann mit Lockerungen für die Reisebranche gerechnet werden könne. Außerdem forderte der Verband eine Senkung der Mehrwertsteuer bei Busreisen von bislang 19 auf sieben Prozent sowie finanzielle Soforthilfen wie den Ersatz der Ausfallkosten für Busse. Fehlende Information durch Bundesregierung das Hauptproblem: Für Claus Behrens, Geschäftsführer der Reisebüro Behrens GmbH aus Eutin, die mit dem Slogan „Internationale Bus-Touristik aus Schleswig-Holstein“ wirbt, liegt das Hauptproblem „in der Nichtinformation von Reisegästen und Bus-Veranstaltern, die von der Bundesregierung ohne jede Information gelassen werden, wann und in welcher Form es in diesem Jahr überhaupt noch einen Neustart gibt.“ Keine Branche werde so stiefmütterlich behandelt wie die Touristik, kritisiert Behrens. Bei der jüngsten Pressekonferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten habe es „erneut nur das große Schweigen zum Thema Touristik“ gegeben. „Eine für Kunden und Reisebranche komplett unerträgliche Situation, die zur Vernichtung unzähliger Touristik-Betriebe und zum Arbeitsplatzverlust für viele Mitarbeiter führen wird.“ „Busgruppen werden die Letzten sein, die wieder zugelassen werden“: OVN-Geschäftsführer Schack betont, die Busreise-Unternehmen seien letztlich „viel stärker betroffen als der Gastro-Bereich, weil bei uns noch jede Perspektive fehlt“. Vielfach müssten die Unternehmer bei Hotels oder Konzertbetreibern in Vorkasse gehen, bekämen derzeit nur Gutscheine, aber kein Geld zurück. Auch das spitze die Situation zu. Umso mehr seien jetzt Signale von der Politik nötig. „Wir sind nicht naiv: Die Busgruppen werden die Letzten sein, die wieder zugelassen werden“, sagt Schack. Sein Verband fordere deshalb beispielsweise „zinslose Darlehen für das private Busgewerbe“. Nordverband: Mit Bus-Korso gute Gespräche nicht gefährden: Schack bestätigt derweil, dass der Verband seinen 90 Mitgliedern in Schleswig-Holstein und Hamburg per E-Mail von der Teilnahme am Bus-Korso in Hamburg abgeraten hat. „Wir können angesichts der dramatischen Situation verstehen, dass die Geduld der Unternehmer am Ende ist und sie den Drang haben, etwas zu unternehmen. Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass nach sehr konkreten Verhandlungen unseres Bundesverbandes mit der Bundesregierung und einem Brandbrief an das Bundesministerium nun angekommen ist, dass jeder Tag zählt und Entscheidungen in unserem Sinne dringend nötig sind.“ Eine Bus-Demo während laufender Verhandlungen sei „ein Affront“ und könne den Erfolg der Gespräche gefährden, fürchtet Schack. Lesen Sie auch: Corona-Lockerungen: Was Ostsee-Urlauber jetzt wissen müssen Günther kündigt an: Hotels im Norden sollen in Kürze wieder öffnen Von Christian Schlichting

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