IHK zu Lübeck: So war der digitale Neujahrsempfang

Der angestammte Ort des Neujahrsempfangs war diesmal besetzt: Die Musik- und Kongresshalle (MuK) ist Lübecks Corona-Impfzentrum. Deshalb zog die IHK ein paar Meter weiter in die Media Docks. Moderator Christopher Scheffelmeier begrüßte die Zuschauer an den Bildschirmen draußen am Wasser, wo der Kran und die Boote in blaues Licht getaucht waren, die Farbe der IHK. Drinnen fragte er die Gastgeber als erstes, was sie vom neuen Jahr aus Sicht der Wirtschaft erwarteten. „Wir müssen uns jetzt für die Zeit nach der Pandemie aufstellen. Ein Zurück zu der Zeit davor wird es nicht geben“, sagte Friederike C. Kühn, Präses der IHK zu Lübeck. Die Wirtschaft sei weiter leistungsfähig. Jetzt komme es darauf an, die Rahmenbedingungen für die kommenden Jahre zu schaffen. Viele Unternehmen warten dringend auf Hilfen: Die Stimmung in den Unternehmen sei „im Moment leider weitgehend schlecht“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Lars Schöning. Das habe die jüngste Konjunkturumfrage ergeben. Es gebe bereits Branchen, in denen es an Liquidität fehle. Er beklagte die schleppende Auszahlung der Überbrückungshilfen. „So schnell der Staat dabei war, die Konzepte zu entwickeln, so langsam kommt das Geld bei den Betroffenen an. Die nun endlich angekündigte Auszahlung der Novemberhilfe ist dringend notwendig, sonst geht betroffenen Betrieben das Geld aus“, sagte Schöning. Präses Kühn: „Mehr Augenmaß bei den Beschränkungen“: Der Schutz der Menschen vor Corona habe natürlich Vorrang. „Dennoch erwarten wir mehr Augenmaß bei den Beschränkungen für die Wirtschaft“, sagte Präses Kühn. Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie hätten sofort nach dem ersten Lockdown in Hygienekonzepte und Sicherheit für Kunden, Gäste und Beschäftigte investiert. Bisher gebe es keine Hinweise auf eine massenhafte Corona-Verbreitung in diesen Branchen. Kühn: „Seit Monaten steht vielen Betrieben das Wasser bis zum Hals – ohne eigenes Verschulden. Je eher diese Unternehmen wieder öffnen dürfen, desto besser ist es für Wirtschaft, Wohlstand, Arbeitsmarkt und Steueraufkommen.“ Wirtschaftsminister bestellte zwei Portionen Labskaus: Zwischendurch sahen die Zuschauer immer wieder Einblendungen. „Beste Grüße aus dem Homeoffice in Ahrensburg“, schrieb Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP), er habe sich „extra zwei Portionen Labskaus besorgt“. Das traditionelle Essen des Neujahrsempfangs konnten sich die Zuschauer diesmal bei Restaurants in ihrer Nähe bestellen und vor dem Computer essen. „Herzliche Grüße aus dem Bundestag“, sandte die SPD-Abgeordnete Gabrielle Hiller-Ohm, „ich bin stolz auf unsere IHK zu Lübeck. Toll, was ihr auf die Beine gestellt habt!“. „Diesmal Labskaus schon beim Talk :-)“, schrieb Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD), und auch die Grünen-Finanzministerin Monika Heinold schickte „liebe Grüße aus dem Homeoffice“. Günther: Wir unterstützen Firmen weiter: Der aus Kiel live zugeschaltete Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sicherte der Wirtschaft die Hilfe der Landesregierung zu: „Wir unterstützen die Unternehmen finanziell, um durch diese schwere Zeit zu kommen“, sagte er im Gespräch mit Moderator Christopher Scheffelmeier. Das Land sei weiterhin bereit, Geld in die Hand zu nehmen, um Härten und Risiken abzufedern. „Je schneller die Pandemie eingedämmt ist, desto besser sind die Perspektiven für unsere Unternehmen. Daher führte kein Weg an der Verlängerung des Lockdowns vorbei“, sagte der Regierungschef. Unternehmer erzählen vom Lockdown: In diesem Jahr lautete der Titel der Veranstaltung: „Postcoronomics – Wege aus der Krise. „Jede Krise bietet auch Chancen“, betonte Kühn. In Einspielfilmen erklärten Unternehmer, wie sie bisher durch die Krise gekommen sind. Elvis Bogicevic von „Elvis Eis“ in Bargteheide sagte, dass er sein „Eis im Glas“ bald an 200 Supermärkte im Land liefere. Kanina Neideck von „Infinite Science“ in Lübeck erzählte, wie sie nach dem Lockdown in Studiotechnik investiert hat und jetzt digitale Veranstaltungen ausrichtet. Ralf Dümmel, bekannt aus der TV-Sendung „Höhle der Löwen“, machte der besonders gebeutelten Start-up-Szene Mut: „Aufgeben ist keine Option, also nach vorne gucken“, sagte er. Edding-Chef erzählt aus der Praxis: Wirtschaftsexperte Prof. Thomas Straubhaar, der ehemalige Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, stellte drei Makrotrends vor: digitale Globalisierung, Big Data und New Work. Und er warf die Frage auf, wie die Unternehmer damit umgehen wollen. „Entscheidend ist, dass wir viel miteinander kommuniziert haben. Wir sind viel enger zusammengerückt und haben uns gegenseitig unterstützt“, erzählte Per Ledermann, der Vorstandsvorsitzende der Edding AG in Ahrensburg. Als Unternehmen müsse man den Mitarbeitern ein Umfeld bieten, das sie in ihrer Lebenswirklichkeit unterstützt. Katrin Dücker-Eckloff, die im Herbst in Lübeck das Hotels „The Layhead B&B“ eröffnet, sagte: „Die Digitalisierung wird uns sehr helfen, einen guten Start hinzulegen.“ Sie ist überzeugt, dass es nach Corona positiv weitergeht. „Die Menschen werden reisen wollen. Ich glaube, die Tourismusbranche wird eine echte Explosion erleben.“ IHK wirbt um Kandidaten für die Vollversammlung: Präses Kühn war mit der Online-Veranstaltung zufrieden. „Wir hatten 1000 Anmeldungen. Das ist ein Beleg dafür, wie wichtig unseren Mitgliedsunternehmen die IHK-Arbeit und der gemeinsame Jahresauftakt sind“, sagte sie und warb für eine Teilnahme an den Wahlen zur IHK-Vollversammlung, die im November anstehen. „Dafür suchen wir Persönlichkeiten, die der Wirtschaft eine Stimme geben wollen. Wer sich hier aktiv einbringen möchte, kann sich gern bei uns melden oder sich auf unserer Website informieren.“ Lesen Sie auch IHK Neujahrsempfang 2021: So wird das Labskaus-Essen gerettet Lübeck - IHK-Neujahrsempfang: Daniel Günther fordert GroKo statt "Gemurkse" – LN - Lübecker Nachrichten Vorbereitungen für den Neujahrsempfang der IHK in der MuK laufen Ministerpräsident stellte sich noch an den Herd: Befragt, wie er die Situation in einem Jahr sehe, sagte Daniel Günther: „Ich bin mir sehr sicher, dass wir uns im nächsten Jahr wieder in Präsenz auf dem IHK-Neujahrsempfang treffen können.“ Aber viele Lockerungen werde es schon viel früher, nämlich im Frühjahr und Sommer geben. Der Ministerpräsident erklärte übrigens, er müsse sich seinen Labskaus später Zuhause selbst warm machen. Und die Spiegeleier dazu braten – „das kriege ich hin“, versicherte er. Von Christian Risch