Klassenreisen abgesagt: Müssen Eltern in Schleswig-Holstein zahlen?

Im Jahr 2020 werden keine Klassenreisen an Schulen in Schleswig-Holstein stattfinden. Das Bildungsministerium hat alle Schulfahrten wegen des Coronavirus gestrichen. Private Busunternehmen stehen vor enormen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Und auch Eltern sind betroffen: Möglicherweise müssen sie für Reisen bezahlen, die ihre Kinder gar nicht antreten. Busunternehmer: „Wir leben im Moment von Stornogebühren“: „Unser Gelegenheitsverkehr ist total zum Erliegen gekommen“, sagt Rembert Mölders, Geschäftsführer des Busunternehmens Dahmetal aus Ostholstein. „Alle Reisen werden storniert, wir haben in diesem Jahr praktisch keinen Auftrag mehr.“ Wenn nach den Osterferien der normale Schulverkehr nicht wieder anlaufe, „dann müssen wir Kurzarbeit anmelden“. Die einzigen Einkünfte, die viele Busunternehmen in diesen Tagen haben, sind Stornogebühren für abgesagte Reisen. „Einige meiner Kunden verstehen das und haben das Geld sofort überwiesen“, erzählt Mölders. Er habe aber auch unschöne Telefonate führen müssen. „Aber was sollen wir machen: Wir leben im Moment von Stornogebühren“, sagt der Dahmetal-Geschäftsführer. „Das ist keine schöne Situation für uns. Wir haben natürlich auch die Sorge, dass wir langjährige Kunden verlieren, wenn wir Stornogebühren verlangen.“ Busunternehmen zeigen bei Schulen Kulanz – im Normalfall: Denn besonders bei Schulen werden von Busunternehmen nur selten Stornogebühren verlangt – schließlich werden die Kosten auf die Eltern abgewälzt. „Wir regeln das mit Schulen im Normalfall mit Kulanz“, ergänzt Mölders. „Ich würde mir wünschen, dass das Land die Kosten übernimmt und die Schulen und Eltern entlastet. Das würde die Situation stark erleichtern.“ Auch der Omnibusverband Nord (OVN) fordert angesichts der existenzbedrohenden Lage vieler Busunternehmen, dass das Land Schleswig-Holstein die Schulen und Eltern entlastet. „Während die meisten anderen Bundesländer längst Zusagen an die Schulen für die Übernahme der Stornokosten gemacht haben, lässt unser Bildungsministerium die Schulen im Land im Stich“, sagt OVN-Vorsitzender Klaus Schmidt. Schleswig-Holstein weigere sich, die Schulen von solchen Stornorisiken freizuhalten, die nur aufgrund des erlassenen Verbotes von Klassenfahrten entstanden sind. „Wir können nicht glauben, dass das Land die Schulen mit den Kosten im Regen stehen lässt.“ Schmidt spricht von einem Berufsausübungsverbot, dem die Busunternehmer momentan faktisch unterliegen, weswegen sie regelrecht gezwungen sind, die Stornogebühren zu erheben. „Wir sind als Busunternehmer im Moment doppelt gestraft“, sagt Schmidt. Die zugesagte Soforthilfe des Landes sei nicht für den Mittelstand vorgesehen. „Und die Durchsetzung berechtigter Stornokosten wird durch die Weigerung der Kostenübernahme auch noch torpediert.“ Wegen Corona: Bildungsministerium in Kiel bittet um Geduld: Das Bildungsministerium in Kiel kennt die Probleme der Busunternehmer, hat aber noch keine Lösung dafür – und verweist auf bereits existierende Hilfemaßnahmen. „„Die Landesregierung hat mit dem Nachtragshaushalt für 2020 unter anderem Mittel zur Durchführung von Maßnahmen zur Abmilderung von Folgekosten der Wirtschaft bereitgestellt. Zudem gibt es auch auf Bundesebene Zusagen für schnelle Hilfe“, sagt Bildungsstaatssekretärin Dorit Stenke. In Kiel werde nach Wegen gesucht, um die Folgen abzumildern, sagt Stenke, das beziehe sich auch auf die Forderung der Busunternehmen, dass das Land die Stornogebühren der Schulen übernehmen solle. „Ich bitte um Verständnis, dass in der krisenhaft zugespitzten Situation Entscheidungsprozesse etwas länger dauern können“, sagt Stenke Landeselternbeirat: „Wichtig für Eltern, dass es Klarheit gibt“: Auch der Landeselternbeirat fordert eine schnelle Regelung, um Schulen und Busunternehmer zu unterstützen. „Einige Eltern haben deswegen schon bei mir angerufen. Klar, es ist ja auch ein berechtigtes Anliegen und eine Sorge vieler Eltern“, sagt Elternbeiratsvorsitzende Claudia Pick. „Einige Familien haben ja jetzt schon mit wirtschaftlichen Probleme zu tun, einige sind in Kurzarbeit. Wenn sie für die Stornokosten aufkommen müssen, die zum Teil bis zu 90 Prozent betragen, dann würde es einige Eltern stark belasten.“ Wichtig für Eltern sei nun, dass das Land ihnen Klarheit schafft. „Momentan gibt es keine Klarheit und auch keine Entscheidungsrichtung. Als Elternvertreterin kann ich nur sagen, dass eine Regelung gefunden werden muss, dass die Eltern nicht auf den Kosten sitzen bleiben“, sagt Claudia Pick. Auch Schulen im Norden wollen Hilfe vom Land: Das wollen Schulen im Land auch, wie ein Schulleiter aus Lübeck bestätigt, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Bei uns wurden auch viele Klassenreisen abgesagt, wie überall. Es ist ja klar, dass Bus- und Reiseunternehmen in diesen Zeiten nicht anders können, als die Stornogebühren zu verlangen“, sagt er. „Aber ich hoffe, dass das Land die finanzielle Belastung für die Eltern abmildert und die Stornogebühren übernimmt. Ich glaube, dass ist der Wunsch aller Schulen.“ Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in und um Lübeck: Diese Texte sollten Sie gelesen haben Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Liveblog zur Corona-Krise: Das ist die Lage in Lübeck und Schleswig-Holstein Alle aktuellen Informationen aus Deutschland und der Welt im Live-Blog Lübecks Corona-Chronik: Eine Stadt legt sich still #supportyourlocal: Machen Sie Ihr Angebot bei uns bekannt #supportyourlocal: So können Sie Geschäften, Restaurants und Freiberuflern in Lübeck jetzt helfen LN-Live-Interview: Lübecks Bürgermeister antwortet auf die wichtigsten Fragen zu Corona in Lübeck UKSH verdoppelt Zahl der Intensivbetten Striktes Besuchsverbot in allen Kliniken und Pflegeheimen Hoffnung im Norden: Quote der Corona-Neuansteckungen sinkt Sparkasse zu Lübeck liefert Bargeld nach Hause Zweitwohnungen: Wer schon da ist, darf bleiben Mecklenburg-Vorpommern riegelt Grenze zu Schleswig-Holstein ab Coronavirus: Schleswig-Holstein macht zu – Touristen müssen draußen bleiben Home-Office und Co.: So reagieren Lübecker Unternehmen In der Krise zusammenhalten: So helfen sich Nachbarn in Lübeck gerade gegenseitig Quarantäne – was bedeutet das für mich? Von Hannes Lintschnig

Corona-Folgen - Klassenreisen abgesagt: Bleiben Eltern in Schleswig-Holstein auf den Kosten sitzen?