Kostenlose Corona-Tests: Apotheker und Ärzte in SH sind skeptisch

CDU-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will für alle Bürger die Corona-Schnelltests bezahlen. Jeder Bürger soll sie ab dem 1. März bekommen – und das nicht nur in Testzentren, sondern auch in Apotheken, Arztpraxen und bei Zahnärzten. In Schleswig-Holstein wird die Entscheidung kritisch beäugt. Spahn: Kostenlos-Test für eine neue Teststrategie: Die Kostenlos-Tests für alle sind Teil der erweiterten „nationalen Teststrategie“ und sollen jetzt dem sogenannten „Corona-Kabinett“ in Berlin vorgelegt werden. Das berichtet das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), zu dem die Lübecker Nachrichten gehören. Antigenschnelltests seien mittlerweile in ausreichender Menge am Markt verfügbar, heißt es in Berlin zur Begründung. Außerdem setze man darauf, dass bald sogenannte „Laien-Selbsttests“ lieferbar sind. Man erwarte in Kürze, dass sie vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen werden. Apotheken am Rande der Belastungsgrenze: Um entsprechende Kontingente für den deutschen Markt zu sichern, sei man bereits in Verhandlungen mit verschiedenen Herstellern und wolle sie dann auch in Schulen und Kitas einsetzen. „Warum wartet man diese Zulassung nicht einfach ab?“, fragt nun allerdings Frank Jaschkowski, Geschäftsführer der Apothekerkammer Schleswig-Holstein in Kiel. Mit den bisherigen Tests, für die mit einem Tupfer ein Abstrich aus dem tiefen Rachen genommen werden muss, seien medizinische Laien nämlich in der Regel überfordert. Dazu komme, dass die Tests zum Beispiel bei der richtigen Temperatur genommen werden müssten. Und dass etwa Verletzungsgefahr bestehe. Apotheker sollen schon bei Tests in Kitas und Schulen helfen: „Damit kann man auch Unfug anstellen“, sagt Jaschkowski. Apotheker seien zwar in zweieinhalbstündigen Schulungen dazu ausgebildet worden, die Abstriche richtig zu nehmen. Sie wären mit einem Massenansturm der Kunden ab 1. März aber überfordert. Sie seien vom Land schließlich schon als Kooperationspartner in die Testung von Lehrern und Kita-Erziehern eingebunden worden, die kommende Woche beginnen sollen. Lesen Sie auch Corona: Lübecks Schulen und Kitas öffnen frühestens am 1. März wieder Günther kritisiert die Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern Corona-Inzidenzwert: Lübeck unter 100, Flensburg am höchsten „Und irgendwann fehlt dann halt auch das Personal“, sagt Jaschkowski. Billig werde das Ganze für den Bund auch nicht. Acht Euro koste ein Test derzeit. Wenn sich nur 40 Millionen Bürger ein einziges Mal testen würden, würden dafür schon 320 Millionen Euro fällig werden. Was passiert bei einem positiven Ergebnis? Auch Thomas Maurer, Vorsitzender des Hausärzteverbandes im Norden, hält die Testung für eine Herkulesaufgabe. „Wir werden das aber organisiert bekommen“, sagt der Mediziner. „Wir Hausärzte können impfen und wir können auch testen.“ Grundsätzlich sei es ja auch zu begrüßen, wenn viel getestet werde, etwa bevor Gäste künftig ein Lokal betreten. Allerdings werde das nicht bedeuten, dass jeder Patient mal eben in der Praxis anrufen kann und dann gleich einen Test bekommt, sagt Maurer. Tests, die sich auch Laien selber abnehmen können, etwa durch Gurgeln oder einen Abstrich aus der Nase, könnten die Sache erleichtern. Andererseits bleibe bei solchen Tests die Frage der Verlässlichkeit. Konkret: Wenn kein Arzt das Ergebnis offiziell feststelle, liege es allein in der Hand des Getesteten, ob er sich bei einem positiven Befund auch wirklich selbst isoliere. Kiel fordert: Der Bund muss jetzt schnell die Details klären: „Neben der reinen Ankündigung muss der Bund jetzt vor allem schnell sagen, wie dieses Angebot die Bürgerinnen und Bürger erreichen soll“, mahnt auch Kiels FDP-Gesundheitsminister Heiner Garg. Solle es ein Gutscheinsystem geben? Und wie häufig solle sich jeder testen lassen können? Grundsätzlich sei es ja eine tolle Sache, wenn der Bund für alle Bürger kostenfreie Testmöglichkeiten anbieten möchte, sagt Garg. Bis dahin werde man sich in Schleswig-Holstein aber darauf konzentrieren, parallel zur Öffnung von Kitas und Schulen den Erziehern, Lehrern und Mitarbeitern ein Testangebot zu machen. Von Wolfram Hammer