Mehr als 500 Petitionen aus dem Norden

80 Eingaben von Bürgern an den Petitionsausschuss des Bundestages harren in dieser Woche auf dem Schreibtisch von Gero Storjohann, CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Bad Segeberg – Stormarn-Mitte, ihrer Bearbeitung. In der Woche zuvor waren es 50 Petitionen, sagte der 62-Jährige am Mittwoch. Seit seinem Einzug ins Parlament vor 18 Jahren kümmert er sich um die vielfältigen Anliegen. Genau 13 529 Petitionen gingen im Vorjahr beim Bundestag ein. 501 Eingaben stammten aus Schleswig-Holstein. Damit liegt der Norden, bezogen auf eine Million Einwohner, bei 173 Petitionen. Im bundesweiten Ranking bedeutet das Platz vier, klar hinter den schreibfreudigeren Spitzenreitern aus Berlin, Sachsen und Brandenburg. Bearbeitung ist oft zeitintensiv: Manchmal könne relativ schnell geholfen werden, einige Fälle jedoch zögen sich mitunter lange hin, erklärte Storjohann. Eine Petition zur Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Hygieneartikel für Frauen, die von Zehntausenden Mitunterzeichnern unterstützt worden war, konnte nach elf Monaten erfolgreich abgeschlossen werden. Der Steuersatz wurde gesenkt. Andere Petitionen jedoch harren manchmal mehrere Jahre eines Abschlusses. So etwa die Eingaben zum Tod einer Kadettin vom Segelschulschiff „Gorch Fock“ oder zum bislang ungeklärten Untergang des Fischkutters „Beluga“ in der Ostsee im März 1999, bei dem die drei Besatzungsmitglieder starben. Hinterbliebene vermuten, dass eine Kollision mit einem Marineschiff die Ursache für das Unglück war, was allerdings auch durch ein aufwendiges Gutachten nicht geklärt werden konnte. Storjohann, der selbst einen Bruder auf See verloren hat, gehen solche und andere dramatische Fälle ans Herz. Gleichwohl werde vom Petitionsausschuss eine sachkundige Antwort erwartet, die frei von Emotionen ist. „Mehr als nur der Blitzableiter“: Dabei ist die „Erfolgsquote“, wenn der Eingabe entsprochen wird, relativ gering. Sie liegt bei 6,7 Prozent. Dem stehen rund 38 Prozent gegenüber, in denen dem jeweiligen Anliegen nicht entsprochen werden konnte. Oftmals stecke „Wunschdenken“ hinter den Eingaben. „Wir treffen keine Entscheidungen“, sagte Storjohann mit Blick auf die Arbeit der 29 Mitglieder des Ausschusses, die aus allen sechs Fraktionen des Bundestages kommen. Das Gremium gilt als der direkte Draht der Bürger zum Parlament. „Aber wir sind mehr als nur der Blitzableiter“, meinte der Ausschussvorsitzende Marian Wendt (CDU). Gradmesser für die Umsetzung von Gesetzen: Petitionen seien auch ein wichtiger Gradmesser für die Umsetzung von Gesetzen. Sie legten den Finger in die Wunde, wo es Unstimmigkeiten und Handlungsbedarf gebe. In einer Mehrheit der Fälle – 55 Prozent – wendeten sich Menschen an den Ausschuss, weil sie von Jobcentern, Bundesagentur für Arbeit, von Rentenversicherung oder Krankenkassen benachteiligt worden seien. Viele Unterstützer hat eine Petition für ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen. Ein Bürger verlangte, das „Streben nach Glück“ im Grundgesetz zu verankern. „Jeder einzelne Fall wird ernst genommen“: Auch wenn nicht jedem „Petenten“, wie es im Behördendeutsch heißt, in seinem Sinne geholfen werden könne, werde jede Petition ernst genommen, geprüft, bearbeitet und beantwortet, egal ob sie von einem Bürger stamme oder von Tausenden Mitunterzeichnern, die sich per Internet angeschlossen haben, getragen werde. Auf Storjohanns Schreibtisch landen derweil auch die Petitionen sogenannter „Vielschreiber“. Manche wendeten sich täglich per Mail oder Brief an den Bundestag. Lesen Sie auch 75.000 Menschen unterschreiben Petition: Bundestag soll Steuern auf Tampons und Damenbinden senken CDU nominiert Gero Storjohann für Bundestagwahl Von Reinhard Zweigler