Nach dem tödlichen Unfall: So läuft eine Alkoholkontrolle ab

Der Atemalkoholtest ist freiwillig, erklärt Torge Stelck, Sprecher des Landespolizeiamtes in Kiel. Diese Maßnahme lasse sich nicht vollziehen und beruhe auf der Mitwirkungsbereitschaft des Verkehrsteilnehmers. Dabei spielt auch der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit eine Rolle: Verdächtige und Beschuldigte müssen sich weder durch eigene Aussagen noch Handlungen selbst belasten. „Dies ist ein wichtiges Rechtsstaatsprinzip und gilt auch bei Atemalkoholmessungen.“ Blutentnahme ist ohne Einwilligung möglich: Anders ist es bei der Blutentnahme: Sie darf laut Strafprozessordnung auch ohne die Einwilligung des Autofahrers vorgenommen werden – wenn ein konkreter Tatverdacht besteht. „Gibt es beispielsweise durch Alkoholgeruch, lallende Aussprache oder aufgrund eines schwankenden Gangs Hinweise auf eine Rauschmittelbeeinflussung bei einem Kraftfahrer, so ist auch ohne Vortestergebnis die Möglichkeit gegeben, eine zwangsweise Blutentnahme anzuordnen, um das Blut als Beweismittel im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren zu sichern und zu analysieren“, sagt Stelck. Für diesen Schritt müssten aber beweiskräftige Anzeichen einer Fahruntüchtigkeit oder Rauschmittelbeeinflussung vorhanden sein. Landespolizei verfügt über 700 Dräger-Alcotestgeräte: Welche Folgen die Ablehnung eines Atemalkoholtests hat, hängt also von den genauen Umständen im Einzelfall ab. Anfang August waren zwei Menschen auf der A 20 nahe Wismar getötet worden. Der 28-jährige Unfallfahrer hatte 2,11 Promille im Blut. Bei einer Polizeikontrolle eine Stunde zuvor hatte er den Atemalkoholtest abgelehnt. Stattdessen nahmen die Polizisten Umgebungsluft-Messungen im Auto vor – dabei es soll aber keinen Hinweis auf Alkoholkonsum gegeben haben. Die Polizei in Schleswig-Holstein verwendet ein Vortestgerät der Firma Dräger, das auch über eine passive Testmöglichkeit zur Detektion von Alkohol in der Umgebungsluft verfügt. Die Landespolizei verfügt über insgesamt 700 dieser Geräte. Passivtest zeigt keinen Ethanolwert an: Bei der Messung der Umgebungsluft, dem sogenannten Passiv-Test, zieht das Gerät eine kleine Probe in den elektrochemischen Sensor. „Die Probe ist dabei exakt die Luft, die in dem Moment oberhalb des Geräts ist, quasi dort, wo eigentlich das Mundstück aufgesetzt ist“, erklärt Robert Betzinger, Produktmanager für Atemalkoholtestgeräte bei Dräger. Beim Passiv-Test wird – anders als durch das „Pusten“ bei der Aktivmessung – kein Promillewert angezeigt. Es wird nur angezeigt, ob Ethanol in der Probe vorhanden war oder nicht. Nach Auskunft des Produktmanagers ist der Passiv-Test „grundsätzlich genauso zuverlässig“ wie ein Test mit aufgesetztem Mundstück. Zu beachten sei allerdings, dass die Probe aus der Luft entnommen wird, die oberhalb des Gerätes ist. „Wenn jemand nicht in Richtung des Alcotest-Geräts ausatmet, kann der elektrochemische Sensor auch kein Ethanol messen“, sagt Betzinger. Die Umgebungsluftmessung könne nur als erster Indikator dienen – zum Beispiel um zu bestimmen, ob ein Getränk Alkohol enthält oder zur Kontrolle, ob eine bewusstlose Person alkoholisiert ist. Alkoholkonsum ist meist klar zu erkennen: Mit einer Umgebungsluftmessung hat Gerhard Hillebrand, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein, noch nie zu tun gehabt. „Denn in der Regel ist es erkennbar, wenn jemand Alkohol konsumiert hat“, sagt der Verkehrsrechtler aus Neumünster. Meist falle schon der typische Geruch auf, auch sei die Aussprache oft lallig. Zudem gebe es motorische Ausfallerscheinungen. Von Julia Paulat