Neuer Bußgeldkatalog: Kiel hat sich enthalten

Der Ärger über den nicht zustande gekommenen Kompromiss stand dem Kieler Verkehrsminister Bernd Buchholz am Freitag ins Gesicht geschrieben. Die Grünen hätten eine sinnvolle Neuregelung zur überarbeiteten Straßenverkehrsordnung (StVO) sowie zum neuen Bußgeldkatalog verhindert. Nun gebe es gar nichts. Die Grünen hätten „Steine statt Brot“, meinte der FDP-Politiker zu den LN. Das Chaos um die umstrittene StVO-Novelle, die seit dem 28. April gilt, aber von den Bundesländern nicht angewendet wird, gehe nun weiter. Auch sinnvolle Verbesserungen für mehr Verkehrssicherheit werde es damit vorerst nicht geben. Formfehler in der Verordnung: Dabei hatte der Bundesrat der StVO-Novelle von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), samt drastisch erhöhten Strafen für zu schnelles Fahren, eigentlich bereits am 14. Februar zugestimmt. Demnach wären Fahrzeugführer bei Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 21 km/h innerhalb von Ortschaften sowie ab 26 km/h außerorts mit einem Monat Fahrverbot belegt worden. Doch daraus wird nun nichts. Das Ministerium musste einen „Formfehler“ in der Verordnung einräumen. Es fehle der klare Hinweis auf die entsprechende gesetzliche Grundlage. Gleichzeitig war Verkehrsminister Scheuer unter gehörigen öffentlichen und politischen Druck geraten. In einer Online-Petition wandten sich etwa über 160 000 Unterzeichner gegen die „zu scharfen Regeln“. Auch in Union und SPD mehrten sich die Vorbehalte gegen die neue Verordnung. Sie sei „nicht verhältnismäßig“. Strafen sollten abgemildert werden: Nun sollte die Korrektur des Formfehlers dazu genutzt werden, die – eigentlich bereits beschlossenen – Strafen für zu schnelles Fahren abzumildern. Verkehrsminister Buchholz verhandelte in ungezählten Runden mit Amtskollegen aus anderen Ländern. Dabei habe es eine Frontstellung „alle gegen die Grünen“ gegeben. Die Grünen-Ressortchefs aus Baden-Württemberg, Hamburg und Hessen hätten sich einem Kompromiss verweigert, kritisierte der Kieler Minister. Die Kompromisslösung, die im Bundesrat zur Abstimmung stand, sah vor, dass es Fahrverbote nur bei zu schnellem Fahren an „besonderen Gefahrenstellen“, etwa an Kitas und Schulen, geben solle. Außerdem würden Fahrverbote nur dann in Kraft treten, wenn innerhalb eines Jahres mehr als einmal über 21 km/h zu schnell gefahren worden sei. Auch sollten die Bußgelder auf 100 innerorts sowie außerorts auf 70 Euro erhöht werden. Grüne: „Kein Rabatt für Raser“: Es dürfe „keinen Rabatt für Raser“ geben, meinte hingegen Baden-Württembergs Grünen-Verkehrsminister Winfried Hermann in seiner Ablehnung dieses Kompromisses. Bei der Abstimmung in der Länderkammer gab es schließlich ein Patt zwischen den von den Grünen mitregierten Ländern und den nicht-grünen Landesregierungen. Kiel enthielt sich der Stimme. Damit gilt allerdings vorerst der alte Bußgeldkatalog weiter. Bis zur nächsten Sitzung am 9. Oktober soll es einen neuen Lösungsversuch geben. Aussicht äußerst ungewiss. Von Reinhard Zweigler