Neuer Kurs in der Drogenpolitik: Auch die SPD in Schleswig-Holstein will Cannabis jetzt freigeben

Schleswig-Holsteins SPD macht sich jetzt auch für die Freigabe von Cannabis stark. Der Landesparteirat hat es beschlossen. Die Fraktion zieht mit. Damit sind im Kieler Landtag jetzt nur noch CDU und AfD gegen das ungestrafte Haschisch-Rauchen. Nord-SPD: Cannabis-Konsum schnell erlauben: „Wir fordern die SPD-Fraktionen im Landtag und Bundestag auf, sich massiv und umgehend dafür einzusetzen, dass Cannabis in begrenzten Mengen für den privaten Konsum straffrei erworben und konsumiert werden kann“, so hat es die SPD beschlossen. Der SPD-Landtags-Gesundheitspolitiker Bernd Heinemann wirbt jetzt ebenfalls für „kontrollierte Modellprojekte“, bei denen Erwachsene zum Beispiel in Apotheken und anderen lizenzierten Abgabestellen Cannabis kaufen können sollen. Das senke auch das Risiko, dass Bürger verunreinigte Produkte vom Schwarzmarkt konsumieren. Kommentar zum Thema: Aufwachen! Die Nord-CDU bremst eine moderne Drogenpolitik aus Der Verweis des Parteirats auf die eigene SPD-Bundestagsfraktion in dem Beschluss kommt allerdings nicht von ungefähr. „Ich hoffe, dass diese Botschaft nunmehr schnell bei der GroKo in Berlin ankommt“, sagt der FDP-Landtags-Gesundheitspolitiker Dennys Bornhöft. Schon viel zu lange nämlich werde die Frage nach einer Voll- oder zumindest Teillegalisierung von Cannabis und Cannabisprodukten von der großen Koalition aufgehalten – und das auch mit den Stimmen der SPD. Dabei könnte man damit den vielen kriminellen Banden das Geschäftsmodell kaputtmachen, Polizei und Justiz entlasten und mehr Geld in die Prävention stecken. FDP-Gesundheitsminister begrüßt Kursschwenk der SPD: „Neben der ablehnenden Haltung von CDU und CSU haben sich auch große Teile der SPD immer wieder gegen Legalisierungsbemühungen ausgesprochen“, sagt Bornhöft. Das habe nun hoffentlich bald ein Ende. Er freue sich über die politische Unterstützung aus den Reihen des SPD-Landesparteirates. „Die Kriminalisierung von Cannabis-Konsumentinnen hat sich als präventionspolitischer Irrweg erwiesen“, sagt auch FDP-Gesundheitsminister Heiner Garg. „Mit ist jeder willkommen, der dazu beiträgt, dass bei der Bundesregierung dazu ein Umdenken einsetzt.“ Garg war zuletzt in Berlin damit gescheitert, im Norden einen Modellversuch zur kontrollierten Cannabis-Abgabe starten zu dürfen. Das bedürfe einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes. Doch eine von Schleswig-Holstein unterstützte Bundesratsinitiative dazu fand keine Mehrheit. In Europa wird Cannabis vorwiegend in Form von Haschisch oder Marihuana konsumiert, zuweilen auch als Haschischöl, heißt es bei der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Hauptwirkstoff der Cannabispflanze ist das Tetrahydrocannabinol (THC). Haschisch besteht im Wesentlichen aus dem Harz der Blütenstände der weiblichen Hanfpflanze und wird zu meist braunschwarzen Platten oder Klumpen gepresst. Bei Marihuana handelt es sich überwiegend um getrocknete und zerkleinerte Pflanzenteile, vor allem der Spitzen, Blätter und Blüten. Es ist meist grünlich und teeähnlich. Haschischöl ist ein stark konzentrierter Auszug von Haschisch oder Marihuana. Haschisch und Marihuana werden meist geraucht, Haschisch aber gelegentlich auch in Getränke gemischt, mit Joghurt gegessen oder in Kekse eingebacken. Haschischöl wird meist auf eine Zigarette geträufelt oder ebenfalls Speisen oder Getränken hinzugefügt. Risiken sind laut DHS vermindertes Konzentrations- und Reaktionsvermögen und eine generell beeinträchtigte körperliche und psychische Leistungsfähigkeit während des Konsums, die etwa auch zur Fahruntüchtigkeit im Straßenverkehr führt. Es bestehe zudem die Gefahr, dass sich bei langem Konsum psychische Veränderungen verstärken. Es kann zu einer psychischen Abhängigkeit kommen. Auf lange Sicht können sich gerade im Bereich des Denkens und Urteilens erhebliche Einschränkungen bemerkbar machen. Zwar habe der Konsument selbst ein Gefühl erhöhter Leistungsfähigkeit, die jedoch objektiv betrachtet abnehme. Die Nord-CDU lehnt legales Haschisch-Rauchen strikt ab: Die Initiative für einen solchen Modellversuch im Norden hatten FDP und Grüne der CDU 2017 im Jamaika-Koalitionsvertrag abgetrotzt. Der SSW unterstützt das ebenfalls. Der CDU hingegen kam die ablehnende Haltung des Bundes gut zu pass. Sie lehnt die Haschisch-Freigabe nach wie vor strikt ab. Der Fokus der Union ist und bleibe „die Null-Toleranz zum Gebrauch von Drogen“, sagt die CDU-Landtagsabgeordnete Andrea Tschacher. Man solle lieber Prävention, Aufklärung und Beratung sowie die Therapie von Suchtkrankheiten fördern. Damit liegt die Nord-CDU mittlerweile allerdings sogar mit ihrem Bundestags-Innenexperten Marian Wendt über Kreuz. Der kann sich eine kontrollierte Freigabe von Cannabis vorstellen. „Man muss die gesellschaftlichen Realitäten anerkennen“, sagte der CDU-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), zu dem auch die Lübecker Nachrichten gehören. Die neue Drogenbeauftragte Daniela Ludwig (CSU) war zuletzt ebenfalls von der strikten Haltung der Unionsparteien gegen Cannabis abgerückt, sagte dem RND, es gehe vor allem um die Frage, was am Ende der Gesundheit helfe. Stimmen Sie ab: Grüne schon lange auf Freigabe-Kurs: Die Grünen sind schon längst auf diesem Kurs. „Wir setzen uns schon lange für eine Entkriminalisierung von Cannabis ein. Schön, dass nun auch die SPD ein Einsehen hat“, sagt der Grüne Landtags-Innenpolitiker Burkhard Peters. Die Repressionspolitik beim Cannabis sei gescheitert. Leider habe bisher auch die SPD eine Gesetzesreform abgelehnt. „Wir freuen uns, dass jetzt die Chancen für einen neuen Versuch gestiegen sind. Wir werden die SPD beim Wort nehmen“, sagt Peters. Heinemann: Der Weg von Repression und Strafe ist gescheitert: Für Bernd Heinemann steht ebenfalls fest, dass „der Kampf gegen den Konsum des Rauschmittels Cannabis durch Strafe und Repression nachhaltig gescheitert ist“. Das werde „durch konzeptloses Zuwarten nicht besser“. Den unreglementierten Anbau und Verkauf von Cannabis lehne die SPD aber weiter ab. Lesen Sie auch: Fürs Kiffen nach Karlsruhe: Richter hält Verbot für verfassungswidrig Immer mehr SPD-Kandidaten für Freigabe von Cannabis CSU-Politikerin wird neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung Niederlande testen “Staats-Marihuana” in zehn Städten Von Wolfram Hammer

Schwenk in der Drogenpolitik - Jetzt will auch die SPD in Schleswig-Holstein Cannabis freigeben