Nord-Wirtschaft warnt: Bald gibt es Insolvenzen

„Derzeit erleben wir die schwerste Krise nach dem Zweiten Weltkrieg, deren Folgen ähnlich stark sein werden wie die der Weltwirtschaftskrise“, sagt UV-Nord-Präsident Uli Wachholtz, und erklärt weiter: „Viele unserer Unternehmen schreiben hohe Verluste, das Eigenkapital vermindert sich rapide, Betriebsschließungen sind vorhersehbar.“ Gastronomie und Tourismus „mit allen vor- und nachgelagerten Bereichen“ seien am stärksten betroffen. In der Gastronomie seien 99 der Beschäftigten in Kurzarbeit, in der Hotellerie 97 Prozent. „Reisebüros, Busreiseunternehmer, Reedereien sind weitere Beispiele für besonders hart betroffene Geschäftsfelder, ebenso aber auch Firmen in den Bereichen Veranstaltungen, Kultur, Kunst sowie Bildungseinrichtungen“, erklärt Wachholtz. Baugewerbe und Medizintechnik kommen gut weg: Besonders gut komme im Moment der Bereich Garten- und Landschaftsbau, Bauhaupt- und Baunebengewerbe, Tiefbau, Entsorgung, aber auch der wichtige Bereich der Energie- und Wasserwirtschaft und in Teilen der Lebensmitteleinzelhandel zurecht. Vom veränderten Kaufverhalten der Menschen profitierten im Moment auch Fahrradhändler und -werkstätten. Auch dem Bereich Life Science und da vor allem der Medizintechnik gehe es im Vergleich gut, sagt Lars Schöning, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck. Viele Geschäftsmodelle tragen nicht mehr: „Erste Insolvenzen werden kommen, wenn die Mittel der Soforthilfen verbraucht sind“, sagt UV-Nord-Präsident Wachholtz. „Viele alte Geschäftsmodelle werden nicht mehr tragen, die Unternehmen werden sich darauf einstellen müssen. Zum Glück haben wir in Schleswig-Holstein eine relativ geringe Abhängigkeit von der Automobilindustrie.“ Auch Schöning sieht Insolvenzen auf Firmen zukommen. „Im Moment wirken die Stützungsprogramm noch ganz gut, aber mit jedem Tag ohne Einnahmen wird es kritischer“, sagt er. Schon jetzt gebe es Firmen, die den Weg der Insolvenz gehen, bald würden wir wohl deutlich mehr erleben. Für viele Dienstleister sei die Zeit schwer aufzuholen. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Kühn: Krise trifft Unternehmen mit voller Wucht: „Mit voller Wucht hat die Coronakrise unsere Unternehmen getroffen, und auch der Blick in die Zukunft fällt pessimistisch aus. Daher benötigen wir dringend eine Zukunftsperspektive für unsere Wirtschaft“, sagt Friederike C. Kühn, Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein. In einer IHK-Umfrage bewerteten Ende März 35 Prozent der Befragten ihre Geschäftslage als schlecht; im Vorquartal waren es nur 10,3 Prozent. Nur ein Drittel der Firmen erwartet keine Verschlechterung. Vor allem der Einzelhandel sei massiv beeinträchtigt. Auch die Hälfte der Logistiker berichten von einer schlechten Geschäftssituation und erwarten zu 88 Prozent eine weitere Zuspitzung. 65 Prozent der Befragten sehen in der sinkenden Inlandsnachfrage die größte Bedrohung. Viele können Folgen noch nicht abschätzen: Nach einer IHK-Blitzumfrage wollen viele Unternehmen deutlich weniger investieren. Auf die Frage, wann wieder ein normaler Betrieb erwartet wird, zeige sich ein zweigeteiltes Bild: Die Hälfte der Unternehmen rechne damit, im laufendem Jahr 2020 wieder zur Normalität zurückzukehren, während die andere Hälfte frühestens mit einer Normalisierung ab 2021 rechne oder die Folgen noch nicht abschätzen könne. An der Umfrage hatten sich bis zum Mittwoch 1402 Unternehmen aus Schleswig-Holstein beteiligt. Schutzplan bis Ende 2021 nötig: Die Bundesregierung muss nach Ansicht von UV-Nord-Präsident Wachholtz zwei Dinge tun: Erstens einen tragfähigen Schutzplan entwickeln, solange ein Impfstoff und Medikamente nicht vorhanden sind. Denn eine starke zweite Welle von Infektionen müsse unbedingt vermieden werden. Deshalb müssten etwa die Corona-App und Tests mit höherem Tempo als bisher entwickelt und produziert werden. Zweitens müsse sie weitergehende Hilfen bis Ende kommenden Jahres einplanen und darauf dringen, „dass die Steuergesetze, die in guten Zeiten schon am Rande der Belastungsgrenze waren, die betroffenen Unternehmen aktuell nicht restlos aushungern“. „Alleingänge oft unerträglich“: Für die Landesregierung müsse es ein Anliegen sein, gemeinsam mit den Landesregierungen in Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Niedersachsen und Bremen zu einem „nachvollziehbaren norddeutschen Handeln“ zu kommen, erklärt UV-Nord-Präsident Wachholtz. „Alleingänge sind für die Bevölkerung und die Unternehmen schwer nachzuvollziehen und oft unerträglich. Das Verständnis für Parteipolitik hält sich in diesen Fragen in weiten Teilen der Bevölkerung in engen Grenzen“, kritisiert Wachholtz. Die Auswirkungen der Coronakrisebedrohen viele Unternehmen aller Größen und Branchen in ihrer Existenz. Deshalb sei Beratung jetzt wichtig, erklärt die IHK zu Lübeck. Mit ihrem virtuellen „IHK Beratertag für Unternehmen in Schwierigkeiten“ am Dienstag, 12., und Mittwoch, 13. Mai 2020, berät die Kammer Unternehmer in Not erstmals online. In den Gesprächen sollen IHK-Experten und Teilnehmer gemeinsam Ideen und Lösungen erarbeiten, mit denen die Betriebe durch die Krise kommen können. Die IHK gebe wertvolle Ersttipps zur Überwindung kritischer Situationen und Entwicklung erster individueller Lösungsansätze zur Krisenbewältigung. Die virtuellen Einzelgespräche über die Plattform Microsoft Teams dauern 30 Minuten. Teilnehmer benötigten nur einen Computer mit Internetverbindung und ein Mikrofon. Eine Kamera sei von Vorteil, aber nicht zwingend notwendig. Die IHK zu Lübeck bietet den kostenlosen IHK-Beratertag für Unternehmen in Schwierigkeiten gemeinsam mit beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle akkreditierten Experten an. Anmeldung und individuelle Terminvergabe bei der IHK zu Lübeck, Julia Schliecker, Telefon: (0451) 6006-177 oder per E-Mail unter: schliecker@ihk-luebeck.de. Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in und um Lübeck: Diese Texte sollten Sie gelesen haben Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Liveblog zur Corona-Krise: Das ist die Lage in Lübeck und Schleswig-Holstein Schutzmasken richtig tragen: So geht’s! Alle aktuellen Informationen aus Deutschland und der Welt im Live-Blog #supportyourlocal: Machen Sie Ihr Angebot bei uns bekannt #supportyourlocal: So helfen Sie Geschäften, Restaurants und Freiberuflern in Lübeck Kontaktverbot gelockert: Was jetzt erlaubt ist Nach 15 Todesfällen: Pflegeheim Rümpel ist frei von Corona Ikea Lübeck verschiebt Wiedereröffnung auf Montag, 11. Mai Zum Nachfahren: Schöne Fahrradtouren rund um Lübeck Was Sie als Ostsee-Urlauber jetzt wissen müssen Hotels und Restaurants im Norden öffnen am 18. 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