Nordlicht: Ein Wald zum Umarmen

Mit unseren zwischenmenschlichen Sympathiebekundungen gibt es zurzeit ein Problem. Umarmungen sind im Grunde nur in der Kernfamilie möglich, bei allen Fremdumarmungen bewegt man sich auf illegalem Terrain, muss ständig fürchten, dass Polizei in der Nähe ist und sollte immer ein paar Scheine fürs fällige Bußgeld dabeihaben. Was also tun? „Wundervolles Gefühl“: Im Norden muss man ja zusammenhalten, und unsere nordischen Freunde in Island haben nicht nur Vulkane mit lustigen Namen, sondern auch eine gute Idee: Bäume umarmen! Die staatliche Forstverwaltung empfiehlt Menschen, denen Nähe fehlt, Trost im Wald zu suchen. Ein Oberförster regt an, dabei die Augen zu schließen, das gebe ein „wundervolles Gefühl der Entspannung“. Allerdings sollte man tiefer in den Wald gehen, damit nicht ein vielfach umarmter Baum selbst zur Corona-Infektionsquelle wird. Fest zudrücken: Uns Deutschen wird ja seit jeher ein sehr romantisches Verhältnis zum Wald nachgesagt. Wir könnten also mal ins Lauerholz oder den Segeberger Forst fahren, mit derbem Schuhwerk tief ins Unterholz vordringen und einen garantiert unumarmten Baum aussuchen. Dann die Arme um ihn legen, die Augen schließen und fest zudrücken, bis sich dieses wundervolle Gefühl einstellt. Wenn es knackt, könnten dabei noch einige Borkenkäfer zerdrückt worden sein. Der Baum fände das sicherlich schön. Für ihn wäre so das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden. Von Christian Risch

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