Räumen und Streuen im Winter: Das sind die Rechte und Pflichten

Grundstückseigentümer und Vermieter blicken besorgt auf die Wetteraussichten. Oft ist es ihre Aufgabe, Schnee und Eis zu beseitigen. Gerade für ältere Menschen können rutschige Wege gefährlich werden. Aber auch Mieter können in der Räum-Pflicht stehen. Das muss allerdings explizit im Mietvertrag festgehalten sein, informiert der Landesverband Schleswig-Holstein des Deutschen Mieterbundes. Es gebe auch keine generelle Regelung, wonach immer die Erdgeschoss-Parteien zum Räumen und Streuen herangezogen werden. Hat der Vermieter die Verpflichtung zum Schneeschippen abgegeben, muss er deren Einhaltung dennoch kontrollieren. Wenn doch etwas passiert, haftet er womöglich dafür. Bis wann muss geräumt und gestreut sein? Die meisten Vorgaben zum Räumen und Streuen sind laut Mieterbund in der kommunalen Satzung vorgegeben und von Ort zu Ort unterschiedlich. Ein paar Rahmenrichtlinien gibt es jedoch. So muss der Winterdienst werktags meist von 7 bis 20 Uhr geleistet werden, an Sonn- und Feiertagen ab 8 oder 9 Uhr. In Lübeck und Kiel müssen die Arbeiten wochentags bis spätestens 8 Uhr erledigt sein. Was muss von Schnee und Eis befreit werden? Gefegt und gestreut werden müssen laut Mieterbund Schleswig-Holstein der Hauseingang und der Bürgersteig sowie Wege zu Mülltonnen und Garagen. Die Gehwege vor dem Haus müssen mit einer Mindestbreite von einem bis anderthalb Meter vom Schnee befreit werden, so dass Passanten aneinander vorbeigehen können. Auf Hauptverkehrs- und Geschäftsstraßen muss ein mindestens eineinhalb Meter breiter Streifen geräumt werden, auf Wegen zu Mülltonnen oder Garagen reicht eine Mindestbreite von einem halben Meter. „Verkehrssicherungspflicht“ lautet das Stichwort. Welche Besonderheiten gelten in Lübeck? In Lübeck müssen auch begehbare Seitenstreifen in Straßen ohne ausgebaute Gehwege sowie die Fahrbahnen von verkehrsberuhigten Bereichen (Zeichen 325 StVO), Fußgängerüberwege an Kreuzungen und Einmündungen – soweit die Schnee- und Glättebeseitigung vom Gehweg aus erledigt werden kann – und Bushaltestellen, die auf Gehwegen eingerichtet sind, geräumt werden. Fußgängerzonen sind von der Winterdienstpflicht ausgeschlossen. Auch Hydranten und Gullys sollten freigehalten werden. Lesen Sie auch Schleswig-Holstein: Meteorologen warnen vor Schneesturm am Wochenende Wintervergnügen im Schnee: Wo kann man in Lübeck noch Schlitten kaufen? Was passiert bei Dauerschneefall? Bei Glatteisbildung besteht sofortige Streupflicht. Je nach Wetterlage müssen die Verantwortlichen gegebenenfalls auch mehrmals täglich nach draußen. „Wenn es aber anhaltend schneit, müssen Vermieter oder Mieter nicht stundenlang in der Kälte warten und permanent räumen“, klärt Hans-Henning Kujath, Verbandsdirektor bei Haus & Grund Schleswig-Holstein auf. Im Streitfall muss laut Mieterbund jedoch der Streupflichtige den Nachweis erbringen, dass das Räumen sinnlos gewesen wäre. Kann ich mich von der Räumpflicht befreien lassen? Wenn der Winterdienst Aufgabe des Mieters ist, muss er sich um eine Vertretung bemühen, wenn er dieser Pflicht aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen nicht nachkommen kann. Wer gar nicht in der Lage ist, kann sich befreien lassen. Welche Regelung gilt für Mehrfamilienhäuser? In Mehrfamilienhäusern müssen die Mieter in der Regel abwechselnd fegen und streuen, die Ausstattung dafür muss der Vermieter stellen. Auch Mieter können jedoch einen professionellen Service beauftragen. „Wenn man als Mieter verpflichtet ist, muss man raus, ob man Lust hat, oder nicht“, bekräftigt Ann Sophie Mainitz, Geschäftsführerin des Kieler Mietervereins. „Stellen Sie sich vor, eine ältere Dame geht mit dem Rollator vor die Tür, stürzt wegen der Glätte und bricht sich den Arm.“ Dann würde zurecht gefragt, warum nicht ausreichend gestreut und geräumt wurde. „Ob man wirklich die 20 Euro im Jahr für den Winterdienst sparen will, sollte man sich gut überlegen, auch wenn es bei uns im Norden nicht so häufig schneit.“ Aus eben diesem Grund habe man keine so gut geölte Maschinerie wie andere Gegenden. „Dort gibt es meist ein anderen Kontingent an Mitarbeitern.“ Auf diesen Aspekt weist auch Kujath hin. Es gebe viele Firmen, die Winterdienst anböten. „Aber oft sind die dann für den seltenen Fall großer Schneemengen gar nicht ausgerüstet.“ Schon gar nicht jetzt zur Zeit von Corona. Kann ich bestraft werden, wenn ich der Räumpflicht nicht nachkomme? Wer die Räum- und Streupflicht vernachlässigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann in Schleswig-Holstein dafür ein Bußgeld von bis zu 511 Euro bekommen. Kommt es zu einem Unfall, muss der Eigentümer mit Schadenersatz- oder Schmerzensgeldforderungen rechnen. Außerdem können sich strafrechtliche Folgen wegen fahrlässiger Körperverletzung ergeben. „Aber auch Passanten haben die Pflicht, sich vorzusehen und sich den Wetterverhältnissen anzupassen“, betont Kujath. Andernfalls kann ihnen im Ernstfall ein Mitverschulden angerechnet werden. Womit sollte man am besten streuen? Laut Ann Sophie Mainitz sind Auftaubeschleuniger wie Salz wegen des Umweltaspektes in vielen Städten verboten, so auch in Lübeck. Empfohlen wird hingegen abstumpfendes Material wie Sand, Splitt oder Granulat. „Durch Salz wird das Grundwasser verunreinigt“, sagt die Kielerin. Im Corona-Lockdown kann Streugut bei Baumärkten online oder telefonisch bestellt und schon ein paar Stunden später abgeholt werden. Von Nina Gottschalk