SH: Britische Virusmutation verbreitet sich

Die hochansteckende britische Virusmutation B.1.1.7 breitet sich weiter aus. War noch am Wochenende von landesweit 66 Fällen die Rede, die meisten davon in Flensburg, sind es Stand Donnerstag nach Angaben des Kieler Gesundheitsministeriums schon 188. Auch in Lübeck gibt es vier Verdachtsfälle. Weitere Nachweise sind in Ostholstein und Stormarn bekannt, in Nordwestmecklenburg sind es inzwischen 17. Labors suchen nach Mutationen: „Wir haben täglich eine ansteigende Tendenz“, informiert der Lübecker Corona-Test-Laborleiter Andreas Bobrowski. Jeder positive Corona-PCR-Test werde derzeit auf Mutationen untersucht, wobei mittels eines Screenings binnen ein bis zwei Stunden ein gemeinsamer Grundtyp der britischen, südafrikanischen und brasilianischen Variante feststellbar sei. Das ermögliche eine zeitnahe Information der zuständigen Gesundheitsämter, die rasch reagieren müssten. Welche der drei Mutationen genau vorliege, könne später eine Sequenzierung klären. Dazu würden fünf Prozent der positiven Tests zur Berliner Charité oder dem Robert-Koch-Institut (RKI) geschickt, was ein bis zwei Wochen dauere. Bobrowski: „Meistens wird die britische Mutation nachgewiesen.“ Starke Verbreitung der Mutation in Dänemark: In den Labors in Geesthacht und Kiel verfahren die Tester ähnlich. „Wir hatten am Sonntag 81 positive Tests, davon zwölf Mutanten“, sagt Thomas Lorentz, Ärztlicher Leiter und Geschäftsführer des Kieler Labors Dr. Krause. Die meisten stammten aus Flensburg. Lorentz führt das auf die Nähe zu Dänemark zurück, wo die britische Mutation besonders häufig ist. Er nimmt an, dass die vielen dänischen Pendler bei der Verbreitung eine Rolle spielen. „In Süd-Dänemark wiesen in der ersten Kalenderwoche noch 5,7 Prozent der positiven Tests die Mutation auf, inzwischen sind es 15,8 Prozent.“ „Die Lage ist nach wie vor angespannt“, urteilt Flensburgs Stadtsprecher Clemens Teschendorf. Aktuell seien 146 der 449 aktiven Infektionen auf die britische Virusmutation zurückzuführen, zehn Fälle mehr als noch zwei Tage zuvor. Dabei habe Flensburg noch zum Jahresende sehr niedrige Zahlen gehabt. „Das ist eine Entwicklung, die uns sehr nachdenklich stimmt.“ Ministerium: Strengere Maßnahmen gegen Corona: Berichte über eine effizientere Übertragung und vermehrte Virulenz des Erregers seien ernst zu nehmen, sagte der Lübecker Infektionsmediziner Prof. Dr. Jan Rupp. Die zuletzt nachgewiesenen Fälle zeigten, dass das neue Virus trotz insgesamt rückläufiger Infektionszahlen schon länger in bestimmten Gebieten vorhanden gewesen sei, nämlich seit etwa zwei bis drei Wochen. Das heiße aber nicht, dass das Virus von Landkreis zu Landkreis springe und sich unkontrolliert ausbreite. Lesen Sie auch Corona in Schleswig-Holstein und Lübeck: Aktuelle Zahlen am 04.02.2021 Schweden: Corona-Test Pflicht bei Einreise - Hier gibt es Schnelltests Mutierte Corona-Variante: Dänemärk will sämtliche Nerze im Land töten Das Landes-Gesundheitsministerium beobachte die Ausbreitung der neuen Variante und deren Auswirkungen sehr genau und nehme diese sehr ernst, teilt Sprecher Max Keldenich mit. „Das aktuelle Infektionsgeschehen in Schleswig-Holstein ist weiterhin auf erhöhtem Niveau, zum Teil zeigt sich eine schnelle Ausbreitungsgeschwindigkeit.“ Ob der Lockdown verlängert werden müsse, lasse sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Die allgemeinen Schutzmaßnahmen seien aber bereits erhöht und an das Vorkommen der neuen Variante angepasst worden. So seien die Gesundheitsämter angewiesen, nicht nur die Infizierten, sondern auch enge Kontaktpersonen generell für 14 Tage in Quarantäne zu schicken, ohne dass die Möglichkeit bestehe, diese vorzeitig zu beenden. Das gelte auch bei Symptomfreiheit. Von Marcus Stöcklin