SH: Corona Schnelltests für alle? Wo kriegt man sie? Die wichtigsten Fragen

Corona-Schnelltests für alle: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Corona-Teststrategie in Deutschland erweitern. Ab dem 1. März soll jeder Bürger ein Anrecht auf kostenlose Corona-Schnelltests bekommen. Diese seien mittlerweile ausreichend am Markt verfügbar. Mindestens 25 Antigen-Schnelltests verschiedener Hersteller zum Nachweis von Sars-CoV2 sind nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte auf dem Markt. Wie funktioniert so ein Antigen-Schnelltest? Eine Probe aus dem hinteren Nasenrachenraum wird zunächst in eine Lösung und dann in eine Testkassette gegeben. Dafür ist bisher medizinisch geschultes Personal nötig. Anders ist es bei den sogenannten Laientests, bei denen ein Abstrich aus dem vorderen Nasen- oder Rachenbereich entnommen werden kann. Diese Antigentests stehen aber erst kurz vor der Zulassung. Mitte bis Ende März könnte es so weit sein. Im Gespräch ist, sie gegen einen „geringen Eigenanteil“ von einem Euro abzugeben. Wie schnell hat man nach dem Corona-Test das Ergebnis? Nach 15 bis 30 Minuten ist das Testergebnis der Antigen-Schnelltest sichtbar – meist anhand eines Streifens, ähnlich wie bei einem Schwangerschaftstest. Wo sind diese Schnelltests erhältlich? Die Schnelltests sind nicht frei verkäuflich. Sie werden nur an Kliniken, Pflegeheime und Testzentren abgegeben. Die Laientests – bisher noch ohne Zulassung – sollen frei verkäuflich und nicht apothekenpflichtig sein. PCR-Tests gelten bisher als das beste und zuverlässigste Verfahren, um eine akute Infektion festzustellen. Dabei wird das Erbgut des Coronavirus Sars-CoV-2 nachgewiesen. Für den Abstrich ist Material aus dem Mund-, Nasen- oder Rachenraum erforderlich, da sich das Virus dort vermehrt. Antigen-Testsweisen hingegen Antigene nach. Auch dabei ist ein Abstrich erforderlich. Ist das Virus in der Probe enthalten, reagieren dessen Eiweißbestandteile mit dem Teststreifen, auf dem eine Verfärbung sichtbar wird. Antikörper-Tests erfassen nicht das Coronavirus selbst, sondern die Reaktion des Immunsystems auf den Erreger. Sind Antikörper im Blut, können sie durch eine Farbreaktion auf einer präparierten Testoberfläche nachgewiesen werden. Wie zuverlässig sind die Corona-Schnelltests? Die Antigen-Schnelltests, für die ein Abstrich aus dem hinteren Nasenrachenraum erforderlich ist, gelten als recht zuverlässig – wenn sie korrekt angewendet werden. Das Paul-Ehrlich-Institut prüft und bewertet die Tests im Labor. „Die Sensitivität ist deutlich niedriger als bei den PCR-Testungen“, warnt Helmut Fickenscher, Leiter des Instituts für Infektionsmedizin der Universität Kiel. Laut Robert Koch-Institut (RKI) muss ein positives Ergebnis eines Schnelltests daher mit einem PCR-Test bestätigt werden. Wie oft müsste man getestet werden? Das steht noch nicht fest, Studien gibt es noch nicht. Lehrer und Erzieher, die an den Grundschulen und Kitas in Schleswig-Holstein am kommenden Montag in den Regelbetrieb starten, sollen zwei Mal pro Woche getestet werden. Wer soll die Tests vornehmen? Die Leistung kann von Testzentren, niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten sowie Apothekern übernommen werden. So haben sich von den 620 Apotheken in Schleswig-Holstein bisher rund 200 bereit erklärt, Erzieher und Lehrer zu testen. Das könnte auch die Krankenhäuser entlasten. Wie realistisch ist es, alle Bürger regelmäßig auf Corona testen zu lassen? Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) findet den Vorstoß von Jens Spahn grundsätzlich gut. Er stelle aber die Länder vor eine riesige Herausforderung, sagte er im NDR. So könnten Praxen und Apotheken schnell von dem Andrang überfordert sein. Schleswig-Holstein werde alles dafür tun, damit diese Tests gemacht werden können. Das werde aber eine „sportliche Aufgabe“. Was ist so schwierig daran, die Tests zu organisieren? Solange der Abstrich im tiefen Nasen-Rachenraum genommen werden muss, ist nach Ansicht von Experten medizinisch geschultes Personal erforderlich. Anders sähe es aus, wenn es auch in Deutschland zugelassene Antigentests zur Selbstanwendung gebe. Dabei kann der Abstrich aus dem vorderen Nasenbereich genommen werden. Bei einem negativen Ergebnis könnte – in Kombination mit Hygieneregeln – schnell wieder ein normales Leben möglich sein. Können die Massen-Testungen tatsächlich helfen, die Pandemie im Zaum zu halten? Helmut Fickenscher, Leiter des Instituts für Infektionsmedizin der Universität Kiel, ist skeptisch. So könnten falsch negative Ergebnisse eine falsche Sicherheit vorgaukeln; falsch positive Ergebnisse beispielsweise zu Schulschließungen führen. Er sagt: „Die Konzentration auf Menschen mit Symptomen und die Kontaktnachverfolgung hat sich bewährt.“ Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, warnt der Präsident der Apothekerkammer SH, Dr. Kai Christiansen. „Der Test ist kein Freifahrtschein. Ein negatives Ergebnis bedeutet nicht, dass man ohne Maske Partys feiern kann“, sagt er. Ähnlich äußert sich Gesundheitsminister Heiner Garg. „Wenn es Lücken in den Hygienekonzepten gibt, haben vor allem die Virusvarianten eine Chance, sich zu verbreiten. Sie verzeihen Lücken im Hygienekonzept viel weniger als die ursprüngliche Variante, weil sie eine deutlich höhere Infektiosität aufweisen.“ Flächendeckende Antigen-Schnelltests könnten allerdings die Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie ergänzen. Lesen Sie auch Corona-Schnelltest: Was unterscheidet ihn vom PCR-Nachweis? Corona-Schnelltest für Zuhause: Wie funktioniert das und wo gibt es sie zu kaufen? Wo bekomme ich in Schleswig-Holstein einen Corona-Schnelltest? Werden solche breit angelegten Antigen-Schnelltests bereits in anderen Ländern gemacht? Ja, zum Beispiel in Österreich. Dort werden Schulkinder zwei Mal die Woche mit Laien-Tests auf das Coronavirus getestet. Eltern, die das nicht zulassen, müssen ihre Kinder weiter zu Hause, also im Distanzunterricht lernen lassen. Nach Auskunft des dortigen Bildungsministers liegt die Zuverlässigkeit der Tests bei 40 Prozent. Von Julia Paulat