SH: Erleichterung über Corona-Beschlüsse, aber nicht bei allen

Sie sind die Gewinner des schleswig-holsteinischen Sonderwegs, der bei den Corona-Beschränkungen eingeschlagen wird: Tierparks, Massagepraxen, Nagelstudios und andere „körpernahe Dienstleister“ dürfen ihre Geschäfte in Schleswig-Holstein ab Montag, 30. November, wieder öffnen. Endlich wieder Einnahmen: „Ich bin sehr froh, dass ich wieder aufmachen darf“, sagt Christine Chuchra, Inhaberin von Tines Fingernagel-Studio in Lübeck-Kücknitz. Schon lange habe sie durch die Zwangsschließung keine Einnahmen mehr gehabt. „Und wenn ich keine Einnahmen habe, kann ich auch meine Rechnungen nicht bezahlen.“ Für den November habe es auch noch keine Entschädigung gegeben. „Wie andere Branchen hängen wir komplett in den Seilen.“ Gott sei Dank habe sie keine Mitarbeiter. Sie werde am Montag wieder öffnen. Ziegenanlage modernisiert: Auch bei den Tierparks ist die Erleichterung groß. „Also machen wir wieder auf, wie es aussieht“ – Ingo Wilhelm, Betreiber des Zoos Arche Noah in Grömitz, ist die Freude anzumerken. „Das ist schön, wir freuen uns auch, dass unsere Jahreskarteninhaber wieder kommen können.“ Der November sei allerdings sowieso immer ein Monat gewesen, in dem wenig Besucher kamen. „Das wäre dann nach Weihnachten wieder losgegangen, wenn die Urlauber und Zweitwohnungsbesitzer wieder hier sind, aber das wird dieses Mal wohl auch ausfallen“, sagt Wilhelm. Er nutze die Zeit, um die Ziegenanlage zu modernisieren. „Die bekommen neue Ställe. Da sind wir mittendrin.“ Danach werde die neue Seehundanlage begonnen. Gehege weihnachtlich geschmückt: Wolf-Gunthram von Schenck, Geschäftsführer des Wildparks Eekholt, lobt die Weitsicht der Landesregierung. „Viele Besucher haben schon angerufen.“ Der Wildpark habe viele Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass Menschen Abstand halten könnten. „Wir sind bereit. Als erstes wird noch weiter aufgeräumt und alles richtig schön weihnachtlich geschmückt.“ Läden mit wenig Kunden: Freuen dürfen sich auch Ladeninhaber – Geschäfte bis 800 Quadratmeter dürfen weiterhin eine Person pro zehn Quadratmeter einlassen, in anderen Ländern ist es ab sofort nur noch ein Kunde pro 20 Quadratmeter. Frank Schaddach, der in Lübeck den Nahkauf-Supermarkt betreibt, lässt ohnehin nur 25 Personen auf einmal ein. „Ich fände es am schönsten, wenn das bundeseinheitlich geregelt wäre“, sagt er. Notfalls müssten dann eben Kunden draußen warten. „Die meisten akzeptieren, dass es Einschränkungen gibt.“ „Es kommen sowieso kaum Kunden“, bedauert Hartmut Prahl vom Antikhandel Nord in Bad Schwartau. „Es ist erschreckend.“ Seine Geschäfte mache er überwiegend online. Kein Verständnis für Auftrittsverbot: Keine guten Neuigkeiten gibt es für Gastronomen, Fitnessstudios, Veranstalter und Künstler. Zur letzten Gruppe gehört der Lübecker Live-Pianist Nikolai Juretzka. „Gerade sind für die nächsten Wochen alle Termine abgesagt worden“, berichtet er. „Das führt bei mir zu großen Verlusten, die in keiner Form ausgeglichen werden.“ Er habe zwei Berufe. „Da bekomme ich für die ausgefallenen Auftritte keine Entschädigung.“ Verstehen könne er das Auftrittsverbot nicht ganz. „Es gibt doch Hygienekonzepte und Abstandsregeln. Wieso geht das bei uns damit nicht auch?“ Fitness stärkt Immunsystem: Im Lübecker Fitnessstudio Fit in Form erledigt Inhaberin Gesa Jörgensen derzeit nur noch Büroarbeit. Vier ihrer sechs Mitarbeiter seien in Kurzarbeit. Auch sie ist nicht überzeugt von den Gründen, ihre Arbeit zu verbieten. „Sport stärkt das Immunsystem. Gerade jetzt im Winter ist es nach Feierabend kaum anderswo möglich, aktiv zu werden als im Fitnessstudio. Wieso den Leuten das rauben?“ Auch sie sagt; „Wir sind in der Lage, darauf zu achten, das alles hygienisch abläuft.“ Wirt fehlt abendliche Atmosphäre: In der Gastronomie haben viele sich mit dem Lockdown abgefunden. „Wir sind etwas angstloser als beim ersten Mal im März“, sagt Jens Bauermeister vom Restaurant Amo in Lübeck. „Auch wegen der Entschädigung, die gezahlt wird.“ Er und seine vier Mitarbeiter würden nun Außer-Haus-Verkauf anbieten. „Die Kunden haben sich das gewünscht und wir haben Spaß dabei.“ Die Gäste im Lokal und die schöne, abendliche Atmosphäre vermisse er aber schon. Durch die Entschädigung, die auch im Dezember gezahlt werde, sei die Situation im Großen und Ganzen „betriebswirtschaftlich ausgeglichen“, bestätigt Stefan Scholtis, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Schleswig-Holstein. „Klar würden die Lokale gerne aufmachen, auch wegen der Weihnachtsfeiern, die jetzt wegfallen. Aber die Situation gibt es nicht her. Die Corona-Zahlen sprechen ihre eigene Sprache.“ Lesen Sie auch: Corona-Regeln auf einen Blick : Das gilt jetzt in Schleswig-Holstein Wildpark Eekholt zählt zu den fünf besten Zoos in Deutschland Corona in Schleswig-Holstein und Lübeck: Aktuelle Zahlen am 25.11.2020 Von Marcus Stöcklin, Heike Hiltrop