SH: Werden viele Solar- und Windkraftanlagen abgeschaltet?

„Die Bezahlung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fällt nun für einige weg“, erklärt Detlef Matthiesen, Energiewendebotschafter des Landesverbandes Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (LEE.SH). Betroffen sind nicht nur die ersten Betreiber von Photovoltaik-Anlagen, sondern auch Windkraft-Pioniere. Nach Auskunft des LEE.SH fallen 600 Windkraft-Anlagen zu Beginn des nächsten Jahres aus der EEG-Vergütung raus. Das Gesetz aus dem Jahr 2000 garantierte Anlagenbetreibern zwanzig Jahre lang eine feste Vergütung für den Strom, den sie ins Netz einspeisen – eine Art Investitionsförderprogramm. Alte Anlagen können weiterbetrieben werden: Danach müssen sich die Betreiber selbst etwas einfallen lassen. „Selbstverständlich kann jeder seine Photovoltaik-Anlage weiterbetreiben – mit der Möglichkeit, den erzeugten Strom selbst zu vermarkten“, erklärt Julia Marre, Sprecherin des Umwelt- und Energiewendeministeriums in Kiel. Auf Initiative Schleswig-Holsteins sei Anfang Juli im Bundesrat beschlossen worden, mit der EEG-Novelle die Verfahren zu vereinfachen. „Die Rahmenbedingungen für die Eigen- und Direktstromnutzung müssen attraktiver ausgestaltet werden, bis eine echte Reform bei der Grünstromvermarktung erfolgt ist“, heißt es in dem Beschluss. Anlagenbetreiber können Strom an der Börse verkaufen: Denn in der Branche gilt es als heikel, den Strom auf dem freien Markt zu verkaufen, weil der Preis börsenabhängig ist. „Man sollte sich einen Vermarkter suchen“, rät Reinhard Christiansen, Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien SH (LEE.SH). Auch müssen die Betreiber ihre Anlagen offenbar nachrüsten – etwa durch den Einbau eines Zählers, der die Einspeisung ins Netz im Viertelstundentakt erfasst. Christiansen rechnet damit, dass viele Anlagen stillgelegt werden. Der Verband fordert daher eine Anschluss-EEG-Vergütung, beispielsweise für fünf Jahre. „Der Gesetzgeber sollte überlegen, ob die Betreiber weiter eine feste Vergütung bekommen. „Die Preise müssen schon vernünftig sein.“ Das wäre das Beste, wenn man den Klimaschutz ernst nimmt.“ Sonst würden ab Januar mehr Anlagen abgebaut als errichtet werden. Den Erneuerbaren Energien droht deshalb Stagnation oder gar Rückgang. Photovoltaik-Paneele halten „sehr, sehr lange“: Matthiesen, der bis 2017 für die Grünen im Landtag saß, gehört zu den Solarpionieren. Er hat auf seinem Haus im nördlichen Schleswig-Holstein eine kleine 2-kW-Anlage installiert. Es sei in Ordnung, dass die EEG-Vergütung auslaufe, sagt er. „Aber es ist wichtig, dass die Altanlagen auch künftig ihren Beitrag dazu leisten können, erneuerbaren Strom zu erzeugen, den wir ja dringend brauchen.“ Die Photovoltaik-Paneele hielten „sehr, sehr lange“. Er überlegt jetzt, seinen Solarstrom selbst zu verbrauchen. „Ich würde mir eine Batterie kaufen und laden. Der Aufwand, selbst am Markt tätig zu werden, wäre mir zu groß.“ Bundesweit 18 000 Solaranlagen betroffen: Bis Ende des Jahres fallen bundesweit gut 18 000 Solaranlagen aus der EEG-Förderung. Bis Ende 2025 sind es insgesamt 176 600. Zusammen kommen sie laut Umweltbundesamt auf eine Leistung von fast zwei Gigawatt, die für die Energiewende fehlen würden. Das entspricht drei mittelgroßen Kohlekraftwerksblöcken. Nach Angaben der Schleswig-Holstein Netz AG in Quickborn sind im nördlichsten Bundesland derzeit 130 Photovoltaik-Anlagen mit Inbetriebnahmedatum in oder vor dem Jahr 2000 noch in Betrieb. Lesen Sie auch Politiker liebäugeln mit Solar-Projekt Strom vom Balkon - Mini-Solarmodule sind nun erlaubt So wollen SH und Hamburg den Stillstand bei der Energiewende überwinden Von Julia Paulat