Schleswig-Holstein: Tierschützer warnen vor Welpen-Handel im Internet

Das Internet ist voll davon: Auf verschiedenen Portalen werden Tierbabys angeboten. Mit ansprechenden Texten und noch ansprechenderen Fotos. „Reizende Welpen abzugeben“, heißt es da, oder „Süße Knautschnasen suchen ein neues Zuhause“. Nach Analysen der Tierschutzstiftung „Vier Pfoten“ nimmt der Tier-Handel im Internet kontinuierlich zu. Zwar waren die Inserate für Hunde auf Online-Plattformen während des Corona-Lockdowns, bei dem auch die Grenzen geschlossen waren, um 24,18 Prozent zurückgegangen, die Anzeigen für Welpenverkäufe sanken sogar um durchschnittlich 67 Prozent. Doch mit den ersten Lockerungen zeichnete sich erneut ein Anstieg bei den Hunde-Verkaufsanzeigen ab. Zwischen Ende Juni und Mitte August registrierte die Tierschutzorganisation eine Verdopplung der Welpenanzeigen. „Der Zusammenhang zwischen Online-Anzeigen und dem illegalen Welpenhandel ist offensichtlich“, sagt Daniela Schneider von „Vier Pfoten“. Vor allem beliebte Trendrassen wie Französische Bulldoggen würden vermehrt inseriert. Die Zahl der Kleinanzeigen sei dort um 91 Prozent gestiegen. Verkäuferin bei Welpen-Übergabe gefasst: In Glinde (Kreis Stormarn) konnte in der vergangenen Woche eine Verkäuferin bei der Übergabe eines Welpen gefasst werden. Die Frau soll für einen Hamburger Hundehändler agiert haben, der auch im Kreis Segeberg aktiv ist. Nach Angaben von Tierschützern würden derzeit täglich fünf bis acht Welpen allein im Großraum Hamburg verkauft. Die Tiere sind oftmals krank, viele überleben im neuen Zuhause nicht. Nach Auskunft der Stiftung „Vier Pfoten“ sind viele Welpen mit Parvovirose, einer hoch ansteckenden und akut verlaufenden Krankheit infiziert. „Das ist gerade für junge Hunde lebensbedrohlich, wenn nicht rechtzeitig und intensiv behandelt wird“, sagt Daniela Schneider. In Deutschland wird die Impfung gegen das Parvo-Virus empfohlen. Fehlende Impfungen, gefälschtes Geburtsdatum: „Manche Welpen haben ein gefälschtes Geburtsdatum, auch fehlen Impfungen“, berichtet Stefanie Schmidtke, stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes praktizierender Tierärzte Schleswig-Holstein, aus ihrer Praxis in Schacht-Audorf. Grundsätzlich dürfen Tiere erst im Alter von 15 Wochen über die Grenze gebracht werden, betont sie. Die verpflichtende Tollwut-Impfung sei erst ab der zwölften Lebenswoche möglich, ihre Wirkung setze dann drei Wochen später ein. „Darüber herrscht in der Bevölkerung ziemliches Unwissen.“ Denn immer wieder würden Reisende junge Hunde vom Balkan oder aus der Türkei mitbringen. Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht gefordert: Der Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) versucht, Aufklärung zu leisten. „Wir appellieren dringend, Tiere nicht online zu kaufen“, sagt bpt-Vizepräsidentin Petra Sindern aus dem niedersächsischen Neu Wulmstorf. Denn im Netz könnten sich dubiose Verkäufer anonym bewegen. „Wir fordern eine Kennzeichnungs und Registrierungspflicht für alle Hunde zunächst auf deren Verkäufer und später auf deren neue Halter.“ Wer sich etwa einen Hund zulegen wolle, solle zunächst das Gespräch mit dem Tierarzt suchen. Wichtig sei es auch, sich bei Welpen die Elterntiere zeigen zu lassen. „Es muss zurückverfolgbar sein, wo der Hund herkommt und wer der Anbieter ist“, sagt auch Daniela Schneider von „Vier Pfoten“. Die Organisation fordert die Bundesregierung auf, den Online-Handel mit Tieren endlich sicherer zu machen. Nötig sei eine bundeseinheitliche Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht, wie es sie in einigen Bundesländern bereits gibt. Nicht so in Schleswig-Holstein: Hier besteht zwar die Pflicht, den Hund zu chippen, man muss ihn aber nicht in einer Datenbank registrieren lassen. Land will Missstände im Online-Handel bekämpfen: Dabei sieht Schleswig-Holstein die Probleme beim Online-Tierhandel durchaus. Zusammen mit Rheinland-Pfalz hatte das Land durchsetzen wollen, dass Onlineportale verpflichtet werden, auch von nicht gewerblichen Anbietern von Tieren eine Registrierung einzufordern. „Die Bundesregierung hat dazu im Januar 2020 Stellung genommen und sieht im Onlinehandel an sich keinen Verstoß gegen das Tierschutz-Gesetz“, berichtet Joschka Touré, Sprecher im Umweltministerium in Kiel. Dennoch werde man sich weiter dafür einsetzen, um Missstände beim Online-Handel zu bekämpfen. Die Landespolizei rät, beim Welpen-Kauf nur auf seriöse Züchter zu vertrauen. Zudem sollte der Käufer auf einem schriftlichen Vertrag bestehen, der eine Gewährleistung ermöglicht. „Nur so kann sichergestellt werden, dass das Tier tierschutzgesetzkonform aufgezogen und gehalten wurde“, sagt Dennis Schneider vom Landespolizeiamt. Lesen Sie auch Illegalen Handel mit Welpen blüht elpen starben nach einer Woche: Skrupellose Hundehändler bei Ebay Tierschützer warnen vor Welpenkäufen im Internet Kranke Hundewelpen über das Internet verkauft Von Julia Paulat