Schleswig-Holstein öffnet Geschäfte am Montag wieder

Jetzt steht es endgültig fest: Die Einzelhandelsgeschäfte in Schleswig-Holstein dürfen ab Montag, 8. März, wieder öffnen. Das hat CDU-Ministerpräsident Daniel Günther am Donnerstag im Landtag angekündigt. Für Läden bis 800 Quadratmeter ist ein Kunde pro zehn Quadratmeter erlaubt, für größere Läden ein Kunde pro 20 Quadratmeter. Inzidenz unter 50 macht Öffnungen möglich: Die niedrige Inzidenz im Norden von einigen Punkten unter 50 mache das verantwortbar, sagte Günther. Am Mittwochabend lag sie bei 47,7. „Ich habe großes Vertrauen in die, die am Montag wieder loslegen.“ Selbst wenn die Inzidenz wieder über 50 steigen sollte, aber noch unter 100 liegt, sollen die Geschäfte demnach geöffnet bleiben. Dann sei allerdings eine Kontaktverfolgung vorgeschrieben. Lesen Sie auch Astrazeneca: Wer sich in Schleswig-Holstein ab Dienstag damit impfen lassen kann Corona Schnelltests für alle: Wie funktioniert das in Schleswig-Holstein? Corona: Wie hoch sind die Inzidenzwerte in Schleswig-Holstein? Das heißt: Kunden müssen sich vorab online oder per Telefon einen Einkaufstermin holen, das sogenannte „Click and Meet“. „Wir werden uns dazu immer am Ende der Woche über die Inzidenz-Zahlen beugen“, sagte Günther. Entscheidend für die Lockerungen soll die Landesinzidenz sein. Kreise mit besonders hohen Coronazahlen können Lockerungen auch wieder aussetzen. Auch Museen, Galerien und Fahrschulen dürfen wieder öffnen: Die Öffnungs-Regelung „gilt auch für Museen, Galerien und Gedenkstätten“, kündigte Günther an. Auch sie dürfen also ab dem 8. März wieder für Besucher öffnen. Außerdem wolle man kontaktlosen Sport in kleinen Gruppen wieder ermöglichen. Zudem dürfen zum Beispiel auch Massagepraxen, Sonnen- und Tattoostudios wieder öffnen und Fahrschulen ihren Betrieb wieder aufnehmen. Voraussetzung für Behandlungen, bei denen nicht dauerhaft eine Maske getragen werden kann, soll ein tagesaktueller negativer Coronatest der Kunden sein. Das Personal müsse rechtzeitig getestet werden. Bleibt die Inzidenz in Schleswig-Holstein unter der Marke von 50, soll es auch Erleichterungen für den Sport geben, hat die Landesregierung beschlossen. So dürfen Sportgruppen mit bis zu 20 Kindern ab Montag, 8. März, „im Rahmen des organisierten Vereinssports draußen trainieren“, heißt es. Gruppen mit bis zu zehn Personen können wieder Sport im Außenbereich treiben, ohne dass ein Verein organisatorisch dahinter steht. Am 22. März soll auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin zudem über weitere Erleichterungen für den Sport bei sinkenden Inzidenzen gesprochen werden. Die Details zu allen diesen Regelungen werden in einer neuen Corona-Verordnung geregelt, die das Kabinett am Sonnabend beschließen und veröffentlichen will. Das sei zwar zeitlich sehr knapp vor den Öffnungen. Eine so wichtige Regelung dürfe aber auch nicht mit heißer Nadel gestrickt werden, sagte der Ministerpräsident. Über weitere Schulöffnungen werde man in der kommenden Woche beraten, kündigte Günther an. Familienarbeit in Gruppen von höchstens zehn Personen soll ab dem 8. März wieder ermöglicht werden. Dann sind auch Kinder und Jugendtreffen in festen 10er-Gruppen wieder erlaubt. Musikschulen dürfen wieder Einzelunterricht anbieten. Tourismusbranche ist enttäuscht: Die Enttäuschung der Tourismusbranche über die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz vom letzten Mittwoch könne er verstehen. „Ich weiß, dass sich Gastronomie und Hotelbetriebe mehr versprochen haben“, sagte der Regierungschef. Immerhin habe man aber dafür sorgen können, dass es keine Absage der Osterreisen geben werde. Am 22. März wollen Ministerpräsidenten und Kanzlerin nun über konkrete Öffnungsschritte für die Branche in den Osterferien reden. Die Hotels und Restaurants würden schließlich hohe Corona-Sicherheitsstandards erfüllen und seien gut auf eine Öffnung unter Pandemiebedingungen vorbereitet. „Es gibt kaum einen Bereich, der so sicher und gut organisiert ist wie die Gastronomie.“ Die Außengastronomie öffnet am 22. März: Eine Perspektive gebe es aber schon für die Außengastronomie. Sie soll in Schleswig-Holstein auf jeden Fall am 22. März wieder öffnen, wenn die Inzidenz nicht auf 100 oder mehr steigt, sagte Günther. Dabei wolle man von den Bundesregeln aber abweichen. Die würden vorsehen, dass sich alle Angehörigen zweier Hausstände testen lassen müssen, wenn sie gemeinsam ein Lokal besuchen. Das sei nicht sinnvoll. Träfen sie sich außerhalb des Lokals, wäre das ja auch nicht vorgeschrieben. „Wir werden da eine praktikable Möglichkeit finden“, versprach Günther. Tatsächlich werden ab dem 8. März die Kontaktbeschränkungen deutschlandweit gelockert. Treffen des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt sind dann wieder möglich. Die Personenzahl wird auf höchstens fünf Personen begrenzt. Kinder unter 14 Jahren werden aber nicht mitgezählt. Und: Paare gelten als ein Haushalt, auch wenn sie nicht zusammen wohnen. Sinkt die Inzidenz unter 35, sind sogar Treffen mit bis zu zehn Personen aus drei Haushalten erlaubt. Kritik von der SPD-Opposition: SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner übte Kritik an der Corona-Politik in Bund und Land. Der Perspektivplan komme „ziemlich spät, ist reichlich kompliziert, in Teilen auch widersprüchlich und lässt auch viele Fragen offen.“ Maßvolle Lockerungen halte er jetzt für vertretbar. Schleswig-Holstein müsse sich aber in jeden Fall mit Hamburg abstimmen, mahnte der Sozialdemokrat. „Ob Tourismus oder Einzelhandel, Gaststätten oder Hotels, wir kriegen Riesenprobleme besonders in der Metropolregion, wenn bei wichtigen Fragen des täglichen Lebens auf der einen Seite der Straße etwas anderes gilt als auf der anderen.“ AfD will Gastronomie und Hotels sofort öffnen: Große Bauchschmerzen habe die SPD bei den Ankündigungen zum Tourismus, sagte Stegner. „Daran hängen viele Arbeitsplätze und Existenzen in Schleswig-Holstein.“ Die AfD forderte die sofortige Öffnung der Branche. „Gastronomie und Tourismus brauchen das Ostergeschäft“, sagte deren Abgeordneter Jörg Nobis. Auch der Grüne Lasse Petersdotter hält einheitliche Regeln zumindest in Norddeutschland für wichtig für die Wirksamkeit und Nachvollziehbarkeit der Maßnahmen. FDP-Fraktionschef Christopher Vogt mahnte, die Lage bleibe insgesamt schwierig. Es sei aber Konsens, dass es Entlastungen für verschiedene Lebensbereiche gebe. „Die Menschen brauchen dringend Perspektiven.“ Das Ergebnis der Ministerpräsidentenkonferenz sei Licht und Schatten zugleich. „Es gibt für viele Menschen mehr Hoffnung, für andere aber auch weitere Frustmomente.“ UV-Nord: Betriebsärzte zum Impfen einbinden: Scharfe Kritik kommt vom Präsidenten des Unternehmensverbandes UV-Nord, Uli Wachholtz. Zwar gäbe es in Schleswig-Holstein durch die Öffnungsschritte wieder Perspektiven. Bundesweit werde es absehbar aber zu einem „nicht mehr überblickbaren Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen“ kommen. Zu den Verlierern würden Handel, Gastronomie und Hotellerie, aber auch Kultur und Sport sowie Kinobetreiber gehören. Auch die Reise- und Touristikbranche „wird wohl kaum beflügelt werden“, sagt Wachholtz. Bei der Impfstrategie und beim Testen müsse daher jetzt „Dampf auf den Kessel“. Zu viele andere Staaten „machen uns vor, wie es geht, und das schon viel zu lange“. Auch müsse endlich die Medikamentenforschung besser gefördert werden. Der Einsatz von Hausärzten zum Impfen sei überfällig. Die Wirtschaft biete an, zusätzlich ihre Betriebsärzte einzusetzen. IHK warnt vor den Folgen für die Tourismusbranche: „Für Handel und Dienstleistungen in Schleswig-Holstein gibt es nach den Ankündigungen von Ministerpräsident Daniel Günther im Landtag endlich Perspektiven“, sagt auch Björn Ipsen von der Industrie- und Handelskammer. Enttäuscht sei man aber auch bei der IHK, dass die wichtigen Entscheidungen für Tourismus und Gastronomie erneut vertagt worden seien. Im März und April würden bis zu 14 Prozent des Übernachtungsvolumens in Schleswig-Holstein generiert werden. Das sei durch eine Verlagerung der Reisen in andere Monate kaum auszugleichen. Der DGB fordert Gratis-Tests für Beschäftigte: Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert jetzt mehr Tests für Arbeitnehmer. „Wer weitere Öffnungen will, muss auch für den größtmöglichen Schutz seiner Beschäftigten sorgen“, sagt der Vizechef des DGB-Nord, Ingo Schlüter. Beschäftigten, die in Präsenz arbeiten, müssen daher Gratis-Tests angeboten werden. Die Kosten müsse der Arbeitgeber tragen. Von Wolfram Hammer