Schleswig-Holstein plant Diagnosezentren für schwierige Schüler

Die Vorbereitungen zu dem Pilotprojekt laufen. In dem Zentrum, das jeweils einen Sitz in den Kreisen Plön und Ostholstein hat, sollen Schülerinnen und Schüler untersucht und nach einheitlichen Kriterien beurteilt werden. Bisher, so das Ministerium, sei die Diagnostik immer individuell unterschiedlich gewesen. Die Arbeit dieses Diagnostikzentrums werde von einer Universität aus einem anderen Bundesland wissenschaftlich begleitet. „Die Vorgehensweise soll zu einer Objektivierung der Feststellungsdiagnostik führen, um landesweit Auskunft über Prävalenzraten und somit über die Förderquoten jedes einzelnen sonderpädagogischen Förderschwerpunktes zu geben“, heißt es im Inklusionsbericht der Landesregierung. Bewährt sich das Modell der Diagnosezentren, soll es auf das ganze Bundesland ausgedehnt werden. Die Pläne können aber erst umgesetzt werden, wenn sich die Parteien auf eine Neufassung der Landesverordnung über sonderpädagogische Förderung geeinigt haben. Reaktion auf Vorfälle in Süsel: Das geplante Diagnosezentrum ist eine direkte Folge der Vorkommnisse an der Grundschule Süsel. Dort habe man zu lange gewartet, genauer zu betrachten, was mit den betreffenden Kindern los ist. Darunter hätten alle anderen Kinder an der Schule gelitten. Die Vorfälle hatten Kinder, Eltern, Lehrer und die Bildungspolitiker aufgeschreckt. Ende vergangenen Jahres hatte das Ministerium einen Runden Tisch der Beteiligten einberufen und pädagogische Unterstützung für die auffälligen Drittklässler angekündigt. Außerdem sollte die Polizei Präventionsarbeit an der Schule leisten. Es gab einen Gesprächsabend mit den zehn Elternpaaren, die ihre Kinder nach der Gewalteskalation Mitte November nicht mehr in die Schule schicken wollten. Prien: Weiterentwicklung der Inklusion ist notwendig: „Eine Weiterentwicklung der Inklusion in Schleswig-Holstein ist notwendig“, sagt Bildungsministerin Karin Prien (CDU) jetzt. Dabei gehe es vor allem um die Qualität der inklusiven Beschulung. „Es gilt das Motto: So viel gemeinsame Beschulung wie möglich, so viel individuelle Unterstützung wie nötig.“ Im Mittelpunkt stünden die einzelne Schülerin und der einzelne Schüler und deren Eltern. Was hilft Ihnen am besten? Das sei die Schlüsselfrage, die man beantworten müsse. Neue Landesverordnung umstritten: Die neue Landesverordnung über die sonderpädagogische Förderung ist in der Kieler Jamaika-Koalition noch umstritten. Nach dem Plan des Ministeriums könnten Förderzentren „für Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen mit dem Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung temporär intensiv-pädagogische Maßnahmen einrichten“, heißt es. „Für die Teilnahme an der Fördermaßnahme, die eine Zuweisungsentscheidung der Schulaufsichtsbehörde voraussetzt, wechselt die Schülerin oder der Schüler zeitlich begrenzt von der allgemein bildenden Schule in das Förderzentrum“, steht im Entwurf des Ministeriums. Kommt also eine Schule mit einem Schüler oder einer Schülerin nicht klar, kann er wieder zum Sonderschüler werden – wie lange, ist dabei offen. Dieser Plan ärgert nicht nur die SPD-Opposition, die Grünen haben weiteren Beratungsbedarf angemeldet. Ministerin wirbt für breiten Konsens: Nach Auswertung der Rückmeldungen und anschließender Gespräche habe man sich entschieden, die bisherige Verordnung zur sonderpädagogischen Förderung erst einmal um ein Jahr zu verlängern, erklärte die Ministerin. „So können wir in einem Diskussionsprozess einen breiten Konsens für mehr Qualität her stellen. Die Prioritäten in der Coronakrise hatten diese ausführliche Befassung in den Hintergrund treten lassen“, sagte Prien. Von Christian Risch