Schleswig-Holsteins Fledermäuse sind in Gefahr

Fast geräuschlos fliegen sie durch die Nacht, orientieren sich allein mit einem Echoortungssystem und von Nahem sehen sie aus wie von einem anderen Planeten: Die Rede ist von Fledermäusen. 15 verschiedene Arten wie Wasserfledermaus, Zwergfledermaus oder die Mückenfledermaus flattern nachts durch Schleswig-Holstein. Und das auch im Erlebniswald Trappenkamp: Jetzt im Spätsommer zeigen die Muttertiere ihren Jungen Unterschlupfmöglichkeiten, in denen sie ihren Winterschlaf halten können. Für Waldpädagogin Kerstin Schiele und Praktikantin Lea Schütte ein Grund, die Fledermausverstecke im Erlebniswald zu kontrollieren. „Ah, hier sieht man deutliche Spuren.“ Schiele steht an einem Buchenknick im Wildschweingehege und deutet auf eine hell-marmorierte Verfärbung an der Rinde eines Baumes. Darüber hängt ein kleiner Kasten. „Das spricht dafür, dass da Urin herunter gelaufen ist.“ Ein Beweis dafür, dass dieses Quartier von einer Fledermaus bewohnt ist. „Wahrscheinlich ein einzelnes Tier – es ist eine Junggesellenwohnung“, sagt Schiele lachend. Natürliche Fledermausquartiere gehen verloren: Über 25 solcher künstlichen Fledermaushöhlen haben Kerstin Schiele und Mitarbeiter vom Erlebniswald vor drei Jahren in dem Wildschwein- und Rotwildgehege aufgehängt. Der Grund: Die Tiere finden in wirtschaftlich betriebenen Forsten kaum noch natürliche Schlupflöcher. „In der Forstwirtschaft ist eine gute Struktur, ein gesunder, gerader Baum das Produkt“, erklärt Schiele. Doch Fledermäuse brauchen genau das Gegenteil: Alte Baumbestände mit Astlöchern und Totholz, in denen sich die Tiere am Tag verstecken können. Eine Auswahl an Beiträgen aus der Sommerredaktion, die Ihnen gefallen könnten. Ballonfahrt über Lübeck und Mecklenburg: So schön ist die Hansestadt von oben. 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Auch Feuchtigkeit vertragen die Fledermäuse schlecht. Außerdem hängen die künstlichen Verstecke meist nach Nord-Nordost ausgerichtet, da dort die Sonne nicht hin scheint. „Sie verbringen ja den Tag darin“, erklärt die Waldpädagogin. „Dann darf es sich nicht so stark aufheizen.“ Im Erlebniswald werden außerdem Meisen-Nistkästen in direkter Nachbarschaft angebracht. „Meisen haben ein starkes Revierverhalten“, erklärt Schiele. So ist es anderen Vögeln unmöglich, sich in der Nachbarschaft anzusiedeln und den Fledermäusen eine der Höhlen zu stibitzen. Doch trotz der Kästen macht sich Schiele Sorgen um die Nachtschwärmer: „2018 waren wir tatsächlich ein wenig beunruhigt. Wir hatten wirklich Schwierigkeiten, Tiere nachzuweisen.“ Denkbar ist zum Beispiel, dass noch mehr natürliche Unterschlupfmöglichkeiten bei Durchforstungsarbeiten als sonst verloren gegangen sind. Viele Bäume mussten beispielsweise wegen Sturmschäden und Käferbefall gefällt werden. Wer sich für Fledermäuse interessiert, für den lohnt sich ein Besuch im Noctalis. Neben einer Erlebnisausstellung mit lebenden Fledermäusen und der indischen Riesenflughündin „Foxi“ können Besucher noch bis zum 30. September die Kalkberghöhle besichtigen. Mit einer geführten Expedition geht es in das unterirdische Gängegeflecht, das jedes Jahr über 30 000 Fledermäuse für ihren Winterschlaf nutzen. Die Kalkberghöhlesowie die Ausstellung in Bad Segeberg ist bis September montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr sowie sonnabends, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Infos finden Sie unter www.noctalis.de Ein weiterer Faktor ist die anhaltende Hitze im Sommer, wie auch der Naturschutzbund (Nabu) feststellt: So würden viele Jungtiere, noch bevor sie flügge werden, den Hitzetod sterben. Denn ab einer gewissen Temperatur können die nachtaktiven Jäger diese nicht mehr ausgleichen. Kann der Nachwuchs noch nicht fliegen, kann er auch nicht in ein kühleres Quartier umziehen – und stirbt. „Dazu kommt die Insektenarmut“, sagt Schiele. Denn Fledermäuse fressen – entgegen vieler Annahmen – kein Obst, sondern Mücken, Motten und andere Insekten. „Sie müssen gute Höhlen finden und genug Nahrung“, sagt Schiele. Fledermäuse sind ein Indikator für ein intaktes Ökosystem: Und dabei kann jeder helfen: Fledermauskästen gibt es zum Beispiel in vielen Baumärkten zu kaufen. Außerdem sollte auf Pestizide verzichtet und stattdessen auf Blühstreifen sowie Vielfalt im eigenen Garten gesetzt werden, um dem Insektensterben entgegenzuwirken. „Die Fledermaus ist ein Indikator für ein intaktes Ökosystem“, sagt die Waldpädagogin. Da sie am Ende der Nahrungskette steht, ist sie besonders sensibel für Umwelteinflüsse. Von Saskia Hassink

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