Schneesturm am Wochenende? So bereitet sich Schleswig-Holstein vor

Dass sich die Norddeutschen wegen Minusgraden und Wind am Wochenende warm anziehen müssen, da gibt es keine zwei Meinungen. Was den Schnee betrifft, sind sich die Meteorologen aber nicht ganz einig. „Die Lage ist zurzeit wirklich schwer einzuschätzen“, sagte die Diplommeteorologin Claudia Kahl von Wetter Welt in Kiel am Donnerstag. Lübeck: Wo die Luftmassen aufeinander treffen: Aus dem Süden ziehe ein Tiefdruckgebiet auf, das reichlich Niederschlag mit sich bringe. Dieses treffe auf kalte, trockene Luftmassen aus dem Nordosten, wodurch ein starker Ostwind entstehe. Die Region nördlich der Elbe, damit auch Lübeck und Umland, liege genau im Grenzgebiet. Wie viel Schnee dort tatsächlich fallen wird, hänge davon ab „wie weit das Tiefdruckgebiet über die Elbe hinwegzieht“, erklärte die Wetter-Expertin. „Erfahrungsgemäß sorgt der Ostwind aber dafür, dass es nicht so weit hochkommt.“ Das bestätigte auch der Deutsche Wetterdienst (DWD). In Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern werde zum Teil starker Schneefall erwartet, jedoch nicht so heftig wie südlich der Elbe. „Es gibt noch Unsicherheiten“, sagte die Meteorologin Franka Nawrath. Auf jeden Fall könne es glatt werden. Deshalb hat der DWD am Donnerstag eine amtliche Glättewarnung herausgegeben. Ostseeschauer können Schnee bringen: Doch selbst wenn das Tiefdruckgebiet aus dem Süden fern bleiben sollte, gibt es laut Claudia Kahl von Wetter Welt trotzdem noch eine Chance auf Schnee in Schleswig-Holstein. Sie sagte: „Es können sich auch Schauer von der Ostsee her entwickeln.“ Diese Schneestraßen, die mit dem Ostwind über das Land fegen, seien aber eher regional ausgeprägt. Der Hamburger Meteorologe Frank Böttcher sagte zudem, es sei auch eine Entwicklung möglich, bei der sich die warme Luft aufteile und an der Kaltluft vorbei ströme. Dann würde es wahrscheinlich nur im südlichen Niedersachsen stärker schneien. Für Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sei zwischen keinem Schnee und 15 Zentimetern alles möglich. „Sicher ist, dass es kalt und windig wird“: Bei all der Ungewissheit kann sich der Norden auf eines definitiv einstellen: „Sehr sicher ist, dass es kalt und windig wird“, prognostizierte Claudia Kahl von Wetter Welt. Ab Sonnabend könne man mit Dauerfrost bei etwa minus sechs Grad Celsius rechnen. „Durch den kräftigen Ostwind wird es sich anfühlen wie minus 15 Grad.“ Auch laut Böttcher ist für den ganzen Norden sicher: „Es wird einen deutlichen Temperatursturz geben.“ In den Nächten seien weniger als minus acht Grad möglich. „Wir haben weiter eine sehr unsichere Lage“, sagte der Meteorologe. Überschwemmungen an der Ostsee möglich: DWD-Sprecher Andreas Friedrich erläuterte die besondere Grenzwetterlage so: „Dann bauen sich auf sehr engem Raum extreme Temperaturunterschiede auf.“ Eine solche kleinräumige Konstellation sei sehr selten: „Das passiert nur ein paar Mal in einem Meteorologenleben.“ Vergleichbar sei etwa der extreme Schneefall im Winter 1978/79. Außerdem betonte Frank Kahl vom DWD, dass es wegen des starken Windes an der Ostseeküste zu Überschwemmungen kommen könne. „Es sind Sturmböen bis Stärke acht möglich“, sagte er. Lesen Sie auch SH: Schnee und Glätte verursachten viele Unfälle Wintervergnügen im Schnee: Wo kann man in Lübeck noch Schlitten kaufen? Seltene Grenzwetterlage: Warum ist das Wetter im Norden und Süden so unterschiedlich? Der Norden hat sich vorbereitet: Was auch immer geschieht – der Norden hat sich vorbereitet. „In den geltenden Katastrophenschutzplänen des Innenministeriums sind alle denkbaren Wetterlagen vorbereitet und durchgeübt“, sagte Dirk Hundertmark, Sprecher des Kieler Innenministeriums. Zwar könne man die Lage am Wochenende noch nicht mit Sicherheit beurteilen. Der Stab sei aber darauf eingestellt, Extremlagen in enger Zusammenarbeit mit den unteren Katastrophenschutzbehörden der Kreise abzuarbeiten. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) appellierte indes an alle Verkehrsteilnehmer: „Sollte uns tatsächlich Eisregen und heftiger Schneefall treffen, muss sich jede und jeder genau überlegen, ob eine geplante Fahrt wirklich nötig ist.“ Oberstes Gebot seien Winterreifen und eine vorausschauende Fahrweise. LBV-Direktor: 30 000 Tonnen Streumittel gelagert: Die Mannschaften der 23 Straßenmeistereien im Land sehen dem Winterwochenende nach Angabe des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr (LBV) indes gelassen entgegen: „Unsere Fahrzeuge sind startklar, die Einsatzpläne stehen, unsere Lager sind mit 30 000 Tonnen Streumittel gut gefüllt und wir damit bestens auf nahezu alle Einsatzlagen vorbereitet“, sagte Direktor Torsten Conradt. Auch die Niederlassung Nord der neuen Autobahn GmbH des Bundes stehe für die insgesamt knapp 550 Kilometer Autobahn in Schleswig-Holstein mit rund 100 Räumfahrzeugen bereit. „Wir werten rund um die Uhr aktuelle Wetterdaten und Daten von Glättemeldeanlagen aus, um schnell und effizient reagieren zu können“, erklärte Conradt. Einige Mitarbeiter der Meistereien würden in Rufbereitschaft versetzt, obwohl sie eigentlich frei hätten. „Der Winterdienst ist so organisiert, dass auf allen wichtigen Straßen ab 3 Uhr früh bis 22 Uhr nachts nach Bedarf geräumt und gestreut wird.“ THW: „Wir sind einsatzbereit“: Im Notfall zur Tat schreiten die Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW). Sprecher des Landesverbandes Claus Döpper berichtete: „Wir sind einsatzbereit, um zu unterstützen, wo immer es nötig ist.“ Mit geländegängigen Fahrzeugen und Schneeketten seien die Helfer bestens ausgerüstet. Döpper gab sich zuversichtlich: „So haben wir das auch schon in früheren Schneelagen gemacht.“ Deutsche Bahn in Alarmbereitschaft: Auch die Deutsche Bahn ist in Alarmbereitschaft. „Unsere Wetter-Experten beobachten und analysieren die Entwicklungen genau“, teilte eine Bahnsprecherin mit. „Dort, wo mit Wetterauswirkungen zu rechnen ist, bereiten wir uns schon im Vorfeld mit Mensch und Technik vor.“ Arbeitsstäbe seien einberufen, Schneeräumtrupps in Bereitschaft gesetzt und Einsatzfahrzeuge strategisch positioniert worden. Zudem verfügten von den insgesamt mehr als 10 500 Weichen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen rund 7500 über eine Heizung. Sollte es trotzdem zu Einschränkungen kommen, informiere die Bahn ihre Fahrgäste auf www.bahn.de/aktuelles Live-Blog zum Wetter: Wie sich die Wetterlage in den kommenden Tagen entwickelt, können Sie jederzeit in unserem Live-Blog zum Wetter nachlesen. Von Rabea Osol