Schnupfenplan im Norden stresst Kinderärzte

Seit Schulbeginn hat sich die Situation verschärft: Kinderärzte im Norden sprechen von überfüllten Praxen und von Problemen bei der Bestellung von Corona-Abstrichtupfern. Ein Grund dafür: Der Schnupfenplan des Gesundheits- und Bildungsministeriums Schleswig-Holstein, der Eltern eigentlich Orientierung geben soll, wenn Kinder Krankheitssymptome aufweisen. „Eltern sind verunsichert wegen des Schnupfenplans – und auch bei Kitas und Schulen gibt es Unsicherheiten“, sagt Dr. Parlowsky, Kinderarzt und Sprecher der Lübecker Kinderärzte. Alles, was Lübeck voranbringt: Jeden Montag gegen 18 Uhr in Ihrem E-Mail-Postfach. Hier kostenlos den Newsletter „Lübeck next“ bestellen! Kinderarzt: „Wegen einer laufenden Nase muss sich niemand auf Corona testen lassen“: Parlowsky ist zwar damit zufrieden, dass es einen Schnupfenplan gibt und das dort klar geschrieben steht, dass man mit einfachem Schnupfen nicht zum Arzt muss – allerdings sei er an einigen Stellen verwirrend und nicht klar strukturiert, und: „Womit ich nicht glücklich bin, ist, dass die Eltern aufgefordert werden, das Kind 48 Stunden zu Hause zu lassen – und das schon bei laufender Nase“, sagt Parlowsky. Denn die Eltern müssen sich für die Betreuung des Kindes eine Krankschreibung besorgen – das belastet die Kinderarztpraxen. „Letztlich müssen wir uns viele fast gesunde Kinder angucken und Krankschreibungen schreiben – Ressourcen für wirklich Kranke werden dabei eingeschränkt.“ Ein weiteres Problem: Einige Schulen und Kitas akzeptieren den Schnupfenplan nicht. „Das ist reine Unsicherheit. Auch wenn nach den 48 Stunden bei dem Kind keine weiteren Symptome hinzugekommen sind, verlangen manche Schulen und Kindergärten ein Attest vom Arzt oder sogar einen negativen Corona-Test – obwohl das nach dem Schnupfenplan gar nicht notwendig wäre“, sagt Parlowsky. „Aber ein Corona-Abstrich für ein Kind sollte nicht die Entscheidung einer Schule oder Kita sein – sondern die eines Arztes.“ „Es läuft auf eine organisatorische Katastrophe hinaus“: Kinderärzte im Norden bestätigen die Ausführungen von Parlowsky. „Wir haben sehr viele Patienten mit Erkältungssymptomen, die ohne Corona nie in die Praxis gegangen wären“, sagt etwa Dr. Stefan Nissen, Kinderarzt in Stockelsdorf. „Es ist jetzt schon grenzwertig. Wir Kinderärzte blicken mit Sorge auf den Herbst und Winter, wenn viele Kinder erkältet sind. Es gibt jetzt schon Probleme bei der Bestellung von Abstrichtupfern.“ Bärbel Holtz, Kinderärztin in Henstedt-Ulzburg im Kreis Segeberg, sagt sogar: „Es läuft schlichtweg auf eine organisatorische Katastrophe hinaus. Jeder schiebt den Schwarzen Peter weiter – und am Ende stehen wir und sollen entscheiden beziehungsweise bescheinigen, dass der Schnupfen nicht durch das Coronavirus verursacht ist“, sagt Holtz. „Das können wir natürlich so nicht. Also müssen wir einen Abstrich haben, aber die Ressourcen sind begrenzt.“ Das Telefon stehe in ihrer Praxis kaum still, die Mittagspausen und die Stunden nach Feierabend verbringe sie damit, Abstriche zu machen und zu telefonieren. „Wir sind gespannt, wie es weitergehen wird.“ Telefonkonferenz im Land soll tragfähige Lösungen bringen: Das ist Dr. Alexander Mischnik, Chef des Gesundheitsamtes in Lübeck, auch. Am Donnerstag wird es eine Telefonkonferenz mit dem Gesundheits- und Bildungsministerium sowie mit Gesundheits- und Schulämtern im Land geben. „Noch ist es für die Kinderärzte leistbar, aber im Herbst, wenn die Fallzahlen höher werden, wird es anders“, sagt Mischnik. Auch die Einrichtung von Infektpraxen, wie es in Hamburg der Fall ist, aber in Schleswig-Holstein bisher abgelehnt wurde, steht zur Diskussion. „Ich erhoffe mir von der Konferenz, dass wir eine tragfähige Lösung finden werden, die Bestand hat und gewisse Verbindlichkeiten schafft.“ Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Familienfeier, Grillabend, Mund-Nasen-Schutz: Diese Corona-Regeln gelten aktuell in SH Abstand, Hygiene, Gästezahl: Das sind die Vorschriften für private Feiern Corona-Knigge: So geht Urlaub im Norden während der Pandemie Volle Strände in Schleswig-Holstein: Hier finden Tagestouristen Alternativen So bereiten sich Schulen auf eine mögliche zweite Welle vor Corona-Tests an Schulen: Die neue Strategie der Landesregierung Corona-Kurve stark abgeflacht – UKSH-Experte warnt vor Leichtsinn Lockerungen: Diese Dinge sind seit dem 20. 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Schnupfenplan im Norden stresst Kinderärzte – und verunsichert Eltern