Silvester und Böller-Verbot: Das gilt in SH und Lübeck zum Jahreswechsel

Die Zeiten, in denen in Deutschland über Corona-Lockerungen zu Weihnachten und Silvester nachgedacht wurden, sind vorbei: Der harte Lockdown kommt – und mit ihm verschärfte Regeln zum Jahreswechsel wie etwa ein Verkaufsverbot für Feuerwerk, Böller und Raketen. „Dieses Silvester wird anders sein als in den Jahren zuvor“, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Die LN haben die wichtigsten Fragen und Antworten zum Jahreswechsel während der Pandemie zusammengestellt. Darf ich an Silvester nun Feuerwerk zünden oder nicht? Ein generelles Verbot zum Zünden von Knallkörpern gibt es in Deutschland nicht, allerdings sollen Kommunen „publikumsträchtige Plätze“ definieren, auf denen ein generelles Böllerverbot gelte. Ziel der Maßnahme ist, vor allem in der Stadt Menschenansammlungen zu vermeiden: Politiker raten dringend vom Böllern ab. An Silvester und Neujahr werde ein Verbot für Versammlungen und Ansammlungen gelten, kündigte Günther an. Alle seien aufgefordert, sich auch zum Jahreswechsel strikt an die Regeln zu halten. „Wer in diesem Jahr nicht knallt, ist herzlich willkommen“, sagte der Ministerpräsident. Unsere Übersicht für Lübeck: Hier sind Knaller und Raketen zu Silvester verboten Darf ich mit Freunden an Silvester mit einem Glas Sekt anstoßen? Per Skype-Konferenz schon, sonst eher nicht: Zum einen gibt es an Silvester keine Ausnahme der strikten Kontaktbeschränkungen wie etwa über die Weihnachtstage, das bedeutet: Es darf sich zum Jahreswechsel nur ein Haushalt mit insgesamt vier weiteren Personen aus dem engsten Familienkreis treffen. Außerdem: Während der gesamten Zeit des Lockdowns, also vom 16. Dezember bis 10. Januar, wird das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit ebenfalls verboten. Damit sollen Menschenansammlungen in der Öffentlichkeit vermieden werden. Haben Krankenhäuser an Silvester wirklich so viel zu tun, weil sich Menschen mit Böllern verletzen? Kurz und knapp: ja. Auch schon in Vor-Corona-Zeiten haben die Teams der Notaufnahme und der Plastischen Chirurgie im UKSH auf die Gefahr durch Feuerwerkskörper hingewiesen, da es in den vergangenen Jahren zu vermeidbaren schweren Verletzungen – auch bei Kindern und Jugendlichen – gekommen ist. UKSH-Sprecher Oliver Grieve spricht von etwa 20 Prozent mehr Notfallpatienten zum Jahreswechsel. An Silvester 2019/20 gab es in den Notaufnahmen des UKSH 19 Patienten mit zum Teil schweren Brand-, Explosions- und Nervenverletzungen durch Silvesterfeuerwerke. Wegen der starken Feinstaubbelastung und Nebelbildung durch die Feuerwerkskörper konnte außerdem der Rettungshubschrauber „Christoph 42“ trotz guter Nachtsichtverhältnisse über den Städten Kiel und Lübeck nicht abheben. Wie werden Ansammlungs- und Böllerverbot an Silvester kontrolliert? Die Polizei in Lübeck will ihre vorgesehenen Einsatzstärken für die Silvesternacht nicht verraten. „Es wird eine verstärkte polizeiliche Präsenz gewährleistet“, verspricht Polizeisprecher Stefan Muhtz. Die Polizeidirektion Lübeck werde „angemessen auf die Lage reagieren und personell aufgestellt sein“. Verbot des Böllerverkaufs: Wie hart sind Einzelhändler in Schleswig-Holstein betroffen? Eine Schließung der Geschäfte würde die Feuerwerkshersteller in ganz Deutschland nach Darstellung des Branchenverbandes hart treffen. „Wenn das Silvester-Geschäft jetzt ausfällt, ist das dramatisch“, sagte Klaus Gotzen, der Geschäftsführer des Verbandes der pyrotechnischen Industrie in Deutschland. „Verglichen mit anderen Branchen haben wir das Riesenproblem, dass wir erst in den letzten drei Tagen des Jahres unseren Jahresumsatz machen können.“ Der Online-Handel mit Böllern und Raketen ist nach Branchenangaben noch nicht so ausgeprägt wie bei anderen Produkten. Bei größeren Mengen machen die Sicherheitsanforderungen den Versand teuer. Zudem ist eine pünktliche Lieferung nicht in jedem Fall sicher. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Branche nach Verbandsangaben rund 130 Millionen Euro Umsatz in Deutschland. Ein Teil davon ist schon weggebrochen, weil es 2020 kaum Bühnen- oder Großfeuerwerke für Veranstaltungen in Deutschland gab. Lesen Sie auch Harter Lockdown in SH: Dramatische Folgen für Einzelhandel befürchtet Corona-Lockdown: Bürgermeister Lindenau plant Ausgangssperre für Lübeck Corona-Lockdown: Diese Geschäfte in Schleswig-Holstein dürfen weiter öffnen Wie gehen Lübecker Pyrotechniker mit dem Verbot während der Pandemie um? Es hat sie kalt erwischt, ganz kalt. „Die ganze Ware steht schon im Lager, nicht nur bei mir, sondern bei allen Händlern in Deutschland“, sagt Pyrotechniker Mirco Lorkowski, Chef der Lübecker Firma „Feuerwerkdepot Nord“. Nach seinen Angaben hat er während der Pandemie im Jahr 2020 bereits rund eine halbe Millionen Euro an Einnahmen verloren, seine Angestellten musste er in Kurzarbeit schicken. „Wir machen Pyroshows nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Aber wegen der Pandemie ist ja alles ausgefallen“, sagt Lorkowski. Die Freude auf ein Feuerwerk im kommenden Jahr ist bei Lorkowski auch noch begrenzt. „Mal schauen, was die Zukunft bringt. Ob es ein nächstes Jahr geben wird, ist ungewiss.“ Ist Deutschland besonders strikt mit den Silvester-Regeln? Nein, im Vergleich zu unseren Nachbarn sind die Regeln in Deutschland zum Thema Feuerwerk und Silvester eher mild. In den Niederlanden etwa wurde ein komplettes Verkaufs- und Gebrauchsverbot von Feuerwerkskörpern beschlossen – nur Wunderkerzen sind erlaubt. Noch schärfer ist es in Frankreich: Hier herrscht eine allgemeine Ausgangssperre von 20 Uhr abends bis 6 Uhr morgens – und die gilt auch zum Jahreswechsel. Gibt es auch andere, pandemie-verträgliche Silvesterbräuche? Ja, ein Blick ins Ausland zeigt: Es gibt viele schöne Silvesterbräuche außerhalb von Deutschland, die komplett corona-verträglich sind. In Spanien etwa gilt der Brauch, um Punkt 12 Uhr mit jedem Glockenschlag eine Traube zu sich zu nehmen – sonst droht Unglück. In Russland kommen die Neujahrswünsche auf einen Zettel, der wird verbrannt, ins Champagnerglas gegeben und bis Mitternacht ausgetrunken. In Österreich wird um Mitternacht ein Walzer getanzt und in Italien soll das Tragen von roter Unterwäsche Glück für das neue Jahr bringen. Von Hannes Lintschnig