Südafrika-Virus in SH? Die Gefahr rückt näher

Es war ein Reisender, der aus Südafrika nach Hamburg zurückkehrte – bei ihm ist jetzt die mutierte Variante des Corona-Virus nachgewiesen worden, wie die dortige Gesundheitsbehörde mitteilt. „Vor Anordnung der Quarantäne bestanden offenbar keine engen Kontakte“, sagte ein Behördensprecher. Auch das in Großbritannien grassierende Virus wurde in Hamburg bereits nachgewiesen. „Wir gehen bisher von Einzelfällen aus.“ Und am Donnerstag informierte jetzt auch der Kreis Rendsburg-Eckernförde über eine mutationsverdächtige Probe einer aus Spanien eingereisten Person mit positivem Corona-Test. Der Befund soll in einem Referenzlabor geprüft werden. Höhere Ansteckungsgefahr? Der Lübecker Laborleiter Dr. Andreas Bobrowski ist der Ansicht, dass die neuen Varianten offensichtlich ansteckender seien. „Davon kann man ausgehen.“ Erste Medienberichte sprachen sogar von einer 50 bis 70 Prozent höheren Ansteckungsgefahr – davon rücken Virologen aber bereits wieder ab, genaue Zahlen wollte auch Bobrowski nicht nennen. Ob die Mutationen dann auch zu einem schwereren Verlauf führten, sei erst recht nicht erwiesen. Bisher sei dies „nicht in dem Maß“ beobachtet worden. Lesen Sie auch: Diese 12 Ausnahmen vom 15-Kilometer-Radius sind in Schleswig-Holstein erlaubt Fest stehe: „Die Impfung hilft genauso auch bei den neuen Virusformen.“ An all diesen Fragen werde aber noch geforscht. Fakt sei, dass man es wohl mit einem sehr mutationsfreudigen Virus zu tun habe. Mutations-Tests vorgesehen: Laut Bobrowski sendet das Labor auf Hinweis des Gesundheitsamtes Corona-Testergebnisse mit besonders auffälligem Hintergrund, etwa bei vielfachen Ansteckungen in Altenheimen, zur Untersuchung auf Mutationen an das Robert-Koch-Institut (RKI). Auch in Schleswig-Holstein werde darüber nachgedacht, wie in Hamburg künftig bei fünf Prozent der positiven Proben eine Sequenzierung zum Nachweis mutierter Varianten regelmäßig durchzuführen. „Auf Mutationen untersucht werden derzeit Personen, die aus Südafrika und Großbritannien einreisen oder aus einem Gebiet kommen, in dem es eine Ausbruchssituation gibt“, sagt der Kieler Infektionsmediziner Prof. Dr. Helmut Fickenscher. Fickenscher betont: Zur Ansteckungsgefahr und einem eventuell schwereren Verlauf der neuen Mutationen gebe es noch keine gesicherten Erkenntnisse. Er halte es jedoch für „weitgehend ausgeschlossen“, dass der Verlauf schwerer sei. Was die Ansteckungsgefahr betreffe, deute die große Ausbreitung der neuen Variante in Großbritannien auf eine „hohe Effizienz“ hin. Land weiß von zwei Verdachtsfällen: Das Land wisse inzwischen von zwei Verdachtsfällen, in Schleswig-Holstein, bei denen es sich um Virusmutationen handeln könnte, informierte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) am Donnerstag im Sozialausschuss. Bei den bekannten mutierten Virusvarianten werde eine erhöhte Ansteckungsgefahr vermutet, erklärte Ministeriumssprecher Marius Livschütz. Reagiert werde „nach den üblichen Kriterien“. Es obliege den Gesundheitsämtern vor Ort, die Situation zu bewerten und darauf zu reagieren. Günther setzt auf Testpflicht: Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte sich zuletzt für eine Testpflicht bei Einreisen aus ausländischen Risikogebieten nach Schleswig-Holstein ausgesprochen. Dies müsse auch für dänische Grenzpendler gelten, zumal angesichts des hohen Infektionsgeschehens im Nachbarland. Untersuchungen in Dänemark, wo wie in England viel sequenziert wird, zeigten, dass dort bereits Mitte November die ersten Fälle der neuen Mutation aufgetaucht seien und dann regelmäßig seit Anfang Dezember. Lesen Sie auch Corona in Schleswig-Holstein und Lübeck: Aktuelle Zahlen am 14.01.2021 Angst vor Corona-Mutation: Dänemark verschärft seine Reise-Regeln Schleswig-Holstein will Corona-Test für Pendler aus Dänemark Günther hatte sich auch zur Situation in Großbritannien geäußert. Die Virus-Mutationen könnten zu schnelleren Ansteckungen führen. In London stünden die Krankenhäuser mittlerweile kurz vor dem Kollaps. „Wir setzen hier in Deutschland alles in Bewegung, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Da wäre es geradezu paradox, wenn das durch Virus-Einträge aus dem Ausland konterkariert würde. Wir müssen alles tun, damit die Intensivstationen in Deutschland mit der steigenden Zahl von schwer erkrankten Corona-Patienten klarkommen.“ Deshalb sei eine Testpflicht für alle aus dem Ausland Einreisenden notwendig. Von Marcus Stöcklin