Tagesmütter in SH sind unzufrieden mit Corona-Regelung

In einem offenen Brief hebt der Landesverband Kindertagespflege Schleswig-Holstein die Bedeutung von Kindern als Überträger des Corona-Virus sowie die Gefährdung durch eine Aufrechterhaltung des Regelbetriebs in der Kindertagespflege hervor. Die Tagesmütter und -väter fordern eine verbindliche Umstellung auf Notfallbetreuung analog zur Krippenregelung. Demnach haben Eltern, die egal aus welchem Grund zu Hause sind, zurzeit keinen Anspruch auf Betreuung, um Kontakte zu minimieren. Verband: „Politik schiebt uns Schwarzen Peter zu“: Laut der Corona-Regeln müssen Kindertagespflegeeinrichtungen selbst über Öffnung oder Nicht-Öffnung entscheiden und sind darüber nicht glücklich. „Die Politik schiebt uns den Schwarzen Peter zu“, sagt Dirk Drewinat-Kuntzmann. „Wir dürfen zwar entscheiden, dass wir Notbetreuung anbieten, aber es gibt Kreise, die das nicht finanzieren und nur für die Kinder bezahlen, die auch tatsächlich kommen“, schildert der Verbandsvorsitzende. Kinder können Virus genauso weitergeben wie Erwachsene: „Heute weiß man, dass zwar wenig schwere Krankheitsverläufe entstehen, aber Kinder genauso häufig den Virus tragen und genauso weitergeben können wie Erwachsene“, heißt es in dem Schreiben. Vor allem im Krippen- und Kindertagespflegebereich sei der Körperkontakt zu den Kindern unvermeidbar und ein Schutz nicht herstellbar. Eltern schickten Fotos von großen Feiern und Urlauben: Die aktuellen Infektionszahlen spiegelten die Auswirkungen der Weihnachtsferien noch gar nicht wider. Viele Eltern hätten sich nicht an den Appell gehalten, Weihnachten und Silvester in kleinem Kreis zu feiern und möglichst nicht zu verreisen. „Viele Kollegen haben Fotos geschickt bekommen, wo die Familien große Feiern veranstalten oder stolz Urlaubserlebnisse mitteilen.“ Grenzen freiwilliger Solidarität und fehlende Fairness: Drewinat-Kuntzmann weist auf die Probleme hin, die entstehen, wenn Eltern oder Kindertagespflegepersonen die Entscheidung über eine Betreuung übernehmen. Er spricht von unangenehmen Situationen, den Grenzen von freiwilliger Solidarität sowie fehlender Fairness. Anfangs sei die Liste der Ausnahmen klein gewesen, inzwischen zählten recht viele Berufe zu den systemrelevanten, denen Notbetreuung zustünde. „Dabei ist dort manchmal der Partner zu Hause, während in anderen Familien beide Elternteile voll arbeiten, aber eben in nicht gelisteten Bereichen“, erzählt der Verbandschef. „Das gibt dann oft unschöne Diskussionen, die die Kollegen vor Ort aushalten müssen.“ Schöner wäre eine klare Vorgabe. „Eine Zwei-Klassen-Betreuung kann doch nicht im Sinne der Politik sein!“ Lesen Sie auch Kita-Notbetreuung im Lockdown: Nicht alle Eltern in SH haben Anspruch Lockdown in SH bis 31. Januar: Schule, Kita, Treffen, Homeoffice - die Regeln in der Übersicht Bleiben Schulen und Kitas in SH zu? Geteiltes Echo auf Ankündigung Fremde Kinder im eigenen Haus – Gefahr für Angehörige: Der offene Brief hebt zudem die Gefährdung von Familienmitgliedern von Tagesmüttern hervor, die ja unter Umständen zur Risikogruppe gehörten. Kindertagespflege finde nun mal meist im eigenen Haushalt statt. Des Weiteren seien die verschärften Kontaktbeschränkungen den eigenen Kindern schwer zu vermitteln, wenn parallel über Stunden bis zu fünf fremde Kinder im Haus seien. Geld muss bei Schließung weiter fließen: Der Verband fordert, laufende Geldleistungen für alle unter Vertrag stehenden Kinder müssten auch bei Quarantäne weiter gewährt werden, inklusive Sachaufwandspauschale. Es müsse außerdem möglich sein, komplett zu schließen, wenn die Tagesmutter oder ein Familienmitglied zu einer Risikogruppe gehöre. „Wir dürfen grundsätzlich selbst entscheiden zu schließen“, sagt Drewinat-Kuntzmann. „Aber dann bekommen wir kein Geld, weil wir ja selbstständig sind.“ Kostenlose Testmöglichkeiten, schnelle Impfung: Kein Kind solle betreut werden, wenn Haushaltsangehörige von ihm unter Quarantäne stünden, oder wenn es Covid-19-Symptome aufweise. Dafür müsse es gratis Testmöglichkeiten geben, ebenso wie für Tagesmütter mit Symptomen. Schließlich sollten diese wie Erzieher und Lehrer schnellstmöglich ein Impfangebot erhalten. Erstattung der Beiträge für Eltern: Für den Monat Januar werden Eltern die Kosten der Kindertagesbetreuung wie schon im Frühjahr erstattet. Das haben Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und Sozialminister Heiner Garg (FDP) am Mittwoch in Kiel bekanntgegeben. Das gilt auch für die Kindertagespflege. Schleswig-Holstein stellt dafür rund 25 Millionen Euro zur Verfügung. „Wir verbinden diesen Beschluss mit dem Ziel, die Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren“, erklärte Heinold. Von Nina Gottschalk