Verbot von Tagestourismus: Druck auf Mecklenburg-Vorpommern wächst

Noch immer hält Mecklenburg-Vorpommern seine Grenze für Schleswig-Holsteiner geschlossen. Dabei ist die Corona-Inzidenz beim östlichen Nachbarn dort längst höher als im Norden. „Schluss damit!“, fordert nun der Kieler FDP-Landtagsfraktionschef Christopher Vogt. Schwerins SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig solle die Grenze sofort wieder aufmachen. Einreiseverbot mit sehr wenigen Ausnahmen: Nur wer zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern arbeitet, ein Boot liegen hat oder studiert darf derzeit die Grenze ungestraft passieren. Strandspaziergänger aus dem Westen wurden bereits mit einem Bußgeld belegt. Die Polizei im Nachbarland richtet regelmäßig Straßenkontrollen ein. Vogt kommt aus Nusse im Kreis Herzogtum Lauenburg. Er kennt die Probleme im kleinen Grenzverkehr aus eigener Anschauung. Freunde besuchen sei etwa nur noch in Ost-West-Richtung möglich. Bekannte, die auf schleswig-holsteinischer Seite in der Nähe von Zarrentin wohnen, müssten den mecklenburgischen Ort jetzt meiden und ins viel weiter entfernten Ratzeburg zum Einkaufen fahren. Vogt: „Das kann man den Menschen nicht mehr erklären“: Und es sei auch überhaupt nicht zu begründen, warum man als Schleswig-Holsteiner nicht in Mecklenburg am Strand spazieren gehen dürfe. Das alles sei den Menschen nicht mehr zu erklären, sagt der Liberale. „Es gibt zwar eine lange Liste mit Ausnahmen, aber ich finde es befremdlich, dass man innerhalb Deutschlands nicht frei reisen darf. Zumal die Inzidenzwerte bei uns geringer sind.“ Die Landesregierung in Schwerin sollte daher „umgehend das Einreiseverbot aufheben“. In Lübeck sorgt die Grenzschließung nicht minder für Probleme. Auch die Lübecker CDU-Landtagsabgeordnete Anette Röttger ist daher voll auf Vogts Seite. „Das Anliegen ist berechtigt“, sagt die Christdemokratin. Sie erwarte, „dass wir das im Zuge der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz thematisieren und lösen“. Inzidenz ist in Mecklenburg-Vorpommern höher: Am 3. März beraten sich die Regierungschefs wieder mit der Kanzlerin über die Coronalage. Diesmal soll es auch um Lockerungen gehen. Tatsächlich ist die Inzidenz in Schleswig-Holstein Stand Freitag auf 50,8 gesunken. In Mecklenburg-Vorpommern liegt sie mit 64,0 deutlich darüber. In Travemünde etwa wurde das Betretungsverbot für Tagestouristen gerade wieder aufgehoben. Lesen Sie auch Nach Erfahrungen aus Boltenhagen: Tagestourismus in NWM weiter untersagt Touristenjagd in Boltenhagen: Das sagen die Leser dazu MV kassiert ab: Fast 200 Euro Strafe für Spaziergang am Strand „Ich kann verstehen, dass die Einreisebeschränkungen nach Mecklenburg-Vorpommern die Menschen im Südosten des Landes irritieren“, sagt auch SPD-Oppositionsführer Ralf Stegner – vor allem, seitdem Mecklenburg-Vorpommern keine niedrigere Inzidenz mehr habe als Schleswig-Holstein. Sicher sei es nachvollziehbar, wenn man dort keinen Tagestourismus mehr haben wolle. „Aber der kleine Grenzverkehr zum Einkaufen etwa sollte möglich sein.“ Er selber halte ohnehin nichts vom Schließen der Bundesländergrenzen und habe das schon im letzten Frühjahr kritisiert. „Schleswig-Holsteins Regelungen sind ausreichend“: Auch die Grünen-Politikerin Marret Bohn setzt auf eine bundesweite einheitliche Regelung nach dem 3. März. Sie könne den Wunsch von Schwerins SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig verstehen, ihre Bürger bestmöglich schützen zu wollen. „Aber ein Sonderweg ist immer schwierig.“ In der Staatskanzlei von CDU-Ministerpräsident Daniel Günther ist man nicht minder unzufrieden mit dem Kurs der östlichen Nachbarn, formuliert den Unmut aber sehr diplomatisch. Mecklenburg-Vorpommern habe eben wie Schleswig-Holstein seine Corona-Regeln, sagt der Regierungssprecher – allerdings mit dem Zusatz: „Die Landesregierung betrachtet die in Schleswig-Holstein geltenden Regelungen als ausreichend.“ Von Wolfram Hammer