Verschärfte Regeln in SH: Experten raten von FFP2-Masken für Kinder ab

Der Corona-Lockdown ist verschärft. Seit 25. Januar gelten in Schleswig-Holstein neue Regeln für das Tragen von Masken. Nun ist beim Einkauf und in öffentlichen Verkehrsmitteln „eine OP-Maske oder eine Maske der Standards FFP 2, N95 oder KN95 zu verwenden“, heißt es in der Verordnung des Landes. Experten raten jedoch davon ab, Kinder FFP2-Masken tragen zu lassen. Ab welchem Alter müssen Kinder in SH eine Maske tragen? Ausgenommen von der Maskenpflicht sind Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr. Das heißt umgekehrt: Wer sechs Jahre oder älter ist, muss eine medizinische Maske tragen. Diese verschärfte Maskenpflicht gilt vor und in allen Geschäften, in Verkaufsständen, auf Parkplätzen und überdachten Flächen von Einkaufszentren sowie auf Wochenmärkten. Die Gewöhnung an das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes fällt Kindern nicht leicht. Vizedirektorin der Kinderklinik: „FFP2-Masken für Kinder nicht geeignet“: FFP2-Masken sind nach Einschätzung mehrerer Experten ungeeignet für Kinder, weil deren Gesichter für diese Passform zu klein sind. „Ich rate dringend zu einfachen OP-Masken, weil die sich besser ans Gesicht anpassen“, sagt Prof. Dr. med. Ute Thyen, stellvertretende Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am UKSH in Lübeck. „FFP2-Masken sind für Kinder nicht geeignet, weil sie nicht passgerecht sind.“ Kinder hätten nun einmal kleinere Gesichter. Die OP-Masken gebe es auch in Kindergrößen zu kaufen. Zudem hätten sie, anders als FFP2-Masken, keinen erhöhten Atemwiderstand, erklärt Thyen. Sie müssten allerdings täglich gewechselt werden. Virologe Rupp: Ungenauer Sitz macht Schutzfunktion zunichte: Der UKSH-Virologe Prof. Jan Rupp ist „ganz froh, dass es in Schleswig-Holstein keine FFP2-Maskenpflicht gibt“ – anders als in Bayern, wo dieser höhere Standard in allen Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln vorgeschrieben ist. „Gerade bei FFP2-Masken ist die Passgenauigkeit ganz entscheidend.“ Ein ungenauer Sitz könne den gewünschten Effekt – eine höhere Schutzfunktion vor allem für den Träger – zunichte machen, bei Kindern wie bei Erwachsenen. OP-Masken seien für Jugendliche vertretbar, meint Professor Rupp: Auch Rupp rät „von FFP2-Masken bei kleineren Kindern definitiv ab“, auch wegen des erhöhten Atemwegswiderstandes. Am Ende würden diese dann „nicht richtig aufgesetzt und schneller wieder abgesetzt“. Weil laut Rupp etwa ab einem Alter von 12 bis 14 von einem ähnlich hohen Übertragungsrisiko des Coronavirus wie bei Erwachsenen auszugehen ist, sei „ein chirurgischer Mund-Nasen-Schutz ab dieser Alltagsgruppe in den ausgewählten Situationen vertretbar und auch besser anzupassen“. Gemeint sind damit die einfachen OP-Masken. „Aber auch hier muss es keine FFP2-Maske sein“, meint Rupp. Kinderarzt van Heek: Chirurgische Masken werden von Kindern gut toleriert: Es gebe zu dieser Fragestellung noch keine aussagekräftige wissenschaftlichen Untersuchung, räumt Dr. Ralf van Heek aus Altenholz ein. Er ist Landesvorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Das gelte „insbesondere für die Frage, ob eine Altersgrenze 15 sinnvoll ist, oder vielleicht doch 12“. Auch van Heek sieht einen großen Unterschied zwischen FFP2-Masken und chirurgischem Mundschutz: „Letzterer schützt die anderen, wird von Kindern gut toleriert und passt meist besser als unstandardisierte Textilmasken.“ Die Fixierung hinter den Ohren müsste bei Kindern möglicherweise durch Verschlingen oder Verknoten der Gummis verkürzt werden. Das sei für Kinder unter Chemotherapie, nach Organtransplantaion, mit Immundefekt oder schweren Lungenerkrankungen seit Jahren etabliert. „FFP2-Masken schützen vor allem die Träger“, sagt der Kinderarzt. „Kinder benötigen diesen Schutz nicht so, weil sie nur sehr selten ernstlich durch Sars-Cov2 krank werden.“ Zudem würden sie die Atmung erschweren. Niedersachsen nimmt Kinder von der verschärften Maskenpflicht aus: Niedersachsen geht einen anderen Weg als Schleswig-Holstein: Zwar sind Kinder bis sechs Jahre wie in Schleswig-Holstein von der Maskenpflicht komplett ausgenommen. Für Kinder und Jugendlichen von 6 bis 14 Jahren ist es dort aber erlaubt, auch in öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften einen reinen Mund-Nasen-Schutz aus Stoff zu tragen – also eine sogenannte Alltagsmaske. „Das hängt schlicht mit der genormten Größe der medizinischen Masken zusammen“, erklärt Niedersachsens Regierungssprecherin Anke Pörksen. „Bei Kindern und Jugendlichen passen sie nicht. Sie müssen aber auf dem Gesicht gut abschließen, sonst wirken sie nicht.“ Ministerium räumt ein: Kinder sollten lieber OP-Masken tragen als FFP2-Masken: Schleswig-Holstein hat solche Pläne nicht. „Für Kinder ab 6 gelten nach der Landesverordnung die gleichen Anforderungen wie für Erwachsene im ÖPNV und beim Einkaufen“, sagt Christian Kohl, Sprecher des Gesundheitsministeriums in Kiel. Er räumt aber ein, dass Kinder als medizinischen Mund-Nasen-Schutz eine einfache OP-Maske tragen sollten „und nicht FFP2-Masken“. Diese müssten ganz dicht sitzen, um ihre Schutzwirkung zu entfalten. Die OP-Masken seien „auch bei unterschiedlichen Gesichtsgrößen anpassungsfähiger als FFP2 Masken“, ergänzt Kohl. Verschärfte Maskenpflicht: Welche Ausnahmen gibt es? Die Verordnung des Landes soll zunächst bis zum 14. Februar gelten. Neben Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr sind auch Personen ausgenommen, „die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können und dies glaubhaft machen können“, heißt es in der Verordnung, die Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Gesundheitsminister Heiner Garg am 22. Januar unterzeichnet haben. Verschärfte Maskenpflicht gilt auch für Fahrt im Taxi: Die Pflicht zum Tragen einer OP- oder FFP2-Maske gilt von Montag an nicht nur bei allen Fahrten mit Bus und Bahn sowie an den dazugehörigen Haltestellen. Auch im Taxi ist diese verschärfte Maskenpflicht gültig. Kinder sind davon nicht ausgenommen, zumal sich die Vorschrift laut Verordnung auch auf Fahrten in Schulbussen oder auf vergleichbare Transportangebote bezieht. Von Lars Fetköter