Warum streicht die Bahn Fernzüge nur in Schleswig-Holstein?

Sonne, blauer Himmel, ein paar Wolken bei Temperaturen um den Gefrierpunkt: Ruhiges Winterwetter am Sonnabend in Lübeck und auch in Kiel. Wer Tickets für einen ICE oder IC hat, kann dennoch nicht fahren. „Aufgrund der Prognose von schwerem Unwetter verkehren am Sonnabend und Sonntag keine Fernverkehrszüge zwischen Hamburg und Kiel, Hamburg und Lübeck sowie zwischen Hamburg und Westerland“, teilte die Deutsche Bahn mit. Aufgrund der Prognose von schwerem Unwetter sei der Fernverkehr auch zwischen Hamburg und Rostock/Stralsund/Binz stark ausgedünnt. DB: Sicherheit der Fahrgäste hat oberste Priorität: „Oberste Priorität hat für uns die Sicherheit unserer Kundinnen und Kunden und natürlich auch die unseres eigenen Personals. Wir wollen unbedingt vermeiden, dass Züge auf freier Strecke liegenbleiben“, sagt DB-Sprecherin Anja Bröker. Deshalb habe man einzelne Fernverkehrslinien im Norden aus dem Fahrplan genommen. „Wir empfehlen allen Reisenden, sich auf Bahn.de über konkrete Verbindungen zu informieren. Außerdem haben unsere Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, bereits gekaufte Tickets später zu nutzen“, sagt Bröker. Die Tickets blieben bis zu sieben Tage nach Ende der Störung gültig. Unter der Internetadresse www.deutschebahn.com/schnee gibt es einen Live-Blog über die Zugausfälle. Hauptstrecken in Niedersachsen nicht betroffen: Den meisten Schnee haben die Meteorologen allerdings für Niedersachsen vorhergesagt – und da gibt es bisher keine Zugausfälle. Alle ICE auf den Strecken Hamburg-Hannover-Würzburg sowie Hamburg-Bremen-Ruhrgebiet sollen wie geplant fahren. Warum also ein Streichen der Fernzüge nur in Schleswig-Holstein? „Alle Wetterprognosen haben auf den Norden gezeigt“, sagte am Sonnabend eine DB-Sprecherin den LN. In Niedersachsen fallen zunächst nur die Intercity-Züge zwischen Bremen und Norddeich Mole, zwischen Münster (Westfalen) und Norddeich Mole sowie einige Regionalzüge aus (Stand Sonnabend 16 Uhr). Buchholz kritisiert mangelnde Information: Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz ärgert sich über die Informationspolitik der DB: „Dass die Bahn die Verbindungen einfach rausnimmt und nicht genau erklärt warum, ist ein schwerer makel“, sagt er. Zumal es eine plausible Erklärung fürs Streichen der Fernzüge in Schleswig-Holstein gebe. Wenn es wie erwartet in Niedersachsen ein Schneechaos gebe, dann sei absehbar, dass sich die Verspätungen aufschaukeln und Fahrgäste im Norden stundenlang auf verspätete Züge warten müssen. „Dann macht es Sinn, zumindest zu versuchen, die Verbindungen auf den Hauptstrecken von Hamburg in Richtung Süden aufrecht zu erhalten“, sagt Buchholz. In der Sache habe er Verständnis. Dadurch, dass die Nahverkehrszüge weiter fahren, hätten alle Bahnkunden die Möglichkeit, Fernzüge in Hamburg zu erreichen. Lesen Sie auch Jerusalema Dance Challenge: DB Regio SH dreht Video im Hauptbahnhof Lübeck SH: So kontrolliert die Deutsche Bahn die Maskenpflicht im Zug Fernzüge der Deutschen Bahn: Kommt die Reservierungspflicht? Pro Bahn: Störungen beseitigen dauert heute länger: „Zugverbindungen aufgrund von Wetterwarnungen vorbeugend zu streichen ist immer eine Gratwanderung“, sagt Birger Wolter, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn. „Es ist schwierig, schlauer ist man immer erst hinterher.“ Bei extremem Winterwetter komme es oft vor, dass wegen vereister Weichen nur noch ein Gleis offen sei. Das habe zur Folge, dass Fernzüge langsamere Regionalzüge nicht mehr überholen können. Generell führen heute viel mehr Züge auf den Strecken, es gebe mehr Technik, das Personal sei dagegen weniger geworden. „Wenn also mal eine Weiche klemmt, weil ein Eisblock feststeckt, dann geht es nicht so schnell wie früher, das zu beseitigen“, sagt Wolter. Der Schwerpunkt müsse immer darauf liegen, ein Basisangebot für die Fahrgäste aufrechtzuerhalten. „Wenn das gelingt ist das gut.“ Von Christian Risch