Wenn Impfstoff übrig bleibt: So geht Schleswig-Holstein mit Restdosen um

Der Corona-Impfstoff ist in Schleswig-Holstein knapp. Nach Angaben von Hans-Joachim Commentz, ärztlicher Leiter der Kassenärztlichen Vereinigung in Schleswig-Holstein (KVSH), komme es aber durchaus vor, dass am Ende eines Impftages zwei Ampullen angebrochen und Impfdosen auch schon aufgezogen seien – aber keine Patienten mehr da seien. „Wir versuchen dennoch, alles zu verimpfen“, sagt Commentz. Denn die aufgerissenen Ampullen können nicht aufbewahrt werden, ihnen droht die Vernichtung. Allerdings: In Schleswig-Holstein mussten nach Angaben des Kieler Gesundheitsministerium und der KVSH bisher noch keine Impfdosen weggeschmissen werden. Impfzentren haben Prioritätenliste: Das hat einen ganz praktischen Grund. Laut Ministerium führen die Impfzentren Listen mit prioritär zu impfenden Personen, welche in der Lage sind, kurzfristig einen Impftermin wahrzunehmen. „Mit Restdosen der Impfzentren wurden daher häufig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rettungsdienstes, der Vertragsarztpraxen oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Impfzentren geimpft. Restdosen der mobilen Teams werden für weiteres in den Pflegeeinrichtungen tätiges Personal verwendet“, teilte eine Sprecherin mit. Volle Fläschchen können gekühlt werden: Darüber hinaus werde im Vorwege allerdings exakt kalkuliert. „Impfzentren und mobile Impfteams werden täglich mit dem für diesen Tag benötigten Impfstoff beliefert. Impfstoff wird jeweils nach Bedarf rekonstituiert – das heißt, er wird nicht in Masse auf Vorrat impffertig hergestellt.“ Sollte sich abzeichnen, dass nicht der gesamte ausgelieferte Impfstoff benötigt wird, sei es üblich, nicht angebrochene Fläschchen mit Impfstoff gekühlt zur nächsten Einrichtung von mobilen Impfteams zu transportieren oder aber für den nächsten Tag im Impfzentrum aufzuheben. „Die Liefermengen werden dann am nächsten Tag korrigiert.“ Gute Vernetzung in Lübeck: Wenn Restdosen verimpft werden müssen, sind die Zentren dazu angehalten, diese nur für Personen zu verwenden, welche der obersten Priorisierungsgruppe zuzuordnen sind. In Lübeck klappt das beispielsweise besonders gut. Wenn Termine von Patienten nicht wahrgenommen werden oder Impfstoff übrig bleibt, können Mitarbeitern von Pflegediensten kurzfristig Termine in der MuK wahrnehmen. Lesen Sie auch Astrazeneca-Impfstoff zuerst für Ärzte, Lehrer, Erzieher und Polizisten? Pandemiebeauftragter: Niemand muss Angst vor Corona-Impfung haben Biontech-Impfstoff soll in Schleswig-Holstein produziert werden Polizeidirektion lehnte Restdosen ab: Laut KVSH-Leiter Commentz besteht aber auch die Möglichkeit Menschen mit einer niedrigeren Priorisierung zu impfen, ehe Dosen sonst vernichtet werden müssten. Nach LN-Informationen soll unter anderem auch der Polizeidirektion Lübeck angeboten worden sein, einige Beamten spontan zu impfen. Die Polizeiführung soll das allerdings abgelehnt haben. Dies soll bei vielen Beamten auf Unverständnis stoßen. Eine Polizistin, die anonym bleiben möchte, sagte den LN: „Dies geht aus Sicht vieler Kollegen überhaupt nicht, weil wir ständig unseren Kopf und Leben auf der Straße hinhalten und auch mit uneinsichtigen Menschen zu tun haben. Die Menschen, die sich nicht an die Hygiene-Regeln der Bundesregierung halten und uns im Dienst in brisanten Einsätzen, jederzeit auf den Straßen oder in Wohnungen mit dem tödlichen Virus anstecken können.“ Landespolizei: Halten uns an Priorisierung: Das Landespolizeiamt teilt mit, dass die Priorisierung für die Impfungen durch die Bundesverordnung vorgegeben werde. Für Polizeikräfte richtet sich die Priorisierung nach der potenziellen Gefährdung, die mit der jeweiligen Dienstverrichtung verbunden ist. „Polizeikräfte die in Einsätzen einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, haben eine andere Priorisierung als Polizeikräfte, die im Innendienst eingesetzt werden. Dabei wird die Landespolizei die Bundesverordnung selbstverständlich beachten“, sagte Sprecher Marcel Schmidt. Die Problematik bezüglich Restimpfdosen sei bekannt. „Wir befinden uns aktuell in einem lösungsorientierten Klärungsprozess“, so Schmidt. Impfungen für Hochbetagte: Gegen das Coronavirus sind in Schleswig-Holstein bisher fast 110 000 Impfungen verabreicht worden. Mit Stand Mittwoch waren es nach Angaben des Robert Koch-Instituts 109 776. Geimpft werden derzeit ganz überwiegend alte Menschen und medizinisches Personal. In den Impfzentren wird seit dem 4. Januar geimpft. Von Jan Wulf