Wo sich die Schleswig-Holsteiner mit Corona infizieren

Erst im dritten Quartal 2020 wurde den Gesundheitsämtern durch das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Eingabemöglichkeit von Meldedaten zum Infektionsweg geschaffen, um diesen statistisch zu erfassen. Im vergangenen Jahr wurden so in Schleswig-Holstein 3859 bekannte Infektionswege gemeldet. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der AfD an die Landesregierung hervor. Mit fast 60 Prozent (2230 Infektionen) steht dabei der private Haushalt als Ansteckungsherd in Schleswig-Holstein ganz oben in der Liste. Bund und Länder hatten sich während der Verlängerung des Lockdowns deshalb auch auf verschärfte Kontaktbeschränkungen geeinigt. Seit dem 11. Januar sind private Zusammenkünfte nur noch mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person gestattet. Corona: Ansteckungen am Arbeitsplatz: In rund 12 Prozent der bekannten Fälle (457) steckten sich Schleswig-Holsteiner am Arbeitsplatz an. Auch deshalb forcieren die Bund- und Länderchefs jetzt die verstärkte Nutzung von Homeoffice. Rund 8 Prozent (325) infizierten sich in Gesundheitseinrichtungen, 7 Prozent (256 Fälle) im Bereich Bildung und Betreuung, also zum Beispiel in Schule oder Kindergarten. Erst weit dahinter folgen die Bereiche Freizeit (90), Veranstaltungen (76), Wohnstätten (42), Gastronomie (42), Transportmittel (26) und Einzelhandel (10). Zudem werden 305 Infektionswege unter „Sonstiges“ geführt. Gesundheitsämter müssen Arbeit priorisieren: Mit Blick auf insgesamt 21 631 Corona-Infektionen in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr und davon nur rund 18 Prozent dokumentierter Infektionswege bleibt die Datenlage dennoch relativ dünn. Allerdings: „Wenn in der Statistik ein Fall als ,unbekannt’ dokumentiert ist, muss das nicht unbedingt heißen, dass die Behörden vor Ort den Infektionsweg nicht kennen“, sagt Christian Kohl, Sprecher aus dem Kieler Gesundheitsministerium. So müssten die Gesundheitsämter angesichts der Pandemie ihre Arbeit priorisieren. „Oberste Priorität hat dabei immer die Kontaktnachverfolgung und der Schutz der Bevölkerung – erst später kommt die statistische Aufarbeitung.“ Lesen Sie auch Darum hat Schleswig-Holstein weniger Infektionen Corona in Segeberg: Viele Infektionen bei Kaffeeklatsch und Raucherpausen Darum kommt Rostock so gut durch die Corona-Krise RKI: Verlässliche Daten Ende Februar: Zudem können Gesundheitsämter Daten auch bereits nachgetragen haben, die aber noch nicht in der Statistik vom RKI erschienen sind, so Kohl. Der Datenstand im Meldewesen wird erst jeweils Ende Februar des Folgejahrs durch das RKI freigegeben und erst dann kann eine umfangreiche Auswertung erfolgen. „Vorzeitige Auswertungen bedeuten eine Dopplung der umfangreichen Arbeiten mit entsprechend nur vorerst gültigen Daten, die sich im Zeitverlauf weiter ändern können“, teilt die Landesregierung mit. Kiel erfasst die meisten Infektionswege: Es wäre ein Erklärungsansatz, warum von insgesamt 2187 Infektionen in der Hansestadt Lübeck nur in einem einzigen Fall der Infektionsweg (Transportmittel) als ,bekannt“ dokumentiert ist. „Das Gesundheitsamt Lübeck hat im 4. Quartal deutlich mehr als einen Corona-Infektionsweg erfasst“, heißt es von der Pressestelle der Stadt. Das Problem der Dokumentation werde jetzt mit dem Land geklärt. Ähnlich diffus zeigt sich das Infektionsverhalten sonst nur im Kreis Steinburg, wo ebenfalls nur ein einziger Infektionsweg (von 570 Fällen im letzten Halbjahr) erfasst ist. Die meisten Infektionswege sind in Kiel dokumentiert worden. Dort gab es im zweiten Halbjahr 2020 sogar mehr bekannte (1009) als unbekannte (756) Ansteckungsherde. Von Jan Wulf