Boxen: Stark ist die erste Trainerin an einem Bundesstützpunkt

Sie ist mehrfache deutsche Meisterin im Halbfliegengewicht, EM-Dritte 2014, LN-Sportlerin des Jahres 2015 – und nun macht Annemarie Stark den nächsten Schritt. Seit drei Wochen ist die 1,60 Meter große Powerfrau Sichtungstrainerin am Bundesstützpunkt in Schwerin. Erste Box-Trainerin am Bundesstützpunkt: „Es ist kaum zu glauben, aber ich bin damit tatsächlich die erste Frau, die als hauptamtliche Trainerin an einem Box-Bundesstützpunkt angestellt ist“, erklärt die 36-jährige Reinfelderin. Dabei hatte Stark die Stellenausschreibung gar nicht gesehen. „Michael Müller, der Sportdirektor des deutschen Boxsportverbandes, hat mich darauf aufmerksam gemacht und gemeint, dass dies doch genau der richtige Job für mich sei. Job-Zusage schon auf dem Heimweg: Also hatte sie kurzentschlossen ihre Unterlagen abgeschickt. „Beim Bewerbungsgespräch im August saß ich dann sieben Männern gegenüber. Und dann kam auch recht schnell die Frage, wie ich mir den Job denn in der Praxis vorstelle“, erzählt Stark. Das hat sie der Männerrunde dann in einem einstündigen Vortrag erklärt – und dabei offenbar mächtig Eindruck hinterlassen. „Gerade als ich wieder zu Hause angekommen war, kam ein Anruf aus Schwerin mit der Frage, wann ich denn anfangen könnte“, berichtet die Stormarnerin. Talentsuche im ganzen Norden: Und weil die Powerfrau, Kapitänleutnant a.D. mich BWL-Abschluss und Bachelor in Psychologie, schon länger den Plan hatte, „als Trainerin mit jungen Menschen zu arbeiten“, hat sie ihren alten Job bei den Johannitern in Bad Oldesloe gekündigt und sucht jetzt im ganzen Norden nach Box-Talenten. Denn den Verantwortlichen in Schwerin hat Stark schnell klar gemacht, dass ein Bundesland nicht ausreicht, um genügend Nachwuchs für den Bundesstützpunkt und das Landesleistungszentrum zu generieren. Also umfasst ihr Zuständigkeitsbereich jetzt neben Mecklenburg-Vorpommern auch noch Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen. Im Frauen-Bereich soll die Reinfelderin sich sogar um das gesamte Bundesgebiet kümmern. Die Sporttasche ist immer dabei: Aktuell ist sie mitten in der Bestandsaufnahme bei den Box-Klubs in Mecklenburg-Vorpommern. „Ich bin extrem viel unterwegs, war in den ersten Wochen schon bei sieben Vereinen“, sagt die Boxerin aus Leidenschaft. Und meistens war sie nicht nur als Zuschauerin dabei, sondern hat zur Überraschung der Coaches und Nachwuchs-Athleten mittrainiert. „Ich habe meine Sporttasche immer dabei. Und einfach nur am Rand stehen, ist nicht mein Ding. Ich bin ja auch weiter voll im Training“, sagt Stark. Boxclub Lübeck als Basis für Schleswig-Holstein: Denn ganz aus dem Ring steigen will die 36-Jährige ohnehin noch nicht. „Das Kapitel Nationalmannschaft ist zwar vorbei. Das ist mit dem Job einfach nicht unter einen Hut zu bringen. Aber wenn mein Heimatverein, der Boxclub Lübeck, mal wieder eine Veranstaltung ausrichtet, bin ich gern dabei. Ich liebe das Boxen noch immer und deshalb wird mich der Sport so schnell nicht los“, so Stark. Auch ihre Frauen-Gruppen will sie weiter trainieren und die Halle in der Katharinenstraße als Base für Sichtungen der schleswig-holsteinischen Talente nutzen. Die Karriere fest im Blick: „Dass es mit dem nahtlosen Übergang von der aktiven Sportlerin zur Trainerin so geklappt hat, ist schon Wahnsinn“, sagt die gebürtige Badendorferin, die noch große Pläne hat. „Der Job als Sichtungstrainerin ist ein toller Einstieg. Aber ich will nicht auf der ersten Stufe der Karriereleiter stehen bleiben.“ Soll heißen: Die Halbfliegengewichtlerin will sich bis an die Spitze durchboxen, irgendwann als Stützpunktleiterin arbeiten. Ganz nebenbei arbeitet Stark auch an ihrer Funktionärs-Karriere. Die 36-Jährige ist Mitglied in der Athletenkommission des Box-Weltverbandes AIBA, hat auch schon an Treffen mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) teilgenommen. „Die Arbeit mit dem IOC war interessant, es ist immer gut, auch über den Tellerrand hinaus zu schauen“, sagt die Stormarnerin. Starks olympischer Traum lebt noch: Und in offizieller Funktion will sie sich auch noch ihren olympischen Traum erfüllen. „Wenn die Spiele 2021 in Tokio stattfinden, stehen meine Chancen bei 70 Prozent, dass ich als Funktionärin oder Delegationsmitglied dabei bin“, sagt Stark. „Aber egal, ob mit oder ohne Olympia. Ich lebe gerade meinen Traum und hoffe, dass ich das noch lange tun kann.“ Von Axel Wronowski