Corona: Kieler Woche verschoben: Absage als Olympia-Qualifikation mit Botschaft an das IOC

Kiel Sailing City zieht die Reißleine. Kurz nach der Absage der Jugendsegelveranstaltung Young Europeans Sailing (YES) über Pfingsten und der Hochsee-Regatta Maior im Mai wurde auch die Kieler Woche vom 20. bis 28. Juni abgeblasen und in den September (5. – 13.9.) verschoben. Krisenstab bei NDR und RSH: „Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen – sie ist mit Blick auf die aktuelle Entwicklung der Corona-Krise aber die beste Lösung“, erklärte Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer. Die Verschiebung hatte sich bereits hinter den Kulissen angedeutet, da die öffentlichen und privaten Radiosender, wie NDR und RSH, die das Musikprogramm auf den Bühnen organisieren, bereits im Krisenstab zu dem Entschluss gekommen waren. Auch erste Betreiber, wie Bayernzelt-Chef Stefan Heitkämper, hatten ihre Planungen bereits gestoppt. Mehr als 3,5 Millionen Besucher aus 70 Ländern wären im Juni zum größten Volksfest des Nordens erwartet worden. Absage als Regatta für Olympia-Qualifikation: Nicht ganz unwichtig: Mit fast 4000 Seglern aus mehr als 50 Nationen ist die Kieler Woche zudem die weltgrößte Segelsportveranstaltung. Für Dirk Ramhorst, Organisationsleiter der Regatten, ist die Absage auch ein Zeichen an die internationalen Segler und das Internationale Olympische Komitee (IOC): „Nach der Absage der Princess-Sofia-Regatta vor Palma und dem Weltcup in Genua sollten wir die letzte Qualifikationsregatta für Olympia werden. Wenn wir dann, wie geplant, erst Mitte Mai abgesagt hätten, wäre das Chaos groß gewesen. Wir wollten und mussten früh Klarheit schaffen.“ Ramhorst will damit auch eine Botschaft an das IOC senden: „Das IOC hält am Olympia-Termin fest. Für die Spiele an sich mag das reichen, aber für die Qualifikationen in den einzelnen Sportarten, für faire Wettbewerbe, reicht es schon lange nicht mehr. Bisher sind nur 40 Prozent der Sportler qualifiziert. Wir wollen mit der Absage ein Signal in Richtung IOC schicken, unseren Beitrag für eine Entscheidung leisten.“ „Geister-Segeln“ abgeblasen: Ramhorst gibt zu, dass es Überlegungen gegeben habe, das Volksfest und die Segelwettbewerbe zu trennen. „Aber wir haben Sponsoren auf beiden Seiten, das hätte zu Komplikationen geführt.“ Auch „Geister-Segeln“ sei ein Thema gewesen, da Segeln ja fast ohne Publikum stattfinde. „Aber da hätte es zu viele Berührungspunkte an Land gegeben.“ Die KiWo lebe zudem von ihrer Internationalität. Und da wisse keiner, ob die Krise bis dahin weltweit ausgestanden sei. Travemünder-Woche-Termin steht noch: Frank Schärffe, Geschäftsführer der Travemünder Woche, ist von der Absage überrumpelt worden: „Das ist ja ein Ding. Das kommt jetzt aber ziemlich überraschend.“ Für die Ende Juli stattfindende TW sei eine Absage noch kein Thema. Es werde ohnehin zuvor im Führungsgremium beraten, zu dem noch der Lübecker Yacht-Club, der NRV Hamburg, der Züricher Yacht-Club und die Stadt Lübeck gehören. Ramhorst: „Wird Rumpf-Woche im September“: KiWo-Chef Ramhorst gewinnt der Verschiebung in den September sogar etwas Positives ab: „Im Olympiajahr leiden wir sonst. Da sind die olympischen Klassen meist dünn besetzt. Jetzt hoffen wir im September auf große Felder.“ Ziel sei es, dass Portfolio mit 28 Klassen beizubehalten – auch mit der IDM im Seesegeln. Ramhorst: „Wir müssen jetzt die Klassen informieren, mit den gut 500 Ehrenamtlern und den Sicherheitskräften neu planen.“ Er ist sich sicher: „Das wird nicht die Kieler Woche werden, die alle kennen. Das wird eine Rumpfwoche.“ An eine Absage mag er aber nicht denken: „Das wäre existenzbedrohend.“ Doch Ramhorst stellt klar: „Wenn es sein muss, werden wir absagen. Egal, was kommt: Die Gesundheit geht vor.“ Besucherzahl: über 3,5 Millionen. Segeln: fast 4.000 Seglerinnen und Segler, über 50 Nationen, 1.500 Boote, rund 500 Starts, zehn Regattabahnen. Windjammerparade: 84 Traditionssegler, 12 Motor- und Dampfschiffe, rund 130.000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Marineeinheiten: insgesamt 45 Schiffe und Boote aus 13 Nationen. Open Ship: mehr als 20.000 Besucherinnen und Besucher. Veranstaltungen: mehr als 2.400 Einzelveranstaltungen, darunter rund 400 abendliche Konzerte. Kleinkunst: 1267 Auftritte, über 635 Stunden Programm. 42. Internationaler Markt: 35 beteiligte Nationen, 300 nationale und internationale Folklore-Künstlerinnen und Folklore-Künstler. Feuerwehr und Rettungsdienst: 952 Versorgungen, 177 Transporte mit Rettungsmitteln Plakatierung: 160 Großflächen, 458 A1-Plakte in ganz Schleswig-Holstein, 145 S-Bahn-Plakate in Hamburg, 70 Ganzsäulen.. Von Jens Kürbis

Corona und weitere Hintergründe zur Verlegung in den September - Kieler Woche 2020 verschoben: Absage als Olympia-Qualifikation mit Botschaft an das IOC