Um 10 Uhr hebt der Lufthansa-Flieger am Neujahrsmorgen in Hamburg ab. Via Frankfurt und Bogota in Bolivien geht es für Dirk von Zitzewitz nach Lima. Ein 20-Stunden-Trip, der ihn in Perus Hauptstadt führt, wo am 7. Januar die Rallye Dakar startet. Vertrautes Terrain für Deutschlands erfolgreichsten Co-Piloten. Schließlich ist es seine 19. Dakar, die zehnte mit seinem südafrikanischen Piloten Giniel de Villiers. Und wie immer zählt das mit sieben Podestplätzen beste Duo der vergangenen zehn Jahre, das seit dem Sieg 2009 auch dem elitären Kreis der „Dakar Legends“ angehört, zu den Mitfavoriten. Und doch ist diesmal alles anders.
Veranstalter ASO gehen die Länder aus
Da ist die 41. Ausgabe des Marathon-Klassikers. Mit 5600 Kilometern und nur zehn Prüfungen (2956 Kilometern) ist sie die kürzeste. Mit Peru führt sie erstmals auch nur durch ein Land. Der Start an einem Montag ist auch Premiere. Dem französischen Veranstalter Amaury Sport Organisation (ASO) gehen nach dem Südamerika-Umzug – 2008 wurde die Rallye wegen der Terrorgefahr in Mali und Mauretanien abgesagt – die Länder aus. Chile winkte aufgrund von Wahlen ab. Bei Bolivien legten die Teilnehmer ihr Veto ein. Die Höhe, die Tour auf mehr als 3000 Metern, machte ihnen zu schaffen. Und Argentinien bündelt seine finanziellen PS-Kräfte für das Formel-1-Comeback 2021. Auch Peru stand lange auf der Kippe. Erst Ende Juni kam die Zusage der Regierung, auch die, dafür gut acht Millionen Dollar hinzublättern.
Für „DvZ“ hat die Kurz-Dakar auch angenehme Seiten. Die Vorbereitung am heimischen Schreibtisch, das Ausarbeiten möglicher Routen – die des Tages gibt es als Roadbook immer erst am Abend vorher – via Google Earth und alter Aufzeichnungen fiel diesmal deutlich kürzer aus. Zum ersten Mal seit 2008 feiert er mit seiner Familie im ostholsteinischen Karlshof Silvester.
Im März plötzlich arbeitslos
Und da ist dann auch noch das: Die 19. Dakar soll für von Zitzewitz die letzte sein, zumindest als Fährtenleser. „Mein Plan ist weiterhin, 2020 mit eigenem Team in einem Side by Side zu starten.“ Der 50-Jährige will auf den Fahrersitz wechseln. Auch, weil ihn sein südafrikanisches Team „Toyota Gazoo Racing“ im März etwas unsanft aus dem Cockpit geschubst hatte. Die „Ehe“ mit de Villiers, in der es ohnehin gekriselt hatte, war nach zwölf Jahren geschieden worden, von Zitzewitz plötzlich arbeitslos. Doch mangels Ersatz lenkten die Südafrikaner ein, holten ihn Ende Oktober zurück. Und der gebürtige Eutiner sagte Ja: „Ich muss auch Geld verdienen.“ Ungewöhnlich: Am 3. Januar bei den ersten Test-Kilometern rund um Lima wird er so nach elf Monaten zum ersten mal wieder 390 Pferdestärken unter sich spüren, im Toyota Hilux sitzen. Komisch sei es schon, gibt „DvZ“ zu, „doch Sorgen mache ich mir keine. Das Auto ist gut, das Team ist gut . Und Giniel und ich kennen uns gut, sind Profis genug, um damit umzugehen.“
DvZ: „Kürzeste Dakar wird nicht die leichteste Dakar“
Nach der technischen Abnahme der Fahrzeuge, Medienterminen und Briefings rollt der Dakar-Tross am Sonntagabend in Lima übers Podium – das Warm up für die Fans. Am Montag geht es mit der ersten, 84 Kilometer langen Prüfung zur Sache. „Die kürzeste Dakar wird mit Sicherheit nicht die leichteste Dakar werden“, sagt von Zitzewitz. Er erwartet „Sand ohne Ende“, Canyons, die drei- bis viermal befahren werden müssen.
Rekordchampion Stephane Peterhansel, der Spanier Carlos Sainz – beide fahren für das deutsche X-raid-Team einen neuen Mini-Buggy – und sein Toyota-Kollege Nasser Al-Attiyah sind für den Ostholsteiner die Favoriten. „Und danach sehe ich uns mit unserer eher konservativen Fahrweise“ Bei den Minis werde die Frage sein, ob sie halten. Nasser sei der schnellste und risikoreichste Fahrer. „Nur wenn die anderen Mist bauen, schlagen wir zu.“ Von Zitzewitz ist sich sicher: „Die Dakar wird bis zum letzten Tag spannend bleiben. Wer am wenigsten Sand in den Schuhen hat, also aussteigen muss, gewinnt.“
Rallye Dakar
Die 41. Rallye Dakar startet erstmals an einem Montag (7. Januar) und endet auch zum ersten Mal an einem Donnerstag (17. Januar). Die peruanische Hauptstadt Lima ist Start- und Zielort. Das Hauptaustragungsgebiet sind die Dünen bei Arequipa. 70 Prozent der Strecke führen durch Sanddünen. Am Start sind Autos, SxS (Solo-Buggys), Motorräder, Quads und Trucks. Bei der fünften und neunten Etappe wird es einen Massenstart geben. Die längste Etappe mit 714 Kilometern, davon 452 in der Sonderprüfung, wird die fünfte sein – von Moqueguanach Tacna. Eurosport sendet täglich Zusammenfassungen.
Jens Kürbis