Dirk von Zitzewitz: „2022 können wir die Rallye Dakar gewinnen“

Am Abend nach dem Finale hatte Dirk von Zitzewitz für sich ein kleines Stückchen Normalität zurückgewonnen. Endlich ein richtiges Bett, ein großes Zimmer und Ruhe. Nach 13 Tagen Rallye Dakar, mehr als 7600 Kilometern über Stock, Stein und jede Menge Sand, festgezurrt und durchgerüttelt im Hartschalensitz des Toyota Hilux, tauchte er in den Komfort eines Hotelzimmers ein. Zeit und Muse für ein Dakar-Fazit. Von Zitzewitz: „Comeback geglückt“: Platz 16, knapp sieben Stunden Rückstand auf die französischen Gesamtsieger Stephane Peterhansel/Edouard Boulanger – das ist der nüchterne Fakt für den Karlshofer und seinen saudischen Piloten Yazeed Al Rajhi. „Wir haben bei weitem nicht unser Ziel erreicht. Ich bin aber trotzdem zufrieden“, erklärte der Ostholsteiner. Denn da war die große Frage, ob und wie er seine Rückkehr nach seinem schlimmen Rallye-Unfall im Sommer 2019 durchstehen würde. Eineinhalb Jahre hatte er gekämpft, sich nach zahlreichen Operationen in der Reha durchgebissen. Geblieben ist das Handicap einer teilweise versteiften Wirbelsäule und Fragezeichen, ob er das „Fährtenlesen“ auf Weltklasse-Niveau noch kann. „Jetzt kann ich sagen: Comeback geglückt. Dass es so sensationell läuft, das hätten viele nicht gedacht.“ „Die Pace, um vorn mitzuhalten“: Doch die Dakar, seine 19., hat den Sieger von 2009 gefordert. Mehr als je zuvor. „Sie war extrem anstrengend, vor allem mental.“ Das Deuten des digitalen Roadbooks, das es erst kurz vorm Start gab, stresste dabei besonders. „Da hatten die anderen Navigatoren zwei Rennen und eine Dakar Vorsprung. Ich habe gebraucht, um mich da reinzufuchsen.“ Was noch passt: „Wir haben die Pace, um vorn mitzuhalten, haben zwei Etappen gewonnen, auch gut eröffnet. Wir wissen: Wenn wir die letzten Bausteine hinbekommen, können wir 2022 gewinnen. Und das ist doch sehr positiv.“ „Peterhansel ist der kompletteste Fahrer“: Mit Bausteinen meint er neben den Getriebe-Problemen am Hilux vor allem die Reifen. 26 Plattfüße zählte er insgesamt. Zu viel. „Es erging den anderen Allrad-Autos ähnlich. Es kann nicht sein, dass die Reifen die Dakar entscheiden. Die Buggys sind leichter, haben größere Räder, sind klar bevorteilt.“ Der Weltverband will sich jetzt des Problems annehmen. Den Hut zieht er indes vor Peterhansel, der seinen 14. Dakar-Triumph feierte: „Es ist so cool zu sehen, wie ruhig und professionell er fährt. Er ist der kompletteste Fahrer. Mr. Dakar – treffender kann man ihn nicht umschreiben.“ „Nicht die Dakar, die ich kenne“: Und wie hat von Zitzewitz die Dakar gesundheitlich überstanden? „Sehr gut, auch wenn ich gehe wie ein alter Mann. Ich hatte nur Probleme beim Ein- und Aussteigen.“ Sein Vorbild ist ein spanischer Motorradfahrer. „Er ist querschnittsgelähmt, die Dakar im Auto gefahren. Das zeig: Wo ein Wille ist, ist ein Weg.“ Den fanden auch die Dakar-Organisatoren in Sachen Corona: „Allergrößter Respekt, wie sie das Hygienekonzept durchgezogen haben. Es war nicht die Dakar, die ich kenne, wo man sich trifft, austauscht. Jeder hat Abstand gewahrt, war nur in seinem Team. Aber es war gut und richtig so“, fand der 52-Jährige. Vertragsgespräche mit Al Rajhi: Und wie geht es in Sachen Rallye weiter? „Das ist offen. Der Vertrag ist ausgelaufen“, erklärt „DvZ“. Mit Al Rajhi will er sich jetzt besprechen, hofft auf eine Einigung bis Ende Februar. Denn im März stehen in Dubai und Saudi Arabien die nächsten Rennen an, im April der Auftakt des Cross-Country-Weltcups. Nahe Zukunft. Jetzt freut sich von Zitzewitz erst einmal auf den Sonntagabend zu Hause: „Dann mache ich das Handy eine Woche aus, ist Zeit zum Spielen mit meiner Tochter und Träumen mit meiner Frau.“ Von Jens Kürbis