Hanse Keeperacademy Lübeck: So will der Verein Torhüter fördern

„Blau ... Gelb ... Weiß“, ruft Lasse Thielen über den Kunstrasenplatz des TSV Dänischburg. Im Flutlicht senkt sich langsam der Nebel, während der Torhüter der U17 beim VfB Lübeck hoch konzentriert mit den Fußspitzen über eine Trainingsleiter tippelt und mit seinen Händen für die Hase und Jäger Übung entweder Hasenohren oder Pistole zeigt. Gleichzeitig muss er Trainer Sascha Knott im Auge behalten, der verschiedene Farben hochhält. Und noch eine Runde: „Orange ... Weiß ... Blau“. Es ist eine Extra-Einheit, die der 15-Jährige vor dem Lockdown absolviert hat. Angeboten wird sie von der Hanse Keeperacademy Lübeck. Die Academy ist der erste Fußball-Verein, der sich nur auf die Ausbildung von Torhütern spezialisiert hat. Gegründet hat ihn Sascha Knott in diesem Jahr. Derzeit sind 33 Keeper aus verschiedenen Vereinen wie dem SC Rönnau, des Krummesser SV oder der JFV Gemeinschaft Phönix-Eichholz Mitglied. Ziel ist es, sie mit systematischem und zielgerichteten Training zu verbessern. Einen Fokus legt der Keeper-Verein dabei vor allem auf die Förderung von Kindern und Jugendlichen, aber auch ältere Torhüter sind beim Training willkommen. Hanse Keeperadacemdy Lübeck will Torhüter fördern: Knott trainiert Lasse Thielen schon seit fünf Jahren. Damals spielte der Schlussmann noch in Grönau, bevor er in der vergangenen Saison zum VfB wechselte. „Wir wollen Torhüter aus der Region fördern, die dafür brennen“, erklärt Knott seine Motivation. Viele Amateurvereine und Trainingsgruppen könnten sich langfristig keine Torhüterförderung leisten. Seit 2013 coacht Knott, der selbst 40 Jahre im Tor stand und vom DFB lizenzierter B-Trainer ist, Torleute. Mit der Zeit kamen immer mehr Anfragen, sodass Knott die Idee mit der Vereinsgründung hatte. „Wir sind so erfolgreich, weil wir sie ausbilden und sie das Torwartspiel richtig verstehen sollen.“ Knott als Torwart-Trainer in und um Lübeck bekannt: Auch beim VfB Lübeck hat der 46-Jährige vor zwei Jahren noch Nachwuchs-Torhüter trainiert. Sportdirektor und Nachwuchskoordinator Rocco Leeser hat positive Erinnerungen an den Coach. Er habe sportlich gute Einheiten geleitet und ein Gespür für die persönliche Entwicklung der Nachwuchs-Keeper des Klubs gehabt, erklärt Leeser. Beim TSV Dänischburg, mit denen die Hanse-Keeper seit Kurzem eine Kooperation haben, ist man von dem Vereinskonzept überzeugt. „So ein Angebot ist gut und sinnvoll, um eine gute Torhüter-Ausbildung zu haben“, sagt der Vorsitzende Thomas Grams. Er habe sich schon ein paar Einheiten angeschaut und will seinen Mannschaften nach Corona die Möglichkeit dieses speziellen Coachings anbieten. Oft fehle es in den Amateurvereinen an ausgebildeten Torwart-Trainern und professionellen Einheiten. Das sieht auch der JFV Gemeinschaft Phönix-Eichholz so, erklärt Vorstandsmitglied Thomas Oelfke: „Torwart-Training ist sehr speziell. Im Vergleich zum Training der Feldspieler bleibt das bei vielen Vereinen auf der Strecke.“ So steht Knott beim Jugendförderverein einmal wöchentlich auf dem Platz und trainiert die Torleute der GPE. Besonders die Art wie der Coach mit den jungen Spielern umgehe, kommt bei Oeflke gut an. „Er hat eine sehr direkte Art, spricht Defizite und Fortschritte direkt an. Und er nimmt sich die Zeit für jeden einzelnen Spieler.“ Die Hanse Keeperacademy (HK)kooperiert in der Region mit verschiedenen Vereinen, um Plätze nutzen zu können. Seit zwei Jahren arbeitet die Academy mit dem ESV Hansa zusammen und kann dort den sanierten Sportplatz und die Kunstrasenplätze nutzen. Zu dem Netzwerk gehört auch der TSV Dänischburg. Mit weiteren Vereinen steht die HK derzeit in Gesprächen. Pro Torhüter werden für das Training zehn Euro Grundgebühr pro Monat fällig. Lässt es die Corona-Situation wieder zu, werden die Keeper einmal pro Woche – aufgeteilt in Altersgruppen – mit jeweils vier bis fünf Torhütern ausgebildet. Da der Verein auf vielen Plätzen unterwegs ist und auch Torhüter aus wirtschaftlich schwachen Familien unterstützen möchte, benötigen die Hanse-Keeper ein Auto. Darin sollen zum einen Kinder, die nicht mobil sind sowie Equipment transportiert werden. Für die Anschaffung sammelt die Academy mit dem Online-Fundraising auf GoFundMe Spenden. Weitere Informationen zu der Hanse Keeperacademy Lübeck gibt es online auf: www.keeperacademy-luebeck.jimdofree.com Training für sportliche und persönliche Entwicklung: „Ich konzipiere die Einheiten nach Situationen und Aktionen, wie sie auch im Spiel passieren“, erklärt Knott. „Wo muss der Torwart beispielsweise stehen, wenn der Ball außerhalb des Sechzehners ist? Welche Schritte und Bewegungen sind in einer Situation sinnvoll?“ Aber auch auf der emotionalen Ebene arbeitet Knott mit seinen Torhütern. „Viel Leistung kommt über die Psyche. Ich muss in der Lage sein, zu spüren, was mit den Kindern los ist“, erklärt er. „Einen guten Trainer macht aus, dass er mit Charakteren umgehen kann, dass er auch Persönliches betrachtet und nicht nur auf sportlicher Ebene mit den Spielern umgehen kann.“ Für Torwart Lasse Thielen geht es jetzt von der Trainingsleiter ins Tor. Bei der nächsten Übung stehen Schnelligkeit und Reaktion im Fokus. Während Knott die Bälle aufs Tor bringt und der 15-Jährige darauf zugeht oder in die Ecken hechtet, verbessert der Trainer: „Kipp’ nicht weg!“, ruft er dem Keeper zu, als der einen Ball abtropfen lässt. Noch ein Versuch: „Ja, geht doch!“ Einmal in der Woche habe Thielen auch beim VfB spezielles Torwarttraining. Das sei natürlich auch gut, sagt der junge Keeper. „Aber Sascha ist auf positive Weise so aggressiv beim Training – der kann mich auf 130 Prozent bringen“, sagt er. „Er probiert einen immer zu motivieren, auch wenn es mal schlecht läuft.“ Nachwuchs-Trainer Lasse Thielen coacht die ganz Kleinen: Sobald es die aktuelle Corona-Situation zu lässt, will Lasse Thielen selbst seine Trainerlizenz machen und die jüngeren Keeper für die Academy trainieren. „Es gibt wenig gute Torwarttrainer“, sagt er. „Ich will das weitergeben, was Sascha mir beigebracht hat.“ Derzeit übernimmt er schon zwei Mal pro Woche Einheiten – unter der Aufsicht von Knott. Jetzt steht er aber als Schlussmann unter Beobachtung. Es geht an die hohen Bälle: Im großen Bogen fliegt Thielen von dem einen Pfosten zum anderen und blockt den Ball ab, rappelt sich auf und läuft zur Startposition zurück: „Los, noch einen!“, ruft er seinem Trainer zu. Von Saskia Hassink