Karate Dojo Lübeck: Darum lebt der Olympia-Traum von Patrick Urban wieder

Patrick Urban ist froh, dass er sich im Fitnessstudio wieder auspowern kann. Die Corona-Restriktionen hatten Lübecks Vorzeige-Karateka in den vergangenen Monaten stark eingeschränkt. Normales Training? Nicht erlaubt. Um fit zu bleiben, musste neben Übungen mit dem Eigengewicht oft die Freundin herhalten. „Ich hab’ sie für Kniebeuge Huckepack genommen“, erzählt er schmunzelnd. Die Nachbarn schauten schon da recht ungläubig. Aber mehr noch, als er mit einem Baum fightete. „In der Zeit war jeder kreativ. Jetzt können wir wenigstens in Zehnergruppen wieder trainieren.“ Qualifikation für Tokio wieder offen: Normale Wettkämpfe als „Begegnung der Fäuste“ (Kumite) sind aber weiterhin nicht möglich. Der 29-Jährige vom Karate Dojo Lübeck weiß gar nicht mehr, wie sich das anfühlt. Der letzte Wettkampf, als er mit den Vikings Wacken die Bundesliga gerockt hat, ist schon vier Monate her. Istanbul, Rabat, Madrid, Paris – die großen Turniere sind alle ausgefallen. Auch die EM in Baku . Selbst die Weltmeisterschaft im November in Dubai ist schon abgeblasen. Und dennoch. Urban kann Corona etwas Positives abgewinnen. „Die Olympia-Tür hat sich wieder geöffnet. Die Qualifikation für Tokio 2021 ist wieder offen. Keiner ist mehr safe.“ Lesen Sie auch: Patrick Urban – Aus der Sauna zu Olympia Zwei Gewichtsklassen nach oben geklettert: Noch liegt die „Road to Tokio“ aber im Nebel. Dass es noch Wettkämpfe in diesem Jahr geben wird, das hält Urban für unrealistisch, erst recht auf internationaler Bühne. Dass es 2021 vier Wettkämpfe als Olympia-Quali und zuvor eine Deutsche Meisterschaft geben soll, ist bisher auch nur Hörensagen. Doch das ist Urban egal. Er gibt sich kämpferisch: „Ich habe durch Corona Zeit gewonnen, mein Olympia-Traum lebt wieder. Dafür investiere ich noch einmal alles, was im Tank ist.“ Doch der muss jetzt mehr denn je befüllt werden. Vor allem mit Muskelmasse. Urban ist zwei Klassen und etliche Kilo (von-67 kg auf -84 kg) nach oben geklettert. „Ich rechne mir in der Gewichtsklasse da bessere Chancen aus“, erklärt er. Trainingslager in Polen: Urban, der seit drei Jahren im Förderkader des „Teams Lübeck“ ist, lebt seinen Tokio-Traum – und das mit aller Konsequenz. Dafür opfert er jetzt auch seinen Urlaub, reist im August für vier Wochen ins Trainingslager nach Polen. „Ich wurde von der Nationalmannschaft eingeladen, helfe da auch als Trainer. Das ist ein Geben und Nehmen, ich freu’ mich drauf.“ Es ist auch ein gutes Omen. 2012 war der gebürtige Lübecker mit polnischen Wurzeln nach einer Verletzung mit dem Segen des Bundestrainers zum Nachbarn gewechselt. Mit Erfolg: WM-Silber 2012, WM-Gold 2015 – alles mit der Mannschaft. Seit 2017 startet er wieder für Deutschland. Ausbildung bei der Bundespolizei: Und das im Spagat zwischen Ausbildung und Sport. Urban ist angehender Bundespolizist. Auf dem Rostocker Bahnhof, dem Frankfurter Flughafen und der Grenze zu Holland hat er zuletzt praktische Erfahrungen gesammelt. Aktuell büffelt er in der Dienststelle Ahrensfelde bei Berlin für die nächsten Prüfungen, hält sich parallel fit. Als Karate-Solist. Doch nicht mehr lange. Vor dem Polen-Intermezzo kehrt er ins heimische Dojo zurück. Von Jens Kürbis