Louis Höhr versucht sich als Motocross-Profi

Nach dem mündlichen Fachgespräch war der Prüfungszyklus endgültig abgearbeitet, und Louis Höhr mit dem Ergebnis „sehr zufrieden“. Seine Ausbildung zum Feinwerkmechaniker, Fachrichtung Maschinenbau, hatte er „mit einer guten Zwei“ in der Gesellenprüfung abgeschlossen, nach verkürzter Lehrzeit und zweieinhalb Jahren, in denen die Ausbildung im väterlichen Betrieb in Lübeck (Druckguss Service Deutschland) „die meiste Zeit nebensächlich gelaufen“ war. Denn Höhrs Passion ist der Motorradsport, der – so wie er ihn betreibt – viel Zeit in Anspruch nimmt. Und nun, nach dem Ende der Ausbildung, will er sich ganz darauf konzentrieren, dem Motocross zumindest ein Jahr lang alles unterordnen und sich als Profi versuchen. „Das wird ein entscheidendes Jahr für mich“, sagt der 24-Jährige. Mit neuer KTM 450 SXF nach Spanien: „Ich will sehen, was ich in dem einen Jahr erreichen kann, ob ich dann soweit bin, dass ich die nächsten vier, fünf Jahre als Profi über die Runden komme“, hat er sich vorgenommen. Er wird zwar als Servicekraft in der Montage weiter in seinem Lehrbetrieb DSD arbeiten. Aber Höhr hat bereits ein eigenes Nebengewerbe angemeldet, als gewerblicher Rennfahrer. Die erste seiner beiden neuen KTM 450 SXF, Baujahr 2021, hat er gerade erst aus Karlshof abgeholt, im Motorradhandel von BvZ-Racing-Team-Chef Bert von Zitzewitz. Am letzten Januar-Wochenende lädt er sie nun in seinen Sprinter und macht sich auf den Weg nach Spanien. Zwei Monate Training mit Personal Coach Bernd Eckenbach: Es geht an die Balearen-Küste, ins Trainingsgelände „Red Sand“ etwa 30 Minuten landeinwärts von Benicàsim. Zuletzt war er im vergangenen Winter an mehreren Wochenende mit seinem Trainer Bernd Eckenbach dorthin gejettet, nun beziehen beide für zwei Monate ein Apartment, Höhr hat Eckenbach für 20 Arbeitstage im Monat gebucht. Die Kosten für das Coaching des sechsfachen Deutschen Motocross-Meisters halten sich laut Höhr „im Rahmen“, weil er in den zehn freien Tagen mit seiner Firma ETS vor Ort weitere Lehrgänge anbietet. Trainieren mit Top-Teams auf Top-Strecken: Höhr verspricht sich viel von der Zeit in Spanien: „Man findet dort beim Training realistische Rennbedingungen vor, weil viele Topteams mit ihren Fahrern dort trainieren und die Strecken entsprechend anspruchsvoll ausgefahren werden.“ Und, für ihn nicht minder wichtig: „Da trainiert die Konkurrenz, gegen die ich in der Saison fahren werde.“ Im April geht’s anschließend im Wohnmobil weiter, sind knapp sechs Wochen auf den Rennstrecken in Belgien und den Niederlanden geplant, als Vorbereitung auf den traditionell sandigen Motocross-Saisonstart. MX-Open-Titel ist das erklärte Saisonziel: Am 8./9. Mai beginnt die Saison für Höhr in Dreetz mit dem ersten von sieben Rennwochenenden der MX Masters. Die Serie um die internationale Deutsche Meisterschaft will er komplett mitfahren, „als Bonus“ auch einige Rennen der (europäischen) EMX Open im Rahmen des Grand Prix. Ganz gezielt aber nimmt er die MX Open ins Visier. „Auf der nationalen Serie würde ich mir gern den Titel sichern, Deutscher Meister werden.“ Ob das schon im ersten Jahr klappen kann, vermag er nicht abzuschätzen. „Ich verspreche mir viel von der professionellen Saisonvorbereitung. Aber wie viel sie letztlich bringt, wie schnell ich sportlich vorankomme, muss sich zeigen.“ Schwierige Sponsorensuche in Corona-Zeiten: Die Top 5 sollten es in diesem Jahr aber schon werden, schiebt Höhr nach. Allerdings macht er letztlich nicht von Platzierungen abhängig, ob er sein sportliches Ziel als erreicht ansieht: „Es geht darum, den Anschluss zu finden an das Niveau der Profis, um eventuell die nächsten vier, fünf Jahre davon leben zu können.“ Momentan ist – neben Zuwendungen, die er aus seiner Zugehörigkeit zum BvZ Racing Team erhält, und einigen kleineren Unterstützern – noch sein Vater sein größter Sponsor. Eine Saison kostet Höhr inklusive Motorrädern, Material, Reisen, Startgeldern und Trainerstunden einen hohen fünfstelligen Betrag. Vater ein weiteres Jahr der Hauptsponsor: „Mein Vater hat mir das Okay gegeben, es ein Jahr lang unter Profibedingungen zu versuchen, weil er mit meiner Entwicklung zufrieden ist und an meine Chance glaubt“, erzählt Höhr, der bei der Sponsorensuche in der Region zuletzt wenig erfolgreich war. „Es ist momentan extrem schwierig. Die Firmen haben alle darauf verwiesen, dass sie in diesen Zeiten ihr Geld beisammen halten müssen“, berichtet er und hat „absolutes Verständnis dafür“. Und er weiß: Ihm bleibt eine Saison, um sich auf ein Niveau zu fahren, mit dem er für überregionale, weltweit agierende Marken interessant wird. MX Masters: 8./9.5.: Dreetz (Brandenburg) 26./27.6.: Reutlingen (Baden-Würtemberg) 3./4.7.: Bielstein (Nordrhein-Westfalen – ohne MX Junior Cup 125) 17./18.7.: Tensfeld (SH – ohne ADAC MX Junior Cup 85) 14./15.8.: Möggers (Österreich) 4./5.9.: Fürstlich Drehna (Brandenburg) 11./12.9.: Gaildorf (Baden-Württemberg) NMX Nordcup: 10./11. April: Tensfeld 24./25. April: Sulingen 8./9. Mai: Albersdorf 15./16. Mai: Elstorf 29./30. Mai: Itterbeck 12./13. Juni: Vesterbaek (DK) 19./20. Juni: Mölln (Grambeker Heidering) 28./29. August: Uelzen 04./05. September: Elstorf 11./12. September: Northeim 18./19. September: Prisannewitz (Supercup mit MV) Den Grundstein dafür will er bereits jetzt in Spanien legen. „Ansonsten“, das hat Höhr mit sich selbst längst vereinbart, „muss ich sehen, dass ich in meinem Beruf auf die eigenen Beine komme.“ Ein Studium ist eine Option, eine Weiterbildung zum Schweißfachmann eine andere. Den Grundstein dafür hat er „mit einer guten Zwei“ bei der Gesellenprüfung gelegt. Von Christian Schlichting