Lübeck und Mölln: Sportvereine in SH wegen Lockdown in kritischer Lage

Der zweite Lockdown verschärft die schwierige Situation der Sportvereine. Immer mehr Mitglieder treten aus, und weil der Amateur- und Breitensport seit Mitte November ein zweites Mal nicht stattfindet, fehlen Neueintritte. Ein Ende ist nicht in Sicht. Für viele Großsportvereine in Schleswig-Holstein ist die Lage trotz des zweiten Hilfspakets mittlerweile existenzbedrohend und ohne Perspektive: Denn nach dem Stufenplan zum Ausstieg aus dem Lockdown von Schleswig-Holstein, der ab dem 15. Februar gelten könnte und in der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz präsentiert werden soll, kann der Breitensport erst mit einem Inzidenzwert von unter 35 über 21 Tage wieder möglich sein. „Ich habe den Perspektivplan gesehen und gedacht: Sport ist nicht Teil der Lösung“, sagt Dennis Bluhm, Geschäftsführer der Möllner Sportvereinigung (MSV). 389 Mitglieder sind bei der MSV mittlerweile coronabedingt ausgetreten (von 3141 Mitgliedern Anfang 2020 zu 2752 Anfang 2021). Dazu kommen noch 70 Austritte für das zweite Quartal – Tendenz steigend. Zusätzlich hören Ehrenamtler sowie Übungsleiter auf und auch zwei Vollzeitkräfte haben den Verein bereits verlassen. „Ich finde es bezeichnend, dass man eine Destabilisierung des Gesamtsystem sehen kann“, sagt Bluhm. Zwar appelliere die MSV immer wieder an die Mitglieder, zu bleiben, diese seien aber „appell-müde“ geworden. „Sie sagen einfach, dass sie keine Lust mehr haben.“ Möllner SV: Kündigungen von Mitarbeitern bei mehr als 600 Austritten: Etwa 50 000 Euro an Beiträgen fehlen den Möllnern aktuell. Deshalb werden derzeit verschiedene Szenarien durchgerechnet, um Kosten noch weiter zu minimieren: „Unser Hauptversprechen ist, dass wir die Mitgliedsbeiträge stabil halten wollen“, erklärt Bluhm. Außerdem sollen Sportangebote nicht aus Kostengründen einkassiert werden. So müsse am Ende über die Kündigung des hauptamtlichen Personals nachgedacht werden. „Mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent müssen wir Mitarbeiter entlassen“, erklärt Bluhm ernst. „Und je länger der Lockdown geht, desto wahrscheinlicher wird das.“ Als Indikatoren für diesen Schritt sind ein siebenmonatiger Lockdown oder mehr als 600 Austritten festgelegt worden. Lesen Sie dazu auch: Reiter in Schleswig-Holstein trotzen der Corona-Krise Corona-Challenges: So kreativ motivieren sich Sportler in SH im Lockdown Lübecker Turnerschaft hat ein Minus von 50 000 Euro: Bei der Lübecker Turnerschaft (LT) ist das ähnlich: Anfang 2020 hatte der Verein noch 2400 Mitglieder, ein Jahr und zwei Lockdowns später sind es 2150. „Und für das zweite Quartal haben sich schon jetzt 106 weitere Mitglieder abgemeldet“, sagt Jürgen Fick, Vorsitzender der LT. Das „nichtabsehbare Ende des Lockdowns“ ist seiner Meinung nach ein Hauptgrund, weshalb viele Sportler die LT verlassen würden. Rund 14 Prozent der Mitglieder werden dem Lübecker Großsportverein wegen der Corona-Pandemie verloren gegangen sein, auch hier ein Verlust von 50 000 bis 60 000 Euro. Sollten nach dem Lockdown nicht wieder massenhaft neue Mitglieder eintreten, sieht Fick schwarz. Vorstand und Geschäftsführung versuchen deshalb, attraktive Angebote und Vergünstigungen unter anderem für das Fitnessstudio zu erstellen, um möglichst viele Mitglieder zu generieren und zu halten. Mit der Streichung von Angeboten will Fick aber noch nicht rechnen. Es wird lange dauern, bis Mitglieder wieder in die Vereine zurückkehren: In der Logik sei das bei vielen Vereinen aber nicht auszuschließen, sagt Uwe Hönke, Geschäftsführer des VfL Pinneberg und Vorstandssprecher der Holsteiner Runde. Die Interessengemeinschaft der Großvereine in Schleswig-Holstein rechnet mit 15 Prozent Mitgliederschwund. Selbst wenn der Breitensport nach dem Stufenplan Mitte März wieder stattfinden darf, „ist es utopisch zu glauben, dass alle Mitglieder auf einen Schlag wieder da sind. Die Corona-Pandemie hat etwas in den Köpfen gemacht“, erklärt Hönke. So könnten Menschenansammlungen beim Sport noch lange als zu risikoreich erscheinen. „Ich kann mir nur ganz schwer eine Zumba-Party mit 150 Leuten vorstellen.“ Hönke geht deshalb davon aus, dass sich die 2600 Vereine in Schleswig-Holstein nachhaltig verändern werden. Dabei werde gerade im Vereinssport Integration, Inklusion und Solidarität gelebt. „Wenn das nicht wegbrechen soll, muss der Staat den Sport unterstützen“, fordert der Vorstandssprecher. Denn ohne Sport fehle der Kitt in der Gesellschaft. LSV fordert Nachbesserungen für den Vereinssport in SH: Am Freitag, 29. Januar, hat auch der Landessportverband (LSV) Schleswig-Holstein auf den Perspektivplan der Landesregierung reagiert. Zwar begrüße der LSV grundsätzlich einen Plan für den Wiedereinstieg in das gesellschaftliche Leben, sagt Hauptgeschäftsführer Manfred Konitzer-Haars. „Dennoch hält der LSV für die künftigen Regelungen zur Wiederaufnahme des vereinsbasierten Sports in Schleswig-Holstein deutliche Nachbesserungen für dringend erforderlich.“ So hätten sich Vereine und Sportler stets an die erlassenen Einschränkungen gehalten und verantwortungsbewusst umgesetzt. Von Saskia Hassink