Lübecker Judo-Klub in Not: „Mr. Budokan“ Vladimir Wandtke entlässt sich selbst

Im Juli 2018 hatte Lübecks Judo-Vorzeigeklub Budokan sein 25-jähriges Jubiläum gefeiert. Alles war gut. Seit 2000 hatte der Klub am Herrendamm ein neues Zuhause gefunden. Die Mitgliederzahl war auf 510 gewachsen. Neben Judo hatten sich Taekwondo, Kickboxen, Ju-Jutsu, Kinder-Turnen und Fitness etabliert. Und im Judo sprudelte weiterhin der Talente-Quell: Nach Igor Wandtke, Hanno Villwock & Co. kämpfte sich jetzt die Generation David Ickes (18) und Viktor Wandtke (17) in die nationale Spitze. Kein Training, keine Kurse, keine Einnahmen: Doch dann kam Corona. Und nichts ist mehr gut. Auch nicht für „Mr. Budokan“, Vladimir Wandtke, Vereinsgründer, Vereinschef, Honorartrainer in Personalunion. „Den ersten Lockdown konnten wir noch mit Outdoor-Training abfangen, doch jetzt geht seit November nichts mehr“, berichtet Wandtke. 1100 Quadratmeter Halle plus 200 im Fitnessbereich sind seit fünf Monaten im Corona-Schlaf. Heißt: Kein Training, keine Kurse, keine Einnahmen. Gut 100 Mitglieder hat Budokan schon verloren. Wandtke: „Ohne die Hilfe wären wir weg vom Fenster“: „Als Verein haben wir schon 30 000 Euro minus gemacht, denn die Kosten laufen ja weiter“, berichtet Wandtke. Aufgefangen wurde das Minus, weil die Sportzentrum Herrendamm GmbH & Co. KG zwei Mal 5000 Euro zugeschossen hat und der Lübecker Unternehmer Mustafa Kocer („Nilfisk“/Reinigungstechnik) mit einer fünfstelligen Summe eingesprungen ist. „Ohne die Hilfe wären wir weg vom Fenster“, sagt Wandtke, der als Mitinhaber der Herrendamm GmbH die Hälfte des Zuschusses aus der eigenen Tasche mitgetragen hat. Nicht genug: „Mr. Budokan“ muss sich als hauptamtlichen Trainer jetzt selbst entlassen. „Es geht nicht anders.“ Die Angst bleibt dennoch: Denn im Sportzentrum sind neben Budokan noch weitere Mieter (Physiotherapie, Tischtennis-Shop, Büroräume plus Gastronomie mit Hotelzimmer). „Gerade in der Gastronomie geht aktuell nichts. Bricht die weg, haben wir ein riesiges Problem“, erklärt Wandtke. Lebenswerk steht auf dem Spiel: Doch es sind nicht nur die fehlenden Einnahmen, die ihm Sorgen bereiten: „Wir sind einer der wenigen Vereine, die leistungsorientiert trainieren, Kinder und Jugendliche über Jahre hinweg aufgebaut haben. Brechen die jetzt weg, fangen wir bei Null an. Allein der Gedanke daran ist frustrierend.“ Seit zwei Wochen hat er den Fitnessraum wieder offen, „nur für drei Leute pro Stunde“. Wirtschaftlich ein Minusgeschäft, „aber wir wollen den Kontakt zu den Leuten halten, zeigen, dass wir noch da sind“. Nach Ostern möchte der 56-Jährige wieder Outdoortraining anbieten, „wenn es geht“. Die Hoffnung hat Wandtke nicht verloren. „Ich setze auf das Impfen, darauf, dass es ab Mitte Juni Lockerungen gibt.“ Wandtke weiß: Sein Lebenswerk, auch das seiner Familie, die die Judo- und Budokan-Passion lebt, steht auf dem Spiel. „Dank der Spenden kommen wir über den Sommer. Kommt im nächsten halben Jahr noch so ein Lockdown-Ding, dann wird es uns nicht mehr geben.“ Von Jens Kürbis