Dirk von Zitzewitz: „Ich habe schon an mir gezweifelt“

„Warte mal, ich muss mir erst ein ruhiges Plätzchen suchen.“ Im Biwak von Ha’il, der 260 000 Einwohner zählenden Oasenstadt am Rande der Wüste Nefud, hat die Rallye Dakar bei der zweiten Saudi-Arabien-Ausgabe nach sechs Etappen einen Ruhetag eingelegt. Zeit zum Durchatmen. Auch für Dirk von Zitzewitz und ein LN-Gespräch. „Ich habe mal etwas länger geschlafen, im Wohnmobil ausgiebig gefrühstückt, sogar mit Rührei“, berichtete der Karlshofer. „Ganz schön frustrierend“: Zeit für ein Zwischenfazit. Und das fällt mit Gesamtplatz 28 und mehr als fünf Stunden Rückstand auf die französischen Spitzenreiter Stephane Peterhansel/Edouard Boulanger für den Ostholsteiner und seinen saudi-arabischen Piloten Yazeed Al Rajhi ernüchternd aus. „Das ist ganz schön frustrierend“, gibt er zu. Damit meint der 52-Jährige, der seit seinem Sieg 2009 zum Kreis der Dakar-Legenden zählt, nicht nur die vielen Plattfüße und den Getriebeschaden, den das Toyota-Duo zurückfallen ließ. Er meint auch seine Probleme beim Navigieren. „Ich habe schon an mir gezweifelt, mich gefragt, ob ich verlernt habe, das Roadbook zu lesen. Es ist nicht falsch, aber es fehlen viele wichtige Hinweise, die es so unheimlich schwierig machen.“ Roadbook erstmals digital im Auto: Im Vorjahr nur als Testversion auf einigen Etappen digital ausgegeben, ist das Routenbuch jetzt als Pad im Auto fest verbaut. Vorbei die Zeiten der Zettelwirtschaft. Das Handicap: Das Buch gibt es, statt am Abend zuvor, jetzt erst kurz vorm Start. Neuland für von Zitzewitz, der nach einem schweren Rallye-Unfall gut anderthalb Jahre nicht im Cockpit gesessen hatte. Doch er atmete nach einem Abgleich mit seinen Kollegen auf: „Allen anderen ergeht es auch so. Ich habe es nicht verlernt, mir fehlt nur die Routine.“ Betriebsklima „erstaunlicherweise sehr entspannt“: Und was geht jetzt noch auf den verbliebenen sechs Etappen? „Platz fünf ist fast dreieinhalb Stunden weg. Das ist nicht mehr machbar. Unser Hauptziel ist jetzt, jeden Tag einen sauberen Job zu machen.“ Von Zitzewitz hat nach Platz zwei am Freitag („Da haben wir uns zurückgemeldet, sind erstmals ohne Plattfuß durchgekommen“) nun einen Etappensieg im Visier. Sicher nicht einfach, wenn man mit sechs Podiumsplatzierungen in zehn Jahren zuletzt verwöhnt war. Schlägt so etwas aufs Betriebsklima im Auto? „Nein, das ist erstaunlicherweise sehr entspannt.“ Und wie hat er mit seiner nach dem Unfall zum Teil versteiften Wirbelsäule die Dakar bisher gesundheitlich verkraftet? „Sehr gut. Ich merke es nur muskulär.“ Da hilft Danny, der Team-Physio, der seinen Körper jeden Abend wieder in Form bringt. Gedanken, ob es mit dem Rallye-Sport nach seiner 19. Dakar weitergeht, lässt „DvZ“ noch nicht zu. „Ich bin mitten im Rennen, weiß nicht, was noch kommt. Das ist erst im Februar Thema.“ Tagesaktuelle Informationen und Hintergründe gibt Dirk von Zitzewitz täglich um 20 Uhr auf dem Vlog „Inside Dakar“ auf dem Youtube-Kanal seines Sponsors Weber-Werke.Darüber hinaus führt er die Rallye-Fans im Toyota-Werksfahrerlager herum und bietet in der Öffentlichkeit selten gesehene Einblicke in das Biwak der legendären Rallye Dakar. Dakar bleibt anspruchsvoll und spannend: Am Sonntag geht es erst einmal darum, Teil eins der Marathon-Etappe zu bewältigen. Von Zitzewitz: „Das heißt: Am Abend gibt es keinen Service. Unser Speed sollte deshalb moderat sein.“ Die Rallye bleibt für ihn „extrem anspruchsvoll und sehr spannend – und das bis zum vorletzten Tag“. Es soll der härteste werden. Von Jens Kürbis

Rallye Dakar – Dirk von Zitzewitz: „Ich habe schon an mir gezweifelt“