Weltumsegler Herrmann bei Vendee Globe auf Siegkurs

Deutschland drückt die Daumen, Norddeutschland ganz besonders – eine Randsportart schlägt König Fußball. Boris Herrmann, der Einhand-Weltumsegler aus Hamburg ist dieser Tage der Star der Medien. Ob NRD, ZDF, Spiegel, Süddeutsche,Libération oder Kicker, sie alle reißen sich um den 39-jährigen Segelstar. Wenn er an diesem späten Mittwochnachmittag (27.1.), so die neueste Berechnung, beim Vendée Globe, der Einhandregatta um die ganze Welt, die Ziellinie vor dem westfranzösischen Les Sables d’Olonnes überquert, dann könnte er der erste Deutsche sein, der diese wohl schwierigste Regatta, die der Hochsee-Segelsport zu bieten hat, gewinnt. Der NDR überträgt das Finale mit Moderator Peter Carstens und Co-Kommentator Tim Kröger im Livestream (voraussichtlich ab 18 Uhr). Herrmann von Platz elf auf zwei gesegelt: Die Vendée Globe, die so heißt, weil sie vom westfranzösischen Departement Vendée einmal um den Globus mehr als 29 000 Seemeilen von und nach Les Sables d’Olonnes führt, ist so richtig erst zum Segelkrimi geworden, nachdem die Flotte Kap Hoorn umrundet hatte. 33 Segler aus acht Nationen (27 Männer, 6 Frauen) hatten sich am 8. November auf den waghalsigen Weg gemacht, 25 von ihnen werden das Ziel erreichen. Den Rekord des Franzosen Armel Le Cléac’h von 2016/17 (74 Tage, 3 Stunden, 35 Minuten, 46 Sekunden) werden sie nicht brechen, aber so spannend wie 2020/21 ging’s im Finale dieser Regatta, die nur alle vier Jahre stattfindet, noch nie zu. Und ganz vorn dabei ist immer noch Boris Herrmann, der sich vom elften Rang am Kap Hoorn bis auf Rang zwei vorgeschoben hat. Speedrace auf 450 Meilen Zielgerade: Die Entscheidung fällt an diesem Mittwoch, dem 80. Renntag – irgendwann wohl am späten Nachmittag. Herrmann lieferte seine Prognose in einer Zoom-Liveschalte von Bord seiner „Seaexplorer – Yacht Club de Monaco) vor über 7200 Zuschauern: „Ich glaube, der letzte Tag wird super spannend und die Ankunft selbst auch, weil wir alle derselben Route von Nordwesten aus folgen werden – es wird ein reines Speedrace auf einer 450 Meilen langen Zielgeraden. Der Wind wird so von 120 Grad kommen, das heißt für uns volles Foiling und hohe Geschwindigkeiten.“ Am Dienstagnachmittag (26.1.) hatte Herrmann knapp 500 nautische Meilen vor dm Ziel, einen deutlich höheren Speed drauf als der da 80 Seemeilen vor ihm auf Platz eins liegende Franzose Charlie Darlin (28,65 km/h : 21 km/h). Entscheidet am Ende die SOS-Zeitgutschrift? Aber Achtung! Die Verfolger Louis Burton (100 km hinter Herrmann, 28,97 km/h schnell) und vor allem die bisher auf weit nördlicherem Kurs segelnden Thomas Ruyant (320 km hinter Hermann, 35,02 km/h) und Yannick Bestaven, der vor Kap Hoorn das Feld schon mal mit tausend Kilometern Vorsprung angeführt hatte (knapp 500 km hinter Herrmann, 37,93 km/h) sind noch nicht geschlagen. Vor allem wegen einer Fair-Play-Aktion, von der aber auch Herrmann profitieren könnte. Denn drei Segler bekommen nach Zieleinlauf Zeitgutschriften, weil sie Anfang Dezember dem SOS-Ruf des Segel-Kameraden Kevin Escoffier folgten, den Schiffbrüchigen retteten. Herrmann werden sechs Stunden gut geschrieben, Bestaven sogar zehn und Jean Le Cam gar 16 Stunden. Le Cam liegt allerdings bereits mehr als 700 Kilometer hinter dem Deutschen.. Der rechnet vor allem mit Bestaven. „Die Zeitgutschrift von über 10 Stunden für Yannick Bestaven, das ist natürlich enorm“, sagt er. „Wenn wir mit 20 Knoten segeln, sind es 80 Seemeilen in vier Stunden. Also kann Yannick 80 Meilen hinter mir sein und mich trotzdem schlagen.“ Zum Schluss alle fünf Minuten neue Race-Tracker: Weil es so spannend ist, hat die Rennleitung inzwischen die Ziellinie von 0,3 auf 1,9 Seemeilen verlängert, begegnet damit der Möglichkeit eines gleichzeitigen Zieldurchgangs mehrerer Boote. Damit die Fans das packende Finale in der Endphase optimal verfolgen können, wird der Race-Tracker 200 Seemeilen vor dem Ziel dann alle 30 Minuten aktualisiert, 60 Meilen vor dem Ziel sogar alle 5 Minuten. Auch zusehen können die Fans, denn der NDR überträgt das Finale im Livestream mit dem Lübecker Moderator Peter Carstens und Co-Kommentator Tim Kröger. Von Jürgen Rönnau