VfB Lübeck: So funktioniert die Trainingsgruppe II

Bevor es in der 3. Liga in die Rückrunde ging, hat der VfB Lübeck eine radikale Maßnahme ergriffen um im Abstiegskampf noch effektiver und konzentrierter arbeiten zu können. Er hat den Kader verkleinert, hat Sören Lippert an den Bonner SC verliehen und das Trio Tim Weißmann, Dren Feka und Jamie Shalom quasi degradiert. Sie wurden vom Mannschaftstraining ausgeschlossen und in Trainingsgruppe II gesteckt. Das klingt nach Höchststrafe, erinnert an ähnliche Maßnahmen, mit denen einst die TSG Hoffenheim, Eintracht Frankfurt oder auch der HSV für Schlagzeilen sorgten. VfB-Kader und Gruppe II gehen sich aus dem Weg: Trainer Rolf Landerl und Sportdirektor Rocco Leeser hatten den drei Spielern die Entscheidung in einem gemeinsamen Gespräch mitgeteilt. „Natürlich waren sie bitter enttäuscht“, sagt Leeser. „Wir hatten ja auch Bauchweh mit der Entscheidung, aber sie war richtig. Es geht um den Verein und die Mannschaft und nicht um den Einzelnen.“ Und die Qualität im Training sei jetzt tatsächlich „einen Tick besser“. Getroffen hatte es drei Spieler, die bisher keine Einsatzzeit hatten und entsprechend frustriert waren. Diese Stimmung wollte Landerl in der Kabine unbedingt vermeiden. Und so wurde getrennt. Die Trainingsgruppe II hat pro Woche vier „Schichten“, die immer dann liegen, wenn der Ligakader nicht auf der Lohmühle anwesend ist. Lässt sich das nicht vermeiden, weicht Gruppe II auf das Burgfeld aus. Exklusiv-Interview: Trainer Rolf Landerl zieht ein Zwischenfazit Die neue Bibi Steinhaus: Nächste Fifa-Schiedsrichterin kommt vom VfB Lübeck Das sind die größten Pechvögel beim VfB Lübeck Matthias Stobbe: Darum ist der 31-Jährige mehr als nur ein Physiotherapeut Ein Jahr Rocco Leeser: „Neuzugänge nur, wenn uns Spieler verlassen“ Mehr Platz, mehr Licht: Der VfB Lübeck hat für 600 000 Euro aufgerüstet Trio arbeitet mit Coach Somodi und Spielern aus der U23: „Wir bemühen uns wirklich, den drei Jungs ein professionelles Training anzubieten“, sagt Leeser, der diese Aufgabe dem U23-Trainer Norbert Somodi übertragen hat. Der lobt die „Aussortierten“. „Ich bekomme von ihnen positive Rückmeldungen“, sagt sich A-Lizenzinhaber Somodi. „Sie nehmen die Situation professionell an, hängen sich voll rein. Sie schätzen es, dass sie ein ordentliches Training bekommen.“ Weil die Übungsvielfalt in einer Dreiergruppe aber begrenzt ist, wurde die Trainingsgruppe II um Talente aus den VfB-U23- und U19-Teams erweitert. Vjekoslav Taritas und Ryan Gyamenah, der im Sommer von Schalke 04 II zur Lohmühle gekommen ist, sind bei den Einheiten schon dabei, jetzt sollen auch Silas Meyer und Kaniwar Uzun dazukommen – zudem die beiden U19-Torhüter Sjard Strauß und Christopher Barkmann. Sie alle sind dem DFB als potenzielle Ligaspieler gemeldet und befinden sich in der regelmäßigen Corona-Testreihe. Somodi soll jetzt zudem durch Athletiktrainer Thorge Kuklis unterstützt werden. Weißmann und Feka – keine rosigen Aussichten: „Wir haben uns wirklich Gedanken gemacht, wie wir den Jungs ein Training anbieten können, das Qualität hat“, sagt Leeser. „Wir haben ja schließlich ein Interesse daran, dass sie fit bleiben. Denn wir haben auch betont, dass die Tür zum Profikader nicht geschlossen ist für sie.“ Die Perspektive beim VfB ist für das Trio allerdings nicht rosig. Die Verträge von Weißmann und Feka laufen im Sommer aus. Beide haben keine Chance, sich für andere Vereine anzubieten. Coronabedingt können sie nicht einmal in der VfB-U23 in der Oberliga Spielpraxis sammeln, da der Betrieb auf unbestimmte Zeit ruht. Shalom, erst 19 Jahre alt, ist vertraglich sogar noch bis 2022 an den VfB gebunden. Wie seine Zukunft aussieht, hängt wohl auch davon ab, ob die Kollegen, mit denen er jetzt nicht trainieren darf, die Klasse am Ende der Saison halten. Von Jürgen Rönnau