VfL: Zweiter Versuch in Bietigheim

Wenn die Zweitliga-Handballer des VfL Lübeck-Schwartau am Mittwochmittag ihre Auswärtstour nach Bietigheim starten, ist es für sie ein zweiter Versuch in doppelter Hinsicht. Nachdem die Partie am 18. November kurzfristig abgesagt worden war wegen eines Corona-Falls beim Gastgeber, hat sich das Team von VfL-Coach Piotr Przybecki nun zum zweiten Mal auf die Mannschaft von SG-Trainer Hannes Jón Jónsson vorbereitet – und startet ab 19.30 Uhr (live bei sportdeutschland.tv) seinen zweiten Versuch, sein Punktekonto auf 14 Zähler auf der Habenseite auszubauen. Zu überragendem Angriff nun bessere Abwehr stellen: Gut gespielt und doch verloren? Das will keiner beim VfL nach der Partie in Bietigheim noch einmal hören. So wie nach dem jüngsten 30:32 in Lübbecke, dem Ende der Erfolgsserie von zuvor sechs Siegen in Folge, mit dem der Start in die drei englischen Wochen bis zum Jahresende misslang. Immerhin hat die Leistung dabei den grundsätzlich positiven Trend beim Przybecki-Team bestätigt. „Wir haben im Angriff überragend gespielt, in der Abwehr aber standen wir ein bisschen zu weit auseinander, da müssen wir kompakter und cleverer sein diesmal“, sagt der VfL-Trainer, der auf das gleiche Personal wie in Lübbecke zurückgreifen kann, nachdem auch Jasper Bruhn und Janik Schrader Entwarnung gegeben haben. Jan Schult, Fynn Ranke, Thees Glabisch und Felix Kasch fehlen weiterhin. Auf VfL wartet offensive Bietigheim-Abwehr: Przybecki hat sich noch einmal neu auf Bietigheim vorbereitet. „Ihr Spiel gegen Wilhelmshaven war mehr die SG auf ihrem normalen Niveau, man konnte erkennen, wie wichtig Dominik Claus im rechten Rückraum für ihr Spiel ist. Und sie haben sehr offensiv gedeckt, darauf müssen wir vorbereitet sein“, weiß der VfL-Trainer. Mit dem Spiel in Bietigheim, zu dem das Team mit Lübeck Air per Flugzeug anreist, und der Partie am folgenden Sonntag in der heimischen Hansehalle gegen Aue stehen für Waschul, Löwström, Hansen & Co. nun Aufgaben gegen vergleichsweise ausgeruhte Teams an, die erst sechs bzw. sieben Spiele bestritten haben. Was andererseits auch ein Nachteil ist, weil die Spielpraxis fehlt. Bietigheim erst mit drei Spielen seit Corona-Zwangspause: „Wir kommen langsam in unseren Rhythmus“, hat Jochen Zürn als Sportlicher Leiter der SG BBM nach dem jüngsten 25:18 gegen Wilhelmshaven ausgemacht im dritten Spiel nach dem Neustart der SG. Zuvor hatten die Bietigheimer in der zweiten Novemberhälfte coronabedingt keinerlei Spielpraxis sammeln können. Nun sei das Team hoch motiviert, bestätigt auch Top-Torjäger Christian Schäfer, dass derzeit viel über die Emotionen gesteuert wird: „Wenn es gegen Lübeck-Schwartau klappen soll, müssen wir wieder so viel Leidenschaft zeigen wie gegen Wilhelmshaven“. Der VfL geht als Tabellenfünfter in die Partie, die Bietigheimer haben durch den Erfolg gegen den WHV immerhin die Rote Laterne des Tabellenletzten (an Fürstenfeldbruck) abgegeben. Von der Zielsetzung, im zweiten Jahr nach dem dramatisch knappen Abstieg die Rückkehr in die Bundesliga anzupeilen, sind die Schwaben aktuell aber weit entfernt. 2019 hatte den Bietigheimern ein Tor zum Klassenerhalt gefehlt, als sie am letzten Spieltag im „Abstiegsendspiel“ gegen Gummersbach nur 25:25 spielten – und beide Teams in die 2. Liga mussten. Auch ohne Mimi Kraus war Wiederaufstieg Bietigheims Ziel: Schon damals hatten Bietigheims Frauen, 2017 und 2019 Deutscher Meister und aktuell wieder Tabellenführer der Bundesliga, einen höheren Etat als die Männer. Die SG ist neben FA Göppingen der einzige Klub in Deutschland, der bei Männern und Frauen ein Team in der 1. oder 2. Liga hat. Dennoch sollte bei den Männern nach dem Abstieg mit einem starken Team um 2007-Weltmeister Mimi Kraus der sofortige Wiederaufstieg her. Doch die Saison 2019/20 endete – coronabedingt vorzeitig – nur auf Platz 3. Kraus war auch für diese Saison fest eingeplant, doch der 37-Jährige konnte als vierfacher Familienvater und Fitnessstudiobesitzer das Trainingspensum nicht mehr leisten, im September löste er seinen Vertrag auf. „Natürlich ist Michael Kraus ein großer Verlust. Wir haben ja mit ihm geplant“, ließ Trainer Jonsson damals wissen, betonte aber zugleich, er sei „sehr zufrieden mit der Mannschaft, die ich jetzt habe“. Fünf Abgängen stehen nur drei Zugänge gegenüber, auf der Kraus-Position im Rückraum Mitte haben sich Juan de la Pena (Wilhelmshaven) und Paco Barthe, der aus der spanischen Liga Asobal von Bidasoa Irún kam, etabliert, Nick Lehmann (TV Bittenfeld) ist die Nummer zwei im Tor hinter dem isländischen Ex-HSVer Aron Edvardsson. Von Christian Schlichting