Wakenitzman: Schwimmerin Lotta Steinmann will den Bodensee queren

Gleichmäßig teilt sie das Wasser im Lütauer See bei Mölln. Lotta Catharina Steinmann zieht ihre Bahnen durch das grüne Wasser. Nur die schwarze Badekappe mit den gelben Enten blitzt im Rhythmus ihrer kräftigen Armschläge immer wieder heraus. „Mir macht das einfach Spaß, wenn ich im Wasser bin“, sagt sie strahlend. Die 20-Jährige hat den WakenitzMan 2020 gewonnen. Mit einer Zeit von drei Stunden und elf Minuten hat sie die 14 Kilometer durch die Wakenitz absolviert. Damit war sie sogar schneller als alle männlichen Teilnehmer. „Tendenziell sind Männer schon schneller – bei den Sprintdistanzen ist da ein ganz großer Unterschied“, sagt sie. Bei den Langstrecken könne sich das aber auch schon mal angleichen. Unter zehn Kilometer lohnt es sich nicht, den Badeanzug anzuziehen: Lotta Steinmann schwimmt die Strecken von zehn Kilometer an am liebsten. „Darunter lohnt es sich nicht den Badeanzug anzuziehen“, sagt sie lachend. Events wie der WakenitzMan sind für die Schwimmerin immer etwas Besonderes. „Da steht der Wettkampfgedanke nicht so im Vordergrund, sondern das Ankommen.“ Denn den Druck, den es beispielsweise bei Beckenwettbewerben gebe, mag sie gar nicht. Beinah hätte sie deswegen sogar ganz mit dem Schwimmen aufgehört. Lotta Steinmann hat mit sieben Jahren mit dem Schwimmen angefangen und trainierte ein bis zwei Mal die Woche beim Möllner SV. Als Zehnjährige wechselte sie nach Lübeck, war fünf Mal die Woche in der Schwimmhalle, bevor sie mit 14 Jahren aus dem Elternhaus in Bälau bei Mölln auszog und auf das Sportinternat nach Magdeburg ging. „Es war damals einfach nicht mehr drin, Schule und Schwimmen unter einen Hut zu bekommen“, erzählt sie. Auf dem Internat stand täglich vor und nach dem Unterricht schwimmen und Krafttraining auf dem Programm. 300 Medaillen im Elternhaus zeugen von Steinmanns Karriere: Während der Oberstufe nahm sie für den Deutschen Schwimm-Verband (DSV) auch an den Junior Europa- und Weltmeisterschaften teil, schwamm Wettkämpfe in der Halle und später auch bei Freiwassermeisterschaften mit. Die Medaillen – mittlerweile mehr als 300 Stück – und die Urkunden hängen alle in ihrem Zimmer bei ihren Eltern. Doch der Druck war hoch. Im Team war sie die Jüngste, krank werden oder einen schlechten Tag haben, das ging nicht. 2017 dann das Aus: Lotta Steinmann entschied sich für eine Pause. „Das war einfach zu viel des Guten. Das Schwimmen hat einfach keinen Spaß mehr gemacht“, sagt sie rückblickend. „Ich bin immer langsamer geworden.“ Die damals 17-Jährige konzentrierte sich auf ihr Abitur, ließ Badekappe und Schwimmbrille im Schrank. Beltquerung persönliches Highlight der 20-Jährigen: Heute studiert die junge Frau in Kiel Maschinenbau – und schwimmt auch wieder. Bis zu 30 Stunden investiert die 20-Jährige, die derzeit bei Wiking Kiel trainiert, in den Sport. Denn ohne Wasser kann die Studentin einfach nicht. „Ich werde schlecht gelaunt, wenn ich lange nicht mehr im Wasser war“, erzählt sie schmunzelnd. Aber sie hat sich vor zwei Jahren den Druck genommen. Wettkampf-Schwimmerin ist sie heute nicht mehr. Dafür querte sie den Fehmarnbelt – und das in Rekordzeit. Gerade einmal vier Stunden und zwölf Minuten hat Lotta Steinmann 2019 für die 21 Kilometer zwischen Fehmarn und Dänemark benötigt. Bisher ist das ihr persönliches Highlight ihrer Schwimmer-Karriere. „Ich war damals gerade einmal wieder ein Jahr im Training“, sagt sie. „Es war aber nicht so, dass ein Traum in Erfüllung gegangen ist.“ Eher zufällig sei sie im Internet darüber gestolpert. „Aber ich wusste direkt: Das muss ich machen!“ Und dann lief es einfach extrem gut. Die „Ocean’s Seven“ ist eine siebenteilige Herausforderung für Extremschwimmer. Der erste Mensch, der alle Strecken durchschwommen hat, war 2012 der Ire Stephen Redmond. Ärmelkanal: Der Meeresraum trennt Großbritannien von Europa. In ihm treffen der Atlantische Ozean und die Nordsee aufeinander. Schwimmer, die von Frankreich nach Großbritannien schwimmen wollen, müssen rund 34 Kilometer zurücklegen. Cookstraße: Die Meerenge liegt im Pazifik zwischen den beiden Hauptinseln Neuseelands. Rund 26 Kilometer sind es, wenn man sie durchschwimmen will. Straße von Gibraltar: Mit 14 Kilometern ist das die kürzeste Strecke der „Ocean’s Seven“. Sie trennt Marokko von Spanien. Kaiwi-Kanal: 44 Kilometer durch den Pazifik führt diese Langstreckenherausforderung, die von der hawaiischen Insel Molokaʻi nach Oʻahu führt. Tsugaru-Straße: Die japanische Meerenge verbindet Honshu und Hokkaido miteinander. Wer von Insel zu Insel will, muss 20 Kilometer schwimmen. Nordkanal: Der Ausläufer der nordischen See trennt Irland von Schottland und ist rund 34 Kilometer lang. Santa Catalina Kanal: 34 Kilometer sind es von der Insel Santa Catalina im Pazifik bis nach Los Angeles. Nächstes Ziel: Den Bodensee durchschwimmen: Im Corona-Jahr sieht es aber auch bei der Extrem-Schwimmerin anders aus. Viele Wettkämpfe können nicht stattfinden, Hallenzeiten sind genau abgesteckt. Aber Lotta Steinmann hat sich nicht unterkriegen lassen. Oft war sie bei ihren Eltern zu Hause, schwamm in den heimischen Seen. „Die sind hier viel schöner als in Kiel. Man kommt schneller hin und es ist weniger los im Wasser.“ Doch für ihr nächstes großes Ziel reichen die Seen bei Mölln nicht mehr aus. „Ich will durch den Bodensee schwimmen“, erzählt sie. Dafür müsste sie aber wieder regelmäßig in die Schwimmhalle für die Ausdauer und um „ordentlich Kilometer zu machen“ – 80 bis 100 pro Woche. Denn neben der Drei-Länder-Querung (38 Kilometer) möchte die 20-Jährige auch die 64 Kilometer lange Längsquerung zum Saisonabschluss versuchen. Und wer weiß, ob Lotta Steinmann dann wieder die Schnellste ist. Von Saskia Hassink